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Kay Susan

Titel: Kay Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Phantom
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Teppich war sehr teuer.«
»Warum?« flüsterte sie. »Warum tust du das? Warum bist du so grausam?«
»Jede Grausamkeit, die ich heute abend zeige, habe ich von dir gelernt, meine Liebe, auf dem Dach der Oper. Ja, ich habe alles gehört, alles. Der Junge hat eine sehr durchdringende Stimme, weißt du. Natürlich kannst du nichts dafür, daß du ihn liebst, das weiß ich. Keiner von uns kann wählen, wen er liebt. Ich bin vollkommen bereit, vernünftig zu sein und zu akzeptieren, daß alles seine Schuld ist. Ja, ich gebe ihm die Schuld, und ihn werde ich bestrafen, wenn er herkommt, um dich zu holen.«
Besorgt richtete sie sich in den schwarzen Kissen auf.
»Wie kann er herkommen?« stammelte sie. »Er kennt den Weg nicht.«
»Das spielt keine Rolle. Ich habe dafür gesorgt, daß er einen Führer hat, verstehst du? Ich kann mich gefahrlos darauf verlassen, daß Nadir ihn herbringt. Ist das nicht schön, wenn man Leute hat, auf die man sich wirklich verlassen kann? Nadir war früher einmal ein guter Freund von mir. Was soll ich dir über Nadir erzählen? Soll ich dir erzählen, wie er weinte, als sein Sohn in meinen Armen starb? Soll ich dir erzählen, wie er mich pflegte, als ich an einem persischen Gift beinahe gestorben wäre, und wie er sein Leben riskierte, um mich vor der Bosheit des Schahs zu retten? Nein, ich glaube, davon werde ich dir nichts erzählen. Warum sollte ich, du verdienst es nicht, die Sache mit Nadir zu verstehen. Alles, was du wissen mußt, ist, daß er heute nacht zusammen mit deinem Liebhaber sterben wird, deinetwegen, wegen deines Verrats. Deinetwegen werde ich meinen einzigen Freund verlieren. Es sei denn . . . Natürlich, wie konnte ich das vergessen? Es gibt einen Weg, wie es gehen könnte . . . «
»Erik, bitte, sei nicht so zornig . . . «
»Zornig? Warum sollte ich zornig sein? Es ist dein gutes Recht davonzulaufen, mit wem immer du willst, nicht wahr?«
»Ich wollte dich nicht verletzen, niemals!«
Ich sprang von der Couch auf und entfernte mich von ihr. Das war zuviel. Ich hatte wirklich Angst, ich würde ihr ernsthaft etwas antun, wenn sie mich weiterhin als armen, einfältigen Narren behandelte.
»Wirklich?« schnaubte ich. »Du wolltest mich morgen nacht ganz allein hier warten lassen, auf und ab gehend, auf und ab, und auf die Uhr starrend? Du wolltest mich die vielen hundert Stufen zu deiner Garderobe ersteigen lassen, damit ich dort feststellen sollte, daß du fort wärest. Kein Wort des Bedauerns, kein Brief, nichts . . . Und du wolltest mich nicht verletzen? Du mußt verzeihen, meine Liebe, wenn ich dir sagen muß, daß ich das nur schwer glauben kann.«
»Ich wollte nicht . . . «
Ich verlor immer mehr die Beherrschung, als ich herumfuhr und sie anschrie.
»Ich habe dir vertraut! Ich habe darauf vertraut, daß du mich behandelst wie ein zivilisierter Mensch und mit deiner Antwort zurückkommst. Die ganzen Monate habe ich dich verehrt, als wärest du eine geheiligte vestalische Jungfrau. Ich habe dich nicht einmal berührt! Und du wolltest nicht zurückkommen. Du wolltest nicht einmal zurückkommen, um dich zu verabschieden.«
Ich verstummte, und Christine schien weder fähig noch willens, das Schweigen zu beenden. Ihre Augen waren halb geschlossen, als verlöre sie langsam das Bewußtsein, und ich überlegte kühl, ob sie vielleicht eine Gehirnerschütterung hätte. Es konnte ihr nicht gut bekommen sein, daß sie mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen war. Vielleicht sollte ich sie nicht einschlafen lassen.
Gerade, als ich mich über sie beugte, um sie zu schütteln, ertönte in der Stille eine laute elektrische Glocke, und sie riß erschrocken die Augen auf.
»Keine Angst, meine Liebe, das sind nur unsere Gäste, die an der Tür klingeln. Sie kommen spät, ich hatte sie früher erwartet. Aber besser spät als nie, nicht wahr? Oh, nein, bitte, bleib liegen. Wenn ich die Vorhänge aufziehe, kannst du von der Couch aus alles sehr gut sehen.«
Die Berührung des Hauptschalters mit dem Finger reichte aus, damit sich die Wandvertäfelung zur Seite schob, und als ich die langen schwarzen Samtvorhänge öffnete, war die Folterkammer, die dahinter zum Vorschein kam, sofort von blendend hellem Licht überflutet.
»Ein Wort der Erklärung, Kind, um dir Verwirrung zu ersparen. Diese Scheibe ist nur von einer Seite ein Spiegel. Wir können sie sehen, aber sie können uns nicht sehen. Allerdings können Sie uns hören, wie du bemerken wirst. Guten Abend, Monsieur de Chagny . . . ,

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