Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
Entdeckung wollte er ihm erst erzählen, wenn er es mit eigenen Augen gesehen hatte.
    »Ich hätte mitkommen können.«
    »Das wäre reine Zeitverschwendung gewesen.«
    »Na schön, ähm, und übrigens, Harry, Bullets sucht nach dir, und, äh, es wird gemunkelt, dass du versetzt werden sollst.«
    »Das ist mir neu.«
    »Aber du sagst mir doch auf jeden Fall Bescheid, wenn sich da was tut, ja? Wir waren lange zusammen.«
    »Du wirst der Erste sein, Jerry.«
    Als Bosch im Parker Center ankam, ließ er sich von einem der Streifenpolizisten im Foyer helfen, den Dummy zur Spurensicherung hinaufzubringen. Als er ihn dort Jesper zurückgab, nahm ihn dieser und trug ihn ohne Mühe zu seinem Schrank.
    Anschließend führte ihn Jesper in ein Labor, wo das Skateboard auf einem Tisch lag. Er machte eine Lampe an, die neben dem Skateboard an einem Ständer befestigt war, und schaltete die Deckenbeleuchtung aus. Dann zog er ein Vergrößerungsglas an einem Schwenkarm über das Skateboard und forderte Bosch auf, es sich anzusehen. Das schräg auftreffende Licht warf kleine Schatten in den Vertiefungen im Holz, sodass die Ziffern und Buchstaben deutlicher sichtbar wurden.
     
    1980 A. D.
     
    Bosch konnte gut verstehen, wieso Jesper die Buchstaben für die Abkürzung von Anno Domini gehalten hatte, zumal er den Namen des Opfers nicht gekannt hatte.
    »Sieht ganz so aus, als ob es mal abgeschmirgelt worden wäre«, sagte Jesper, während Bosch das Skateboard weiter betrachtete. »Höchstwahrscheinlich wurde das ganze Board irgendwann mal generalüberholt. Neue Rollen, neue Lackierung.«
    Bosch nickte.
    »Okay.« Er richtete sich von dem Vergrößerungsglas auf. »Ich werde das mitnehmen müssen, es wahrscheinlich verschiedenen Leuten zeigen.«
    »Ich bin fertig damit«, sagte Jesper. »Sie können es gern haben.«
    Er machte die Deckenbeleuchtung wieder an.
    »Haben Sie unter den anderen Rollen auch nachgesehen?«
    »Klar. Da war allerdings nichts. Deshalb habe ich sie wieder drangemacht.«
    »Haben Sie vielleicht eine Schachtel oder so was?«
    »Ach, ich dachte, Sie wollen mit dem Ding fahren, Harry.«
    Bosch lächelte nicht.
    »Das sollte ein Witz sein.«
    »Ja, ich weiß.«
    Jesper verließ den Raum und kam mit einem leeren Aktenbehälter aus Pappe zurück, der so lang war, dass das Skateboard hineinpasste. Er legte das Board zusammen mit den abgenommenen Rollen und den in einem Tütchen verpackten Schrauben hinein. Bosch dankte ihm.
    »Habe ich Ihnen weitergeholfen, Harry?«
    Nach kurzem Zögern sagte Bosch: »Ja, ich glaube schon, Antoine.«
    Jesper deutete auf Boschs Wange.
    »Beim Rasieren geschnitten?«
    »So was Ähnliches.«
    Auf der Rückfahrt nach Hollywood war der Verkehr sogar noch dichter. An der Ausfahrt Alvarado fuhr Bosch schließlich vom Freeway ab, um sich zum Sunset Boulevard durchzukämpfen und den Rest der Strecke darauf zurückzulegen. Aber dort kam er auch nicht schneller voran.
    Während der Fahrt dachte er ständig über das Skateboard und Nicholas Trent nach und versuchte mögliche Erklärungen in den von Zeitraum und Indizien gebildeten Rahmen einzupassen. Es gelang ihm nicht. Ein Element der Gleichung fehlte. Er wusste, dass auf irgendeiner Ebene und an irgendeinem Ort alles einen Sinn ergäbe. Er war zuversichtlich, dass er es dorthin schaffen würde, wenn er genug Zeit hätte.
    Um halb fünf rauschte Bosch, die Schachtel mit dem Skateboard im Arm, durch den Hintereingang der Polizeistation. Als er den Flur zum Bereitschaftsraum hinunterging, steckte Mankiewicz den Kopf aus der Tür seines Büros.
    »Hey, Harry?«
    Bosch sah sich nach ihm um, ging aber weiter.
    »Was ist?«
    »Ich habe schon davon gehört. Sie werden uns fehlen.«
    Die Neuigkeit verbreitete sich rasch. Bosch hielt die Schachtel mit dem rechten Arm und hob die linke Hand, um damit über der Oberfläche eines imaginären Meeres eine kreisende Bewegung zu machen. Diese Geste war normalerweise den Fahrern von Streifenwagen vorbehalten, die sich auf der Straße begegneten. Sie bedeutete, gute Fahrt, Kollege. Bosch ging weiter.
    Edgar hatte auf seinem Schreibtisch eine große weiße Platte liegen, die auch den größten Teil von Boschs Tisch bedeckte. Darauf hatte er etwas gezeichnet, was aussah wie ein Thermometer. Es war die Wonderland Avenue, wobei der Wendekreis am Ende der Kolben am Fuß des Thermometers war. Die von der Straße abgehenden Linien markierten die Grundstücksgrenzen. An den Enden dieser Linien waren mit grünem, blauem und

Weitere Kostenlose Bücher