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Kein Entkommen

Kein Entkommen

Titel: Kein Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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Connie?«
    »Ziemlich gut sogar«, sagte ich.
    »Teufel auch«, erwiderte er. »Wo hat sie all die Jahre über gesteckt? Wahrscheinlich weiß sie nicht mal, dass ihre Eltern tot sind.«
    »Da könnten Sie recht haben«, sagte ich.
    »Tja, sie würde ihnen wohl keine Träne hinterherweinen«, sagte er. »Klar, Martin war mein Bruder, aber wer kann sich schon seinen Bruder aussuchen? Wir hatten schon seit einer Ewigkeit keinen Kontakt mehr. Und glauben Sie mir, Eltern des Jahres waren Martin und Thelma bestimmt nicht. Du meine Güte, was für ein Paar! Er hat immer nur auf der Kleinen rumgehackt. Und sie? Suff und Nörgelei, nicht zu fassen. Trotzdem, so ein Ende wünscht man seinem ärgsten Feind nicht. Martin hatte eine Autowerkstatt in El Paso, und soweit ich weiß, hat er sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Weiß der Henker, warum die beiden umgebracht wurden. Wie gesagt, gestohlen wurde gar nichts. Mir ist das alles ein Rätsel.«
    »Du lieber Himmel«, sagte ich.
    »Aber Connie ist noch am Leben? Na, das nenne ich mal eine Überraschung. Ich habe immer geglaubt, sie wäre ebenfalls unter die Räder gekommen.«
    »Warum?«
    »Keine Ahnung. Aber die Kleine war komplett verkorkst. Und ehrlich, mich hat es nicht überrascht, nach dem, was damals passiert ist. Tja, und Martin und Thelma haben ihr Übriges getan.«
    »Sie meinen den Unfall.«
    »Ach, davon wissen Sie auch? Glauben Sie mir, Martin war schon vorher nicht gerade der nette Kerl von nebenan, aber nach dem Unfall hat er sich in einen Werwolf verwandelt. Alles ging den Bach runter. Er arbeitete in einem Autohaus, das dem Onkel des toten Mädchens gehörte, und als er gefeuert wurde, hat er seinen ganzen Frust an Connie ausgelassen – klar, bis zu einem gewissen Grad verständlich, aber sie war doch bloß ein Kind. Tja, jedenfalls hat er ihr nie verziehen, immer auf ihr herumgehackt. Schließlich hat er einen neuen Job in einem Autohaus in einer anderen Stadt gefunden, doch als es dort zu Diebstählen kam, wurde er entlassen, obwohl er gar nichts damit zu tun hatte. Damit war er bereits zweimal gefeuert worden, und er tat sich entsprechend schwer, wieder Arbeit zu finden. Und immer war Connie an allem schuld. Er meinte, sie würde ihm Unglück bringen.« Mick Tattinger schwieg einen Moment; offenbar versuchte er sich an etwas zu erinnern. »Wissen Sie, wie er sie immer genannt hat?«
    »Hindy«, sagte ich.
    »Ja, genau. Kurz für ›Hindenburg‹.«
    »Wie ist Connie damit fertig geworden?«
    »Die wenigen Male, die ich sie gesehen habe … Also, es war irgendwie seltsam.«
    »Was meinen Sie?«
    »Es war, als wäre sie an einem anderen Ort. So, als wäre sie gar nicht richtig da, als würde sie im Kopf in einer anderen Welt leben. Ich glaube, es war so was wie ihre Überlebensstrategie.«
    Ich hörte zu.
    »Wie war Ihr Name noch mal?«, fragte er, und ich wiederholte ihn. »Wenn Sie Connie finden, sagen Sie ihr doch bitte, sie soll sich mal melden. Würden Sie das für mich tun?«
    »Selbstverständlich«, erwiderte ich.
    »Was sind Sie eigentlich? So eine Art Privatdetektiv, oder was?«
    »Journalist«, sagte ich. »Ich bin Reporter.«
    ***
    Dad kam in die Küche.
    »Zeit fürs Abendessen«, sagte er und warf einen Blick auf die Uhr an der Wand. Es war 18:40 Uhr. »Deine Mutter wartet bestimmt schon auf uns.«
    Ich schreckte auf. »Hmm?«
    »Was ist denn mit dir los? Du siehst ja aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
    In gewisser Weise hatte ich das ja auch.
    Das Telefon klingelte. Ich warf einen Blick aufs Display. Es war Mom. Oder vielleicht Ethan, der schon länger wusste, wie man die Kurzwahltasten bediente.
    Ich nahm ab. »Ja?«
    »Ich kann Ethan nicht finden«, sagte Mom mit zitternder Stimme. »Ich kann ihn einfach nicht finden.«

TEIL 5

47
    Eine gute halbe Stunde fuhr Jan ziellos durch die Gegend. Sie fuhr ein paar Meilen und bog links ab, noch etwas weiter, dann nach rechts und auf die Interstate bis zur übernächsten Ausfahrt. Je willkürlicher sie herumfuhr, desto schwieriger wäre es, ihr zu folgen, hoffte sie.
    Und bis jetzt war kein schwarzer Audi im Rückspiegel aufgetaucht. Schon auf der Interstate war sie ziemlich sicher gewesen, Oscar Fine abgehängt zu haben.
    Beruhigt war sie deshalb noch lange nicht.
    Wenn er sie einmal gefunden hatte, konnte er sie auch ein zweites Mal finden.
    Die Blicke, die sie sich aus den vorbeifahrenden Autos einfing, sprachen Bände. Sie musste wie eine Verrückte aussehen. Ihre Augen waren weit

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