Kautschuk
Erfolg.«
Er nahm eine Lupe vors Auge, las »Bo ... in ... Im W ...
Kurf ...«
»Hm, hm – ich will mich hängen lassen, wenn das nicht Herr Boffin vom Kurfürstendamm in Berlin ist!«
Immer wieder überflog Wittebold die fünf Worte, die er sich notiert hatte. Was sollten sie besagen? Irgend etwas Gleichgültiges, Unwichtiges kam ganz bestimmt nicht in Frage. Zu solcher Mitteilung hätte schließlich eine gewöhnliche Postkarte genügt. Der an sich unverfängliche Text mußte eine Mitteilung von schwerwiegender Bedeutung bergen. Es hieß jedenfalls, ein scharfes Auge auf den Büfettier zu haben.
Wittebold überlegte lange bei sich, ob er Fortuyn Mitteilung machen sollte. Er kam zu keinem Entschluß. Während er sich eine neue Pfeife anbrannte, gingen seine Gedanken zu dem Auftrag Kampendonks an Fortuyn, den zu finden, der den deutschen Agenten im schottischen Werk der United von hier aus verpfiffen hatte!
Es war Wittebold klar, daß die Person dieses Menschen und desjenigen, der die Materiallieferungen besorgte oder besorgen ließ, die gleiche sei. Fand er den einen, hatte er den anderen auch. Aber ihn finden, den einen! Was hatte er nicht schon alles versucht! Keiner von den Leuten, die irgendwie mit den Fortuynschen Arbeiten verbunden waren, kam in Frage.
Der Büfettier Meyer –? Wittebold schüttelte den Kopf. Gewiß, das war ein ganz gerissener Bursche. Aber zu solch raffinierter Agententätigkeit reichte seine Intelligenz nicht aus. Möglich allerdings, daß er die Kreatur irgendeines Höhergestellten war.
Höhergestellten –? Ja, da rannte er immer wieder gegen eine unübersteigliche Mauer. Der Verdacht war nicht von der Hand zu weisen, daß der Verräter unter den höheren Angestellten des Werkes zu suchen war. Aber wäre das, woran er bei nüchterner Überlegung nicht glauben konnte, wirklich wahr, dann war er ja ohnmächtig. Solchen Leuten nachzuspüren, hatte er weder Zeit noch Gelegenheit. Er konnte vorläufig nichts anderes tun, als Meyers Tätigkeit aufs schärfste zu beobachten. Vielleicht kam er dann zu seinem Ziel.
Als er am nächsten Morgen Fortuyn im Werk begegnete, kam ihm der Gedanke wieder in den Sinn, ihm die Sache mit Meyer zu erzählen. Aber im letzten Augenblick unterließ er es doch. Wahrscheinlich würde Fortuyn darauf dringen, daß alles Dr. Wolff mitgeteilt würde. Und das wollte Wittebold auf keinen Fall. Hatte er bis jetzt stets ohne fremde Hilfe gearbeitet, wollte er es auch in Zukunft tun.
Fortuyn kam von der Villa Terlinden, wo er seine Karte abgegeben hatte. Eigentlich hatte er die Absicht gehabt, am Bahnhof von Qemens und Johanna Abschied zu nehmen. Doch er hatte den Gedanken wieder fallen lassen, und das war in gewisser Beziehung gut so. Er wäre da nämlich mit dem Direktor Düsterloh zusammengetroffen, was ihm keineswegs angenehm gewesen wäre.
Düsterloh erschien, mit zwei gewaltigen Blumensträußen bewaffnet, auf dem Bahnsteig. Da der Zug ziemliche Verspätung hatte, fand er zum Leidwesen Johannas reichlich Zeit, in seiner gewohnten polternd-lauten Art auf sie einzuschwatzen.
Dem Kranken stellte er beste Genesung in Aussicht. Für Johannas Vetternreise zeigte er das größte Interesse. Er selbst habe auch einige Wochen Urlaub genommen ... sie hätten ja wohl auch von diesen unangenehmen Dingen gehört? Alles sei maßlos übertrieben – wenn nicht gar direkt unwahr. Bei näherer Untersuchung würde sich die Harmlosigkeit aller dieser Dinge herausstellen ... Wahrscheinlich würde er in der nächsten Zeit auch an den Rhein fahren. Vielleicht, daß er Johanna dann träfe.
Johanna suchte verzweifelt nach immer neuen Ausflüchten, unterbrach bisweilen brüsk das Gespräch oder tat, als ob der Zug in Sicht käme. Sie atmete auf, als sie endlich mit Clemens im Abteil saß.
Wie Johanna befürchtet, kam Clemens in sehr schlechter
Verfassung im Sanatorium an. Ehe sie am Abend weiterfuhr, hatte sie mit Dr. Vocke eine lange Aussprache unter vier Augen.
Der Arzt sagte ihr offen, daß von einer Genesung des Patienten keine Rede sein könne. Gewiß würde er ihn mit den Mitteln, die ihm zur Verfügung stünden, eine kurze Spanne länger am Leben erhalten können. Doch auch so sei leider mit einem baldigen Ende zu rechnen. Er sagte weiter: »An sich, gnädige Frau, würde es sich empfehlen, den Kranken wieder nach Hause zu schaffen. Doch Sie werden mir wohl beipflichten, wenn ich davon abrate. Ihr Gatte würde daraus entnehmen, daß keine Rettung mehr möglich ist. Die
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