Kein Alibi: Roman (German Edition)
Warum sollte sie auf Lute eifersüchtig sein? Außerdem verfügt sie über eigenes Geld. Vermutlich über mehr als Lute.«
»Schön, trotzdem bin ich noch nicht bereit, sie von der Liste zu streichen.«
Hammond überließ die beiden ihren Spekulationen und begab sich zum Bett hinüber. Ein Skizzenbuch mit einer scheinbar endlosen Vielfalt von Augenformen lag offen auf Daniels’ Schoß. Hammond warf rasch einen Blick auf Endicotts Versuch, aber sie arbeitete noch an der korrekten Wiedergabe der Gesichtsform.
»Vielleicht hier ein bisschen schmaler«, meinte Mr. Daniels, wobei er sich über die Wange fuhr. Die Zeichnerin nahm die entsprechenden Korrekturen vor. »Ja, schon eher.«
Als sie zu Augenbrauen und Augen übergingen, gesellte sich Hammond wieder zu Steffi und Smilow. »Wie steht’s mit ehemaligen Geschäftspartnern?«
»Natürlich wird man sie befragen«, antwortete Smilow mit unterkühlter Höflichkeit, »das heißt, alle, die keinen Gefängnisaufenthalt als Alibi haben.«
Bis auf die Fälle, die der Bundesgerichtsbarkeit unterstanden, hatte Hammond mitgeholfen, einige dieser sauberen Herren mit den weißen Kragen hinter Schloss und Riegel zu bringen. Lute Pettijohn hatte die Regeln oft genug nach seinem Gutdünken hingebogen und war dabei häufig nur um Haaresbreite an kriminellen Tatbeständen vorbeigeschrammt. Aber trotz seines Flirts mit dem Gesetzesbruch hatte er die Grenze nie überschritten.
»Eines der jüngsten Unternehmen Pettijohns dreht sich um eine Insel«, erklärte ihnen Smilow.
»Und das ist die einzige Neuigkeit?«, spöttelte Steffi.
»Dieses Unternehmen ist anders. Speckle Island liegt ungefähr zwei Kilometer vor der Küste und gehört zu den wenigen, die bisher von der Erschließung verschont geblieben sind.«
»Das genügt, um Pettijohns Begehrlichkeit zu wecken«, bemerkte Steffi.
Smilow nickte. »Er hatte schon alles angeleiert, ohne dass sein Name auf irgendeinem Dokument der Bauträger erscheint. Wenigstens nicht auf den Unterlagen, die wir bisher ausfindig machen konnten. Aber eines kann ich euch versprechen, wir prüfen das.« Dann fügte er nach einem Blick auf Hammond hinzu: »Gründlich.«
Hammonds Herz sackte wie eine Bleikugel in seiner Brust nach unten. Was ihm Smilow soeben über Pettijohns Bauvorhaben auf Speckle Island erzählte, war für ihn ganz und gar nichts Neues. Er wusste noch viel mehr, mehr, als er eigentlich wissen wollte.
Vor ungefähr sechs Monaten hatte ihn der Generalstaatsanwalt von South Carolina um eine verdeckte Ermittlung in Sachen Pettijohns Inselerschließung gebeten. Seine Entdeckungen waren alarmierend gewesen, am meisten aber die Tatsache, dass der Name seines eigenen Vaters auf der Investorenliste aufgetaucht war. Aber dieses Wissen würde er so lange unter Verschluss halten, bis er herausgefunden hatte, welche Verbindung es zwischen Speckle Island und dem Mord an Pettijohn gab, falls überhaupt eine bestand. Was hatte ihm Smilow vorhin rüde erklärt? Auch er würde dem Kommissar diese Details erst dann geben, wenn die Zeit dafür reif war.
Steffi sagte: »Eventuell hat einer der ehemaligen Partner eine derartige Wut auf ihn gehabt, dass er sich zu einem Mord hinreißen ließ.«
»Durchaus möglich«, meinte Smilow, »aber das Problem ist, dass Lute innerhalb eines Zirkels aus einflussreichen Leuten operiert hat, darunter Regierungsbeamte aller Ebenen. Seine Freunde waren Männer, die auf die eine oder andere Form Macht ausüben. Das kompliziert meine Manövrierfähigkeit, wird mich aber nicht davon abhalten, nachzubohren.«
Eines wusste Hammond genau: Da draußen ruhte der Name Preston
Cross wie ein vergrabener Schatz, der nur darauf wartete, bei Smilows Tiefenbohrung entdeckt zu werden. Es war nur noch eine Zeitfrage, bis die Verbindung seines Vaters zu Pettijohn aufflog.
Insgeheim verwünschte Hammond seinen Vater, weil er ihn in diese kompromittierende Position gebracht hatte. Schon bald könnte er gezwungen sein, zwischen Pflicht und Loyalität zur Familie zu wählen. Prestons schmutzige Geschäfte konnten Hammond mindestens den Mordfall Pettijohn kosten.
Er schielte zum Krankenbett hinüber, wo die Zeichnerin anscheinend Fortschritte machte.
»Ihre Haare. Waren sie lang oder kurz?«
»Gingen ungefähr bis hier«, sagte Daniels, wobei er auf seine Schulter deutete.
»Pony?«
»Sie meinen, auf der Stirn? Nein.«
»Glatt oder gelockt?«
»Schätze, eher lockig. Wuschelig.« Wieder nahm er zum Verdeutlichen seine Hände
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