Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Alibi: Roman (German Edition)

Kein Alibi: Roman (German Edition)

Titel: Kein Alibi: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
Vom Netzwerk:
schon immer geradeheraus und hast dich nicht geändert. Ich habe dich vermisst. Vermisst du den Polizeidienst?«
    »Manchmal. Nicht die Leute, die Arbeit. Die vermisse ich.«
    »Arbeitest du immer noch als Privatdetektivin?«
    »Ja, ich bin selbstständig.« Sie zögerte. »Deshalb habe ich dich auch angerufen und um ein Treffen gebeten.«
    Er stöhnte. »Ich wusste es. Ich habe mir gesagt: ›Harvey, wenn du diese Einladung annimmst, wirst du’s noch bedauern.‹«
    »Aber dann hat doch deine Neugier gesiegt, stimmt’s?«, neckte sie ihn. »Das und die Erinnerung an meinen unglaublichen Grips.«
    »Loretta, bitte, verlange keinen Gefallen von mir.«
    »Harvey, bitte, sei doch nicht so verdammt scheinheilig.«
    Offiziell war er beim Bezirk angestellt, aber sein Zugang zu sämtlichen Rechnern der Verwaltung ermöglichte ihm Einblick in städtische und Staatsdokumente. Er hatte an jedem Finger so viele Informationen, dass Leute auf ihn zukamen, die bereit waren, eine ordentliche Summe zu bezahlen, nur um die Gehälter ihrer Kollegen oder Ähnliches zu erfahren. Aber Harvey weigerte sich, bei irgendeiner unmoralischen oder illegalen Sache mitzumachen. Jeder, der zu ihm kam und ihm einen Gefallen entlocken wollte, erlebte einen Harvey, der sich irritierend hartnäckig weigerte.
    Genau deshalb schockierte ihn Lorettas unverblümte Feststellung. Er blinzelte heftig hinter seinen dicken Brillengläsern.
    »Du bist nicht der brave kleine Junge, den du allen vorspielst.«
    »Also wirklich, wie flegelhaft, mich an meine einzige kleine Indiskretion zu erinnern.«
    »Die Einzige, die ich kenne«, sagte sie intuitiv. »Ich glaube noch immer, dass du dem Arschloch, das dich auf der Weihnachtsfete schikaniert hat, buchstäblich den Stecker herausgezogen hast. Na los, Harvey, beichte. Hast du dich nicht dadurch revanchiert, indem du seine sämtlichen Programme verschlüsselt hast?«
    Er zog einen Flunsch.
    »Na, egal.« Sie kicherte in sich hinein. »Ich mache dir keinen Vorwurf, weil du’s mir nicht gestehst. Allerdings wäre dein Geheimnis bei mir sicher. Ehrlich gesagt, mag ich dich sogar noch lieber, weil du eine Schwäche zeigst. Mit menschlichen Schwächen kann ich mich identifizieren.« Sie wackelte mit einem Finger in seine Richtung. »Du genießt den Nervenkitzel, den dir ein gelegentlicher Regelbruch bereitet. Da geht dir doch erst richtig einer ab.«
    »Was für ein fürchterlicher Ausdruck! Obendrein ist das nicht wahr.« Entgegen seines öffentlichen Abstinenzbekenntnisses kippte er seinen Drink und hatte keine Einwände, als sie eine neue Runde bestellte.
    Einmal hatte sie nachts als Polizistin beim Überprüfen von Bezirkspapieren Überstunden gemacht und dabei Harvey Knuckle im Büro seines Vorgesetzten erwischt, wo er dessen persönliche Gehaltsakte ausspionierte und dabei einen Schluck aus dessen versteckter Brandyflasche nahm.
    Am liebsten wäre der kleine Mann im Boden versunken, weil man ihn auf frischer Tat bei etwas ertappt hatte, was er nie und nimmer für jemand anderen hatte tun wollen. Loretta, die vor Lachen innerlich fast geplatzt wäre, hatte ihm versichert, sie hätte keine Lust, ihn zu verpfeifen, und hatte ihm für seine Schatzsuche viel Glück gewünscht.
    Als sie das nächste Mal wegen eines Gefallens an ihn herantrat, hatte ihn Harvey ohne Zögern erfüllt. Seit dieser Nacht ging sie
stets zu Harvey, wenn sie Informationen brauchte. Noch nie hatte er sie enttäuscht. Diese wertvolle Quelle versiegte nie.
    »Harvey, ich weiß, dass ich mich auf dich verlassen kann.«
    »Ich mache keine Versprechungen«, meinte er weinerlich. »Du bist nicht mehr bei der Polizei, das ändert die Lage gänzlich.«
    »Das hier ist unheimlich wichtig.« Sie rutschte auf ihrer Bank nach vorne und flüsterte vertraulich: »Ich arbeite am Mordfall Pettijohn.«
    Er starrte sie mit offenem Mund an, bedankte sich geistesabwesend beim Barkeeper, der seinen Drink an den Tisch brachte, und nahm rasch einen Schluck. »Verkohlst du mich?«
    »Das Ganze ist sehr psst-psst. Du darfst keiner Menschenseele auch nur ein Sterbenswörtchen davon verraten.«
    »Du weißt, dass ich schweige wie ein Grab«, flüsterte er zurück. »Für wen arbeitest du?«
    »Dazu darf ich mich nicht äußern.«
    »Sie haben noch keinen verhaftet, oder? Stehen sie dicht davor?«
    »Tut mir Leid, Harvey, ich kann darüber nicht sprechen. Würde das Vertrauen meines Klienten verletzen.«
    »Ich habe Verständnis für Vertraulichkeit, wirklich.«
    Er war

Weitere Kostenlose Bücher