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Kein Entkommen

Kein Entkommen

Titel: Kein Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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Drecksack und riss ihn zu Boden. Dann war ich auch schon rittlings über ihm, holte mit der geballten Faust aus und erwischte ihn am Mundwinkel. Blut lief über seine aufgeplatzte Unterlippe.
    »Sag das noch mal, du Dreckskerl!«, zischte ich. »Du verdammtes Schwein!«
    Doch ehe ich zum nächsten Schlag ausholen konnte, schlang Dad von hinten die Arme um mich. »David!«, brüllte er. »Hör auf damit!«
    »Mörder!«, knurrte der Typ, rollte sich auf die Seite und betastete vorsichtig seinen Mundwinkel.
    Dad ließ den Blick über die anderen Nachbarn schweifen, die stehen geblieben waren und uns beobachteten. »Bitte suchen Sie nach Ethan!«, rief er. Er half mir auf die Beine und beugte sich über den Mann. »Hauen Sie bloß ab, bevor ich Ihnen auch noch eine verpasse.«
    Der Kerl stand auf, klopfte seine Klamotten ab und stapfte davon. Nach ein paar Metern blieb er noch einmal stehen und wandte sich um. »Sie kriegen dich, Harwood, verlass dich drauf!«
    Ich wandte mich ab. Mein Gesicht brannte. Dad berührte mich an der Schulter. »Alles okay?«
    Ich nickte. »Wir müssen ihn finden.«
    Obwohl Mom schon in der Garage und im Garten nach Ethan gesucht hatte, sahen wir noch einmal nach. Dad stolperte über ein paar Krocket-Tore; überall lagen gestreifte Holzbälle herum. Dann erspähte ich auch den Schläger. Ich hob ihn auf, als verrate er mir etwas über Ethans Verbleib, und ließ ihn wieder fallen.
    »Ethan!«, rief ich so laut ich konnte. »Ethan!«
    Der Abend senkte sich über die Häuser.
    Plötzlich fiel mir ein, dass sich einen Häuserblock weiter ein kleiner Laden befand. War Ethan vielleicht dort hingegangen, um sich seine Lieblingsmuffins zu kaufen? War das möglich? Obwohl er gar kein Geld dabeihatte?
    Ich lief los. »Wo willst du hin?«, rief Dad mir hinterher.
    »Bin gleich wieder da«, rief ich zurück.
    Eine Minute später hatte ich den Laden erreicht. Ich riss die Tür so abrupt auf, dass mich der Verkäufer hinter dem Tresen anstarrte, als hätte ich vor, ihn auszurauben.
    Völlig außer Atem fragte ich ihn, ob in den vergangenen anderthalb Stunden ein kleiner Junge hier gewesen sei, der Muffins gekauft hätte. Ich beschrieb ihm Ethan, doch der Mann schüttelte den Kopf. »Ich hab ein paar Muffins verkauft, aber nur an eine Lady. Tut mir leid.«
    Ich lief zurück. Meine Eltern warteten auf der Veranda.
    »Hat sich jemand gemeldet?«, fragte ich.
    Mom schüttelte den Kopf.
    »Wo könnte er nur hingegangen sein?«, fragte Dad. »Fällt dir irgendwas ein?«
    »Und wenn er nach Hause wollte?«, fragte Mom.
    Mir fiel beinahe die Kinnlade herunter. »Verdammt«, sagte ich. »Das ist es. Vorhin am Telefon hat er genau das gesagt.«
    Obwohl er erst vier war, hatte Ethan einen hervorragenden Orientierungssinn, den er unter Beweis stellte, wann immer wir im Auto unterwegs waren und er mich darauf aufmerksam machte, wenn ich einen Umweg fuhr. Auch wenn unser Haus ein paar Meilen entfernt lag, war er wahrscheinlich in der Lage, es zu finden. Und die Vorstellung, wie er ganz allein …
    »Wir müssen zurückfahren«, sagte ich.
    »Auf dem Hinweg habe ich ihn nirgends gesehen«, warf Dad ein.
    »Du hast ja auch nicht auf ihn geachtet«, gab ich zurück. »Wir waren so in Eile, dass wir ihn vielleicht nur nicht bemerkt haben.«
    Ich eilte in die Küche und griff nach Dads Autoschlüsseln. Als ich aus der Haustür trat, fiel mir ein Zivilstreifenwagen ins Auge, der die Straße entlangfuhr.
    »Endlich«, stieß ich hervor. »Cops.«
    Der Wagen hielt am Straßenrand, direkt vor der Einfahrt meiner Eltern. Barry Duckworth stieg aus und richtete den Blick auf mich.
    »Sie?« , platzte ich heraus. »Ich dachte, Ihre Kollegen schicken ein paar gewöhnliche Streifencops.«
    »Was ist jetzt schon wieder?«, fragte er.
    »Wieso? Sind Sie nicht wegen Ethan hier?«
    Er runzelte die Stirn. »Gibt’s ein Problem?«
    Ich konnte es nicht glauben. Wozu gab es einen Notruf, verdammt noch mal? »Er ist verschwunden«, sagte ich.
    »Seit wann?«
    »Seit etwa anderthalb Stunden.«
    »Und Sie haben bei unserer Zentrale angerufen?«
    »Mein Vater.« Ich deutete auf seinen Wagen. »Hören Sie, wir glauben, dass er auf eigene Faust nach Hause gegangen sein könnte. Wenn Sie so freundlich wären, Ihr Auto …«
    Duckworth sah mich nur unverwandt an. »Ich muss mit Ihnen sprechen«, sagte er.
    »Was?« Plötzlich erschien Jan vor meinem inneren Auge. »Worüber? Ist irgendwas passiert?«
    »Nein. Aber ich muss Sie bitten, mich aufs

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