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Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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durchsucht.«
    »Nach was?«, fragte Edgar.
    »Das wollte sie mir nicht sagen. Sie behauptete, nach nichts gesucht zu haben. Aber als sie ging, blieb ich noch da. Ich habe Verschiedenes entdeckt.«
    Bosch hielt die Zeitung hoch.
    »Das ist der Metro-Teil vom Sonntag. Er enthält einen ziemlich langen Artikel über den Fall, hauptsächlich ein allgemeines Feature über die gerichtsmedizinischen Aspekte solcher Fälle. Aber er enthält auch eine Menge Einzelheiten unseres Falls, die von einer nicht genannten Quelle stammen. Hauptsächlich über die Fundstelle.«
    Als Bosch diesen Artikel am Abend zuvor zum ersten Mal las, hatte er angenommen, diese Quelle wäre vermutlich Teresa Corazon, da sie in dem Artikel in Zusammenhang mit ein paar allgemeinen Informationen über Knochen-Fälle namentlich erwähnt wurde. Er wusste von den Abmachungen, die Journalisten und Informanten in solchen Fällen trafen; einige Auskünfte mit Namensangabe, andere Auskünfte ohne Namensangabe. Da jedoch die Identität der Informationsquelle für das gegenwärtige Gespräch nicht von Belang war, kam er nicht darauf zu sprechen.
    »Es gab da also einen Artikel«, sagte Portugal. »Und was hat das zu bedeuten?«
    »Nun, aus diesem Artikel geht hervor, dass die Knochen nicht sehr tief unter der Erde lagen und dass es den Anschein hatte, als wäre die Leiche ohne die Zuhilfenahme von Werkzeugen verscharrt worden. Außerdem steht dort zu lesen, dass zusammen mit der Leiche ein Rucksack gefunden worden war. Und eine Menge anderer Details. Andere Details dagegen fehlten; so wird zum Beispiel das Skateboard des Jungen nicht erwähnt.«
    »Und was wollen Sie damit sagen?«, fragte Portugal mit einem gelangweilten Unterton.
    »Dass man, wenn man ein falsches Geständnis ablegen wollte, eine Menge von dem, was man dafür wissen müsste, in diesem Artikel nachlesen könnte.«
    »Jetzt machen Sie aber mal einen Punkt, Bosch. Delacroix hat uns wesentlich mehr erzählt, als ein paar Details vom Fundort. Er hat uns die Tötung selbst geschildert, wie er mit der Leiche herumgefahren ist, das alles.«
    »Das war ziemlich einfach. Es kann nicht bewiesen oder widerlegt werden. Es gab keine Zeugen. Das Auto werden wir nie mehr finden, weil es auf irgendeinem Schrottplatz im Valley auf die Größe eines Briefkastens zusammengepresst worden ist. Alles, was wir haben, ist seine Schilderung. Und der einzige Ort, an dem seine Schilderung mit konkreten Indizien in Berührung kommt, ist der Fundort der Leiche. Und jede Angabe, die er uns dazu gemacht hat, könnte er hierher haben.«
    Er warf die Zeitung auf Portugals Schreibtisch, aber der Ankläger sah sie nicht einmal an. Er stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch und hielt die Handflächen mit weit gespreizten Fingern aneinander. Bosch konnte seine Muskeln unter seinen Hemdsärmeln spielen sehen und begriff, dass er irgendwelche isometrischen Übungen machte.
    »So baue ich die Anspannung ab«, sagte Portugal und drückte dabei die Hände gegeneinander.
    Als er schließlich damit aufhörte, atmete er laut aus und lehnte sich in seinen Sessel zurück.
    »Na schön, dann hatte er meinetwegen die Möglichkeit, sich ein Geständnis zusammenzubasteln. Aber warum hätte er das tun sollen? Hier geht es schließlich um seinen eigenen Sohn. Warum sollte er sagen, er hat seinen eigenen Sohn umgebracht, wenn er es nicht getan hat?«
    »Deswegen.«
    Bosch griff in die Innentasche seines Sakkos und nahm einen in der Mitte gefalteten Umschlag heraus. Er beugte sich vor und legte ihn behutsam auf die Zeitung auf Portugals Schreibtisch.
    Als Portugal nach dem Umschlag griff und sich daran machte, ihn zu öffnen, sagte Bosch: »Ich glaube, das ist, wonach Sheila gestern Abend im Wohnwagen Ihres Vaters gesucht hat. Ich habe es im Nachttisch gefunden. Unter der untersten Schublade. Dort war ein Geheimfach. Man musste die Schublade ganz rausnehmen, um es zu finden. Das hat sie nicht gemacht.«
    Portugal nahm einen Packen Polaroidfotos aus dem Umschlag. Er begann sie durchzusehen.
    »O Gott«, sagte er fast sofort. »Ist das sie? Die Tochter? Das will ich mir nicht ansehen.«
    Er ging rasch die restlichen Fotos durch und legte sie auf den Schreibtisch. Edgar stand auf und beugte sich über den Schreibtisch. Er verteilte die Fotos mit dem Finger, um sie ansehen zu können. Sein Unterkiefer spannte sich an, aber er sagte nichts.
    Die Fotos waren alt. Die weißen Ränder waren vergilbt, die Farben vom Alter fast verblichen. Bosch hatte

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