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Kein Entkommen

Kein Entkommen

Titel: Kein Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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dem Bruder seiner Frau, Stan Reeves, seines Zeichens Stadtrat und ein aufgeblasenes Arschloch vor dem Herrn. Monatelang hatte er ihm pausenlos in den Ohren gelegen, gemeinsam alle achtzehn Löcher zu spielen. Zwar hatte Samuels ihn immer wieder hinhalten können, doch am Ende waren ihm die Ausreden ausgegangen, von wegen Wochenendtrips, Hochzeiten und Beerdigungen, an denen er teilnehmen musste.
    »Du ziehst ein bisschen zu sehr nach rechts«, bemerkte Reeves, nachdem Samuels seinen Ball geschlagen hatte. »Hier, sieh mal zu, wie ich es mache.«
    Samuels steckte seinen Schläger in die Tasche und tat so, als würde er seinen Schwager genau beobachten.
    »Siehst du, dass ich meine Körpermitte nicht bewege, wenn ich zum Schlag aushole? Hier, ich mach’s dir noch mal in Zeitlupe vor.«
    Nur noch drei Löcher , dachte Samuels. Das Clubhaus befand sich bereits in Sichtweite. Vor seinem inneren Auge sah er sich im klimatisierten Restaurant des Clubhauses ein kühles Bier bestellen. Zugegeben, Golfen hatte auch angenehme Seiten.
    »Hast du’s gesehen?«, fragte Reeves. »Viel besser kann man’s nicht machen. Wo ist dein Ball überhaupt abgeblieben?«
    »Irgendwo wird er schon sein«, erwiderte Samuels.
    »Hmm«, sagte Reeves. »Du bist ja völlig aus der Übung.«
    »Ja, das letzte Mal ist schon ein Weilchen her«, räumte Samuels ein.
    »Wir sollten das öfter machen. Golfen bringt einen auf andere Gedanken. Klar, als Arzt hat man auch eine Menge Stress, aber glaub mir, eine Stadt am Laufen zu halten, das ist eine andere Hausnummer, mein Lieber.«
    Reeves’ großspuriges Geschwätz war ihm schon immer auf die Nerven gefallen. Was für ein Vollidiot.
    »Kann ich mir lebhaft vorstellen«, erwiderte Samuels.
    Im selben Moment klingelte sein Handy.
    »Was?« Reeves verzog das Gesicht. »Du nimmst dein Handy mit auf den Golfplatz?«
    »Augenblick«, sagte Samuels und griff in seine Jackentasche. Hoffentlich ein Notfall , dachte er. Dann hätte er endlich einen Grund, um sich aus dem Staub machen zu können.
    »Hallo?«, sagte er.
    »Dr. Samuels?«
    »Am Apparat.«
    »Hier spricht Detective Barry Duckworth vom Promise Falls Police Department.«
    »Was kann ich für Sie tun, Detective?«
    Aus dem Augenwinkel registrierte Samuels, wie Reeves aufmerkte.
    »Sie sind gerade irgendwo auf dem Grün, stimmt’s? Ich habe Ihren Auftragsdienst angerufen, und die haben mir Ihre Handynummer gegeben.«
    »Kein Problem. Was gibt es denn?«
    »Ich muss mit Ihnen reden. Und zwar sofort.«
    »Ich bin auf dem Gelände des Golf & Country Clubs. Am fünfzehnten Loch.«
    »Und ich hier im Clubhaus.«
    »Ich bin sofort bei Ihnen.« Er steckte das Handy wieder ein. »So leid es mir tut, aber du musst ohne mich weitermachen, Stan.«
    »Was ist denn los?«
    Samuels hob die Hände und setzte eine verblüffte Miene auf. »Tja, anscheinend bin ich heute fast so gefragt wie du.«
    »He, wenn du den Cart nimmst, muss ich zu Fuß …«
    Aber Samuels lenkte den Cart bereits Richtung Clubhaus.
    ***
    Barry Duckworth wartete draußen vor der Garage, wo die Golfer die Carts abstellten. Er schüttelte Dr. Samuels die Hand.
    »Kann ich Sie auf einen Drink einladen?«, fragte Samuels.
    »Tut mir leid, keine Zeit«, sagte der Detective. »Ich muss mit Ihnen über eine Ihrer Patientinnen reden.«
    Samuels’ buschige Augenbrauen schossen nach oben. »Wen denn?«
    »Jan Harwood.«
    »Was ist passiert?«
    »Sie ist verschwunden. Sie war mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn im Five-Mountains-Park, und seitdem fehlt jede Spur von ihr.«
    »Du lieber Gott«, entfuhr es Samuels.
    »Wir haben den Park von oben bis unten durchkämmt, ohne das geringste Ergebnis.« Duckworth führte den Arzt in den Schatten des Clubhauses, zum einen, um nicht weiter in der sengenden Hitze stehen zu müssen, zum anderen, um nicht von den anderen Golfern gehört zu werden. »Mr Harwood glaubt, seine Frau könne sich möglicherweise etwas angetan haben.«
    Samuels nickte, dann schüttelte er den Kopf. »Das ist ja furchtbar. Jan Harwood ist eine wirklich nette Frau.«
    »Das glaube ich gern«, gab der Detective zurück. »Nun ja, Mr Harwood sagt jedenfalls, sie hätte in letzter Zeit an Depressionen gelitten. Stimmungsschwankungen. Unter anderem soll sie davon gesprochen haben, ihre Familie sei ohne sie besser dran.«
    »Wann war das?«, fragte Samuels.
    »Vor ein, zwei Tagen, wenn ich es richtig mitbekommen habe.«
    »Trotzdem muss sie sich nicht gleich umgebracht haben«, sagte

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