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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Horan
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werde die Verderbtheit in meinem Innern los, Mame. Aber ohne dich schaffe ich es nicht. Ich brauche dich dort jeden Tag, damit du mir die Wahrheit sagst.« Sie hielt in dem Wind ihren Hut fest. Es fühlte sich tröstlich an, neben ihm herzugehen. Sie versuchte, sich vorzustellen, wie ihre Leben aussähen, wenn sie zurückkehrte. Früher einmal hatte sie ihn heiraten wollen. Nicht dass eine Heiratsurkunde etwas zu bedeuten gehabt hätte, doch dabeischien es sich um die eine Sache zu handeln, die ihren Status hätte verändern können und die es ihnen ermöglicht hätte, ein normales Leben zu führen. Sie schien die einzige Lösung für ihre Probleme zu sein. »Wenn Catherine nur losließe«, war so lange ihr gemeinsames Mantra gewesen. Inzwischen verstand Mamah Catherines Dilemma besser. Sie würde sich nicht von Frank scheiden lassen, aus Angst, dass er weder für die Kinder noch für sie selbst Unterhalt zahlen würde. Natürlich war darin auch ein Element der Rache enthalten: Indem sie ihm nach zwanzigjährigem Entgegenkommen die Scheidung verweigerte, erzwang Catherine von Frank eine Entschädigung für seine emotionale Schuld. Doch das war nur der eine Teil. Catherine hielt an der Ehe fest, weil sie ihn immer noch liebte und sich daran erinnerte, wie es war, von ihm geliebt zu werden. Nichts in der Welt war mit der tiefen Freude vergleichbar, die Frank seinen Liebsten zu geben hatte.
    Ihn niemals gekannt oder seine Liebe zu ihr niemals kennengelernt zu haben – welch ein Verlust wäre dies gewesen. Falls Mamah jetzt die Möglichkeit gehabt hätte, ihn zu heiraten, zweifelte sie, ob sie es getan hätte. Falls sie zu ihm zurückkehrte, würde sie entweder seine von ihren Finanzen trennen oder alle gemeinsam übernehmen müssen. Beides bedeutete eine schwere Prüfung.
    Der Schneid ihres Vaters; der Glaube ihrer Mutter. Das waren die Eigenschaften, die erforderlich waren, um die schwierigen Abschnitte, die vor ihnen lagen, zu überwinden. Sie hoffte, dass sie von beidem genug geerbt hatte.
    »Wichtig sind jetzt die Kinder«, sagte sie. »Es geht darum, vieles an ihnen gutzumachen, wenn sie es zulassen. Ich kann nicht meine ganze Zeit damit verbringen, mir darüber Sorgen zu machen, ob du deine Rechnungen bezahlt hast.« »Ich verstehe«, sagte er.
    Draußen auf dem Wasser kämpfte sich ein Segelboot in Richtung Hafen. Plötzlich kenterte es in einer heftigen Bö. Sie blieb stehen, um zuzusehen, wie das Boot sich wieder aufrichtete.
    »Vergangene Woche«, sagte sie, »fuhr ich nach Oak Park, um Lizzie um Verzeihung zu bitten, dass ich ihr Leben für weniger wichtig gehalten habe als meins. Ich weiß nicht, ob sie mir je verzeihen wird. Doch ich wollte so sehr, dass sie sieht, dass auch etwas Gutes in mir steckt. Ich glaube, das ist es, was auch du dir wünschst, Frank.
    Wenn du mich vor zwei Tagen gebeten hättest, dir zu verzeihen, hätte ich nein gesagt. Doch wenn ich nicht an deine Chance glaube, dich zu ändern, wie soll ich dann an meine eigene glauben? Wie kann ich Lizzie bitten, reinen Tisch zu machen, wenn ich in meinem Herzen keine Möglichkeit finde, dir zu verzeihen?«
    Mamah sah, wie die Furchen in seinem Gesicht vor Freude weicher wurden. Es war ein ziemlich ergreifender Anblick. Er war wahrhaftig. Es gab so vieles an Frank Lloyd Wright, das nobel war und ritterlich und gut. Vielleicht war sie der größte Dummkopf der Welt, doch sie wusste, sie würde zu ihm zurückkehren und versuchen, noch einmal von vorne anzufangen. Allerdings würde ihr von nun an ein Leben voller Wachsamkeit bevorstehen.
    Doch als sie dort stand und ihm ins Gesicht sah, wusste sie, dass sie von Liebe für ihn erfüllt war. Und sie konnte nicht anders, als zu glauben, dass Liebe, mehr als alles andere, einen Weg zum Besseren verhieß.

1914
Kapitel 46
    John stöberte im Wohnzimmer herum und betrachtete die Gegenstände, die seit dem vergangenen Sommer neu dort aufgetaucht waren. Die Teppiche und Stühle, die Frank gekauft hatte, waren schon lange verschwunden; nur der Steinway war von seiner verrückten Einkaufstour übrig geblieben. Dennoch gab es genügend exotische neue Gegenstände, die für den Jungen von Interesse sein konnten. Er hob den Deckel von einem Weihrauchgefäß aus Messing und schnupperte am Inhalt, dann fuhr er mit dem Finger den langen Tisch entlang bis zu einer Buddhastatue und strich ihr über den Bauch. Er blickte sich suchend um, bis er gefunden hatte, was ihm in diesem Zimmer am allerbesten gefiel: ein

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