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Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Titel: Kein Augenblick zu früh (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Alderson
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Kaffeeautomaten auch den bewaffneten Wärter vor Jacks Tür angelockt. Es war zu spät, um wieder umzudrehen. Also beschleunigte ich meine Schritte und hoffte, dass er mich nicht erkannte.
    »Lila?«
    Ich erstarrte. Der Wärter war stehen geblieben – es war Jonas. Er starrte mich mit offenem Mund an.
    »Hi!«, krächzte ich, ein bisschen zu schrill.
    »Warum bist du denn wie eine Krankenschwester angezogen?«, fragte er. Ich sah, dass er seine Waffe in Bereitschaftsstellung hielt.
    »Äh …« Hatte er sonst keine Fragen? Und warum richtete er die Mündung nicht auf meine Stirn? Ich wartete. Aber er machte keine Anstalten, sich mir in den Weg zu stellen. Er starrte erst auf mein Schwesternhäubchen, dann auf das Kleid. Ich konnte förmlich hören, wie es in seinem Hirn arbeitete.
    »Na, äh, also …«, fing ich noch einmal an. Er runzelte die Stirn und sein Blick wurde misstrauisch. »Ich dachte … vielleicht … äh … dass es dir gefallen würde?«, stotterte ich. Ich konnte kaum glauben, was ich da aus meinem Mund hörte.
    Jonas offenbar auch nicht. Seine Augen wurden groß wie Suppenteller. »Extra für mich?«, fragte er.
    »Ja, klar, ich hab doch gesehen, wie du die Schwestern beäugt hast. Dachte, eine Visite von Schwester Lila würde dir vielleicht Spaß machen.«
    Schwester Lila? Oh mein Gott. Am liebsten hätte ich ihm das Gewehr entrissen und mir die Kugel selbst in den Kopf gejagt.
    Aber Jonas’ Augen strahlten plötzlich wie Lichter am Weihnachtsbaum. Er warf einen schnellen Blick in beide Richtungen. Dann beäugte er den Reißverschluss meines Schwesternkleids.
    »Im Ernst?«, fragte er.
    Natürlich nicht, du Landei!, dachte ich entsetzt. Wie blöd konnte er sein? Aber dann dämmerte mir, dass er nichts ahnte. Jonas wusste nicht, wer ich war. Hatte vielleicht mit seinem Alter, seinem Rang oder einfach nur mit Glück zu tun.
    »Und woher hast du gewusst, dass ich heute Morgen Wachdienst habe?«, fragte er plötzlich.
    »Ähm … vielleicht, weil ich die Jungs vor dem Haus gefragt habe?«
    Jonas dachte kurz über meine geniale Antwort nach, dann hängte er sich die Waffe über die Schulter, packte mich am Arm und führte mich den Flur entlang, vorbei an Jacks Tür. Wo brachte er mich hin? Wurde ich verhaftet?
    Doch er zog mich ins Besucherzimmer.
    »Was hast du denn hier vor …?« Meine Stimme versagte, als er die Tür schloss, die Waffe aufs Sofa warf und mit erwartungsvoller Miene auf mich zukam.
    »Mann, das ist so ungefähr das Schärfste, was mir jemals passiert ist«, sagte er und schob mir den Arm um die Hüfte.
    Ich war zu schockiert, um mich zu wehren – mein Gehirn hatte noch nicht einmal die Tatsache verarbeitet, dass er mir die Ausrede mit der Schwesternkleidung wirklich abgekauft hatte. Und dass er keine Verstärkung angefordert hatte. Vielleicht hatte er tatsächlich noch nicht von meiner Flucht erfahren, sie war ja erst eine halbe Stunde her. Ich hatte verdammtes Glück gehabt, denn sonst würde ich mich jetzt auf dem Boden winden. Allerdings dämmerte mir, dass Jonas genau das von mir erwartete.
    »Und für wen ist das?«, fragte er und nahm mir den Arztkittel aus der Hand. Ich erschrak schon wieder. Sicherlich würde er jetzt den ganzen Schwindel durchschauen? Das war wie ein Krimi – Krankenschwester, Krankenzimmer, Gefangener, Arztkittel. Er musste die Fakten nur noch kombinieren.
    »Arzt und Schwester … wow «, sagte er und so, wie er mich von oben bis unten betrachtete, war klar, dass er mich in seiner Fantasie bereits auszog. Ich wand mich vor Verlegenheit. »Das ist … echt … total cool …«
    »Äh, hör mal«, sagte ich und wich zurück, als er mir eine schweißnasse Haarsträhne aus der Stirn schieben wollte, »kriegst du keine Probleme? Du sollst doch Wache schieben?« Ich deutete vielsagend auf die Tür.
    »Ist ja noch früh am Morgen. Fällt niemandem auf.« Wieder beäugte er meine Schwesterntracht.
    Hinter ihm entdeckte ich einen Papierkorb in einer Ecke. Ich ließ ihn aufsteigen und geräuschlos auf Jonas zuschweben, bis er einen Meter über seinem Kopf in der Luft hing. Ich bezweifelte allerdings, dass das Ding schwer genug war, um Jonas ins Land der Träume zu befördern. Aber für eine richtige Gehirnerschütterung hatte der Junge sowieso nicht genug Hirn.
    Bevor ich meine Theorie testen konnte, legte mir Jonas den Arm um die Hüfte und riss mich stürmisch an sich. Er war stark, viel stärker, als ich gedacht hatte. Außerdem schockte mich,

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