Kein Blick zurueck
verwöhnt und aufgerichtet haben und die es nicht zuließen, dass ich auf die Nase fiel, selbst wenn ich es verdient hätte. Es ist mein Talent, weißt du, das die Menschen dazu verleitet, mir gegenüber Nachsicht walten zu lassen.« Er lächelte schuldbewusst. »Ich weiß das. Im Gegensatz zu dem, was du vielleicht denkst, belastet mich mein schlechtes Gewissen. Es gibt Nächte, in denen ich nicht schlafen kann wegen des Leids, das ich verursacht habe.« Er schüttelte den Kopf.»Es tut mir alles so leid. Es tut mir leid, dass ich dich als Freund im Stich gelassen habe. Ausgerechnet dich.«
Mamah sah ihn unbewegt an.
Als sie nicht reagierte, stand er auf. »Ich werde versuchen, dieses Chaos in meiner Seele in irgendeine anständige Ordnung zu überführen. Falls du mich niemals wiedersehen wolltest, könnte ich das verstehen. Ich kann dir nicht sagen, wie sehr ich es bedaure, dass ich dich an diesen Punkt gebracht habe.«
Im Zimmer war es stickig. Ihre Nase registrierte die einsame Grapefruit, die sie schon in der Nacht zuvor bemerkt hatte, die in einer Schale verrottete.
Sie seufzte. »Zieh mich hoch.« Als sie den Arm ausstreckte, fühlte er sich bleischwer an. »Ich brauche frische Luft.«
Sie gingen am Nordufer des Sees entlang und verließen hin und wieder den Weg, um durch den Sand zu stapfen.
»Es gibt einiges, was du dir anhören musst, Frank. Die Wahrheit ist, dass ich nicht weiß, ob du wirklich fähig bist, das Schlimmste abzuwenden. Du hast dich selbst ganz schön in die Zwickmühle gebracht. Wir beide haben das getan.
Im Moment habe ich das Gefühl, meine Welt sei so groß wie ein Nickel. Und ungefähr genauso viel wert. Ich habe genau das getan, was du auch getan hast – wir haben uns von aller Welt zurückgezogen. Uns oben in Taliesin aufs hohe Ross geschwungen wie moralische Könige. Doch wir wissen, dass der Kaiser nackt ist, nicht wahr?
Ich gebe mir selbst an vielem die Schuld. Ich war eine Expertin in Sachen Selbsttäuschung. Aber du…«
Sie waren stehen geblieben und blickten über den See Richtung Osten, wo das Sonnenlicht zwischen den Wellen aufblitzte wie Neonlichter.
»Schau dich an. Trotz all deiner Talente hast du dich in Taliesineingebunkert und verfluchst die Architekten, die früher einmal für dich gearbeitet haben, und führst dich auf wie ein arroganter Idiot. Wie kannst du es wagen, Marion Mahoney kleinzumachen! Mir ist egal, ob sie Walter Griffin geheiratet hat. Marion war deine Übersetzerin, Frank. Sie machte dich den Leuten verständlich, die deine Arbeit nicht verstanden. Sie half dir dabei, dich zu verkaufen, davon, dass sie deine Kinder in ihren Armen gewiegt hat, ganz zu schweigen. Warum kannst du die Verdienste anderer nicht anerkennen? Bist du so schwach?«
Mamah wartete, dass er etwas sagte, doch er starrte stur geradeaus und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. Sie sah, dass er in seiner Verzweiflung zu schlagen war, und sie konnte es nicht lassen.
»Du hast dich selbst zu einer tragischen Figur gemacht. Im einen Moment fühlst du dich verfolgt, und im nächsten hältst du dich für Gottes gesalbten Botschafter.«
Sie kickte mit der Schuhspitze Sand auf. »Warum musst du so pompös sein? Warum kaufst du Dinge, die du dir nicht leisten kannst? Du bezahlst die Leute nicht… kleine Leute! Die, die du zu allererst bezahlen müsstest.«
Sie schüttelte wütend den Kopf. »Du sagst, du stündest an einem Kreuzweg. Wir werden sehen. Ich glaube, du bist schon sehr lange so. Ich weiß, dass dein Vater weggegangen ist und deine Mutter dich verhätschelt hat und dass deine seligen Verwandten verfolgt wurden. Nichts davon ist eine Entschuldigung. Wie oft hast du schon gesagt, ›es ist der Raum im Innern, der die eigentliche Struktur darstellt‹? Und was du in diesen Raum hineinstellst, formt dein Leben. In Gottes Namen, Frank. Siehst du nicht, dass das auch für dein eigenes Herz gilt?«
Ihr schien, als legten sie Meile um Meile zurück, doch er schwieg und hielt den Kopf gesenkt. Kurzfristig hatten dasAnschwellen und die Entladung ihres Zorns ein Gefühl der Rechtschaffenheit in ihr geweckt. In den zehn Jahren, seit sie ihn kannte, hatte sie noch nie so brutal mit ihm gesprochen wie in den letzten zwei Tagen. Noch war er jemals so zerknirscht gewesen. Doch sie genoss es nicht, ihn zu demütigen, sondern fühlte sich ausgelaugt.
»Schau«, sagte Mamah, als sie stehen blieben, um den Rückweg anzutreten. »Du bist ein erwachsener Mann, und du musst
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