Kein Blick zurueck
Mehrjährigen abluden. Die Chrysanthemen, die Gelenkblumen und die Mädchenaugen waren alle tot. Von den sechzig Phloxpflanzen, die sie bestellt hatte, hatten nur vierzehn die Reise überlebt. Fräulein von Lassburg und General von Heutsze waren unter den Leichen. Sämtliche zwanzig Rosensträucher waren vertrocknet und nutzlos.
»Mit denen kann ich Ihnen nicht helfen«, sagte er, »aber wenn wir uns beeilen, können wir noch die Beerensträucher und die Apfelbäume retten. Wie viele Männer haben Sie zur Verfügung?«
Da waren Josiah, Billy Weston und sein Sohn, die Barton-Jungen, und später würde auch Frank da sein, der nach Madisongefahren war, um Baumaterialien zu besorgen. Mamah ging ins Haus und holte die Skizze des Gesamtgrundstücks, auf der winzige Kreuzchen anzeigten, dass die Bäume hügelabwärts ein diagonales Gitter bilden sollten. Sie erwähnte nicht, wodurch dieses Gittermuster inspiriert war, nämlich von den Bäumen im Arnotal unterhalb Fiesoles, wo Zypressen zu Quadraten gruppiert waren. Sie war klug genug, weder die wogenden Getreidefelder Umbriens noch die kunstvoll angelegten Terrassen der Japaner zu erwähnen.
Samuel ging mit Mamah zusammen den Hügel hinunter. Mitten auf dem Hang blieb er stehen, die Hände in den Hosentaschen vergraben. »Sie betreiben hier Landwirtschaft im großen Stil, nicht wahr?«, sagte er.
Als der Lastwagen restlos abgeladen war, standen Mamah und die Männer mitten in einem Wald aus Schößlingen. Sie war erleichtert, als Frank auftauchte. Er schien froh zu sein, einen Nachbarn zu haben, der Anweisungen erteilte, wie die Bäume gepflanzt werden sollten. Hätte Frank gewusst, dass er sie hätte beschneiden müssen, ehe sie in den Boden kamen, wozu Samuel Barton sie alle anleitete? In seinen fiebrigen Fantasien von der Selbstversorgung Taliesins hatte Frank sich mehr zugemutet, als er bewältigen konnte. Diese herkulische Aufgabe, die jetzt vor ihnen lag, hatte er nicht in seine Betrachtungen einbezogen, doch das würde er niemals zugeben. Er zog sich um und stellte sich zu den Männern auf das Feld.
Drei Tage lang pflanzten sie. Mamah bat Lil um Hilfe, die für die Männer zwei Braten bereithielt, wenn sie vom Feld zurückkamen, während Mamah sich daranmachte, die Pflanzen zu setzen, die überlebt hatten. Als am Morgen des zweiten Tages Dorothea Barton mit ihrer Familie ankam, begannen sie und ihre Söhne, Kisten voller Pflanzen abzuladen, die sie aus ihrem Garten ausgegraben hatte. »Sam sagte,Sie hätten ein paar von Ihren verloren, hier sind nun einige, die Sie setzen können. Die Gänseblümchen stammen aus dem Wilkins-Garten. Das ist die Farm hinter unserer. Oh, sie hat vielleicht einen Garten. Ich nehme Sie mal mit, wenn er in Blüte steht.« Die Frauen arbeiteten Seite an Seite und unterhielten sich beim Pflanzen über Gärten und Kinder. »Ihre Söhne sind so nette junge Männer, Dorothea«, sagte Mamah.
Die Frau blickte von ihrer Arbeit auf und strahlte. »Danke«, sagte sie.
Am Ende des letzten Pflanztages besichtigten Dorothea und ihre kleine Familie das Haus. An der Tür zogen sie die Schuhe aus und gingen durch das Haus wie durch eine Kathedrale. Dorothea wirkte verwundert, als sie Franks Stillleben aus Moos und Steinen sah, und die Ming-Vase, die er mit Weidenzweigen gefüllt hatte, nannte sie »niedlich«.
Samuel verhielt sich wortkarg, bis er an das Schlafzimmerfenster trat. »Sie ist eine richtige Schönheit, ja«, sagte er und hielt den Blick unentwegt auf die Aussicht gerichtet. Mamah dachte, er spräche von den Feldern, die sie gerade bepflanzt hatten. Die kleinen Bäumchen, wie Kreuzstiche auf einem rustikalen Quilt angeordnet, sahen schon jetzt bezaubernd und vielversprechend aus. Wie außergewöhnlich es erst in sechs oder sieben Jahren sein würde, auf sie hinunterzublicken und ein Blütenmeer vor Augen zu haben.
Als sie seine feuchten Augen sah, wusste sie jedoch, dass er von seiner eigenen Farm sprach. »So schön habe ich sie noch nie gesehen«, sagte er.
Kapitel 42
Taylor Woolley zog eine Zeichnung aus einer Pappröhre und breitete sie auf dem Zeichentisch aus. Er strich die Ränder glatt, dann stellte er auf die eine Ecke eine Bleistiftschachtel und beschwerte die anderen mit allerlei Fundstücken aus dem Studio – mit einer Reißschiene, einer Vase. Emil Brodelle, ein junger Zeichner, der am Tisch nebenan arbeitete, kam zu ihnen herüber, um einen Blick darauf zu werfen.
»›Villa für einen Künstler‹«, las er das
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