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Kay Susan

Titel: Kay Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Phantom
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ihn aufstöhnen ließ.
»Sie ist nicht mit ihm verlobt!« zischte ich wütend. »Wer verbreitet solche schmutzigen Lügen über sie? Ist es das Ballett, die Presse, der verdammte Junge? Sagen Sie es mir!«
Nadir erwiderte einen Augenblick nichts. Er sah mich so kalt an, daß ich ihn losließ und verlegen zurücktrat.
Nach einer Weile sagte er sehr ruhig: »Lassen Sie sie gehen, Erik. Diese ganze Farce ist Ihrer nicht würdig.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, sagte ich kühl. »Wollen Sie wirklich andeuten, daß ich ein junges Mädchen in meinem Haus gefangenhalte?«
»Lassen Sie sie gehen«, wiederholte er geduldig.
»Verdammt!« schrie ich und spürte plötzlich wieder den warnenden Druck in meiner Brust. »Sie sollten mich besser kennen.«
»Erik, Sie können mich nicht täuschen, ich weiß, daß sie bei Ihnen ist.«
»Ja, gut . . . , sie ist bei mir«, gestand ich mit heftigem Groll. »Aber ich schwöre, sie ist aus freiem Willen da. Unvorstellbar, nicht wahr, kein Mensch würde das glauben, nicht wahr?«
Nadir machte eine enttäuschte, verzweifelte Geste und wandte sich ab.
»Lassen Sie sie einfach gehen, und wir sprechen nicht mehr darüber. Ich glaube keinen Moment, daß Sie dem Mädchen etwas antun würden. Aber wir sind hier nicht in Persien. Sie müssen wissen, daß dies nach den Maßstäben Ihres Landes nicht die Art ist, wie ein Mann eine Frau gewinnt. Und was immer sonst Sie zu Ihrer Zeit gewesen sein mögen, Erik, Sie wußten immer, wie man sich zu verhalten hat, nicht wahr?«
Ich starrte ihn an.
Und plötzlich, unvermittelt, begann ich zu weinen.
Wo ist er? Warum kommt er nicht zurück?
    Oh, Gott, ich habe solche Angst hier ohne ihn. Ich kann den Anblick dieses Raumes nicht ertragen, jetzt, da er leer ist, den klaffenden, mit Seide ausgeschlagenen Sarg auf seiner geschnitzten Plattform, die hohen schwarzen Trauerkerzen und die bedrohlichen Orgelpfeifen, die mich von der Wand aus gefährlich anzustarren scheinen.
    Ich verstehe nicht, wieso ich mich jetzt so fühle, wo ich doch nun zwei Wochen ruhig in diesem Raum ein und aus gegangen bin. Solange Erik hier war, habe ich mich nicht mit der schrecklich abnormen Einrichtung befaßt. Der Sarg ist ein Katzenkorb, weil er das sagt. Wenn er mir sagen würde, die Welt sei flach, würde ich ihm auch das glauben. Aber jetzt, wo er nicht da ist, ist es wieder ein Sarg. Ich bin ganz allein in einem Haus eingeschlossen, das als Grabmal angelegt ist, und warte ungeduldig darauf, daß ein Wahnsinniger zu mir zurückkehrt.
    Es ist eine Erleichterung, alles niederzuschreiben; es beruhigt mich irgendwie, hindert mich daran, in Panik zu verfallen, nachdem ich jetzt entdeckt habe, daß ich die Außentür nicht finden kann. Es ist sehr eigenartig. Zwei Wochen lang habe ich nicht einmal daran gedacht, nach der Tür zu suchen. Und nun kann ich an nichts anderes denken. Irgendwo muß es eine Tür geben!
    Ich bin jetzt ein wenig ruhiger, nachdem ich sein Zimmer verlassen habe und in mein eigenes zurückgekehrt bin. Die seltsame, blaßfarbene Katze sitzt auf meinem Bett und beobachtet mich mit einer Art ruhiger Verachtung, als frage sie sich, warum ich mich in seiner Abwesenheit nicht einfach zusammenrolle und schlafe.
    Vielleicht liegt es daran, daß Erik mit ihr spricht wie mit einer Frau, daß ich mir jetzt einbilde, ihre Gedanken zu lesen. Sie ist nicht mehr ganz so feindselig wie am Anfang; wenn wir miteinander allein sind, gestattet sie mir jetzt manchmal, sie zu streicheln, obwohl sie mich geflissentlich ignoriert, wenn Erik im Raum ist. Sie ist wirklich ungewöhnlich schön, ich habe nie zuvor eine Siamkatze gesehen. Es scheint irgendwie passend, daß Erik etwas so Einzigartiges und Liebreizendes besitzt. Ihr Halsband hat offenbar früher dem Schah von Persien gehört. Es ist mit riesigen Diamanten besetzt. Es muß ein Vermögen wert sein . . .
    Ich beneide sie um diese animalische Unwissenheit, die nicht verstehen kann, daß Erik jederzeit an einem zweiten Anfall sterben könnte.
Ich wünschte . . . ich wäre eine Katze!
     
»Christine.«
     
Gehorsam kam sie durch das Wohnzimmer und kniete schweigend neben meinem Sessel nieder, den Kopf gesenkt.
    »Ich muß dich heute nacht wieder nach oben bringen«, sagte ich langsam. »Es gibt jemanden, der weiß, daß du hier bist.«
»Raoul?« Ruckartig hob sie den Kopf, und ihre Stimme klang so lebendig und eifrig, daß mein Unglück vollkommen war.
»Nein.« Es fiel mir plötzlich sehr schwer weiterzusprechen. »Nein .

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