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Kein Entkommen

Kein Entkommen

Titel: Kein Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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aufgerissen, ihre Haare völlig zerzaust vom Fahrtwind, der durch die offenen Seitenfenster und das Loch in der Windschutzscheibe pfiff. Mit beiden Händen umklammerte sie das Steuer, um nicht am ganzen Leib zu zittern.
    Sie brachte anderen Menschen Unglück.
    Dwayne war höchstwahrscheinlich tot. Kaum anzunehmen, dass Oscar Fine ihn am Leben gelassen hatte.
    Blieb nur die Frage, was Dwayne ihm erzählt hatte.
    Wusste Oscar Fine, wer sie war?
    Wusste Oscar Fine, wer sie bis vor kurzem gewesen war?
    Hatte er schon Bescheid gewusst, ehe Dwayne mit den gefälschten Steinen aufgekreuzt war?
    Denk nach , ermahnte sie sich, während sie auf dem Massachusetts Turnpike Richtung Westen fuhr. Denk nach!
    Eines lag auf der Hand: Banura hatte sie verraten. Er musste sich direkt mit Oscar Fine in Verbindung gesetzt haben, nachdem sie ihm die Steine angeboten hatten. Aber was hatte Oscar Fine nach all der Zeit auf den Plan gerufen? Hatte er sechs Jahre lang regelmäßig nachgesehen, ob die Steine wieder auf dem Markt auftauchten? Hatte er seine Kontakte angewiesen, ihn sofort zu informieren, sobald jemand falsche Diamanten verkaufen wollte?
    Vielleicht. Aber ebenso gut war es möglich, dass Oscar Fine erst kürzlich auf sie aufmerksam geworden war.
    Hatte er sie in den Nachrichten gesehen? Aber selbst wenn, hatte sie als Jan Harwood doch völlig anders ausgesehen als die Rothaarige, die damals in der Limousine auf ihn gewartet hatte. Aber vielleicht erinnerte man sich ja an mehr als nur die Haarfarbe einer Frau, wenn einem die Hand von ihr abgesägt worden war.
    In ihrer Wut schlug sie mit der rechten Faust auf das Lenkrad ein. Gab es eigentlich irgendetwas, das sie nicht vermasselt hatte?
    Wie hatte sie nur so blöd sein können, sich mit einem Vollidioten wie Dwayne Osterhaus einzulassen? Sich nicht schon vorher zu informieren, was die Steine tatsächlich wert waren? Und auch noch zu Banura mitzufahren, nachdem sie bereits gewusst hatte, dass kein Mensch sechs Millionen für Imitate zahlen würde?
    Sechs wundervolle Jahre hatte sie gehabt.
    Und alles aufgegeben.
    Sie bemerkte, dass der Tank fast leer war, nahm die nächste Ausfahrt, fuhr an die nächste Tankstelle, tankte für dreißig Dollar und parkte vor einem McDonald’s.
    Sie ging direkt zur Toilette, schloss sich in einer Kabine ein und musste sich fast augenblicklich übergeben. Mit beiden Händen stützte sie sich an der Kabinenwand ab und versuchte tief durchzuatmen. Ihr war schwindelig, und auf ihrer Stirn stand kalter Schweiß.
    Keine zehn Sekunden später revoltierte ihr Magen schon wieder. Abermals erbrach sie sich in die Kloschüssel.
    Sie drückte die Spülung, lehnte sich an die Wand und tupfte sich das Gesicht mit Toilettenpapier ab. Als sie sich wieder einigermaßen im Griff hatte, öffnete sie die Tür, trat an eins der Waschbecken und spritzte sich eiskaltes Wasser ins Gesicht, um einen klaren Kopf zu bekommen. Eine Frau, die ihrer kleinen Tochter half, sich die Hände zu waschen, beäugte Jan misstrauisch.
    Jan wusste genau, was sie dachte. Was ist das denn für eine Verrückte?
    Es gab keine Papiertücher, nur einen dieser blöden Händetrockner; warme Luft im Gesicht, das fehlte ihr gerade noch. Wassertropfen liefen ihr übers Gesicht, als sie den McDonald’s verließ.
    Neben dem Eingang lehnte sie sich an die Hausmauer und ließ den Blick über den Parkplatz und die Straße schweifen. Nirgendwo war ein schwarzer Audi zu sehen. Fast eine halbe Stunde stand sie ratlos da und fragte sich, was sie unternehmen sollte.
    Ein Angestellter des Restaurants, der zwei Müllsäcke herausbrachte, fragte sie, ob er ihr helfen könne. Natürlich wollte er nur, dass sie endlich verschwand.
    Sie ging zum Pick-up und setzte sich wieder hinters Steuer. Während sie versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, klingelte plötzlich ein Handy.
    Sie schrak zusammen. Sie besaß kein Mobiltelefon. Im selben Augenblick erinnerte sie sich, wie sie der Frau in der Tankstelle das Handy gestohlen hatte. Sie griff in ihre Handtasche, kramte das Handy heraus und warf einen Blick aufs Display.
    Sie kannte die Nummer nicht. Und wer sollte sie anrufen? Dann fiel ihr siedend heiß ein, wen Dwayne mit dem Handy kontaktiert hatte.
    Banura.
    Sie klappte es auf. »Hallo?«
    »Wer ist denn da?«, fragte eine Frauenstimme. »Sie haben mein Handy? Ich suche es schon den ganzen Tag, und …«
    Jan packte das Telefon mit beiden Händen, zerbrach es in zwei Teile und warf es aus dem Fenster.
    Sie

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