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Kein Entkommen

Kein Entkommen

Titel: Kein Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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aber …«
    »Mach dir keine Gedanken«, sagte ich.
    »Wie auch immer, wir wollen deine Sicht der Dinge, Mann. Die Cops haben sich ziemlich bedeckt gehalten, und … na ja, dir würde es ja auch etwas bringen, ich meine, vielleicht hilft es ja, sie ausfindig zu machen.«
    »Jan«, sagte ich.
    »Genau. Also …«
    Ich beendete das Gespräch und warf das Handy auf den Beifahrersitz. Sekunden später klingelte es erneut. Ich klappte es auf und lauschte.
    »Dave? Samantha hier.«
    »Hi, Sam.«
    »Ich habe mitgehört, was Brian dir gerade vorgeschlagen hat. Es tut mir leid, wirklich leid. Ich fasse es nicht, dass er so ein Schleimbeutel ist.«
    »Hmm.«
    »Ist Jan immer noch nicht aufgetaucht?«
    »Nein.«
    »Kannst du mir irgendwas sagen, was wir drucken können?«
    »Bloß, dass ich hoffe, dass wir Jan bald finden.«
    »Die Cops sind echt merkwürdig drauf«, sagte sie.
    »Was meinst du?«, fragte ich.
    »Die lassen so gut wie nichts raus. Duckworth leitet die Ermittlungen. Kennst du den Typ?«
    »Sam.«
    »Entschuldige, blöde Frage. Jedenfalls blockt er so ziemlich alle Fragen ab, obwohl wir ja wissen, was im Five Mountains passiert ist.«
    »Sam, ich bin gerade unterwegs nach Hause. Sobald ich wieder da bin, rede ich mit Duckworth, vielleicht weiß ich ja dann mehr. Ehrlich, ich dachte, sie bringen ihre Presseerklärung erst heute. Ich war selber überrascht, als sie schon gestern Abend an die Medien gegangen sind.«
    »Okay. Nur unter uns – wie geht’s dir eigentlich?«
    »Beschissen.«
    »Ich lasse dich erst mal in Ruhe, ja? Wir können ja später noch mal telefonieren.«
    »Danke, Sam«, sagte ich.
    Kurz vor Mittag bog ich in unsere Einfahrt ein.
    Ich schloss die Haustür auf und rief nach Jan.
    Nichts.
    Die letzten zwanzig Meilen hatten sich meine Gedanken nur noch um die Geburtsurkunde gedreht. Ich musste sie mir noch einmal ansehen, mich vergewissern, dass ich mir meinen Fund nicht bloß eingebildet hatte.
    Ehe ich nach oben ging, überprüfte ich den Anrufbeantworter. Fünf Nachrichten, allesamt Anfragen um Interviews. Ich löschte sie nicht; vielleicht brauchte ich die Medien ja noch, um möglichst viele Menschen über Jans Verschwinden zu informieren.
    Dann ging ich nach oben.
    Ich öffnete den Wäscheschrank, kramte alles heraus, kroch hinein und löste die Leiste mit einem Schraubenzieher von der Wand.
    Aber da war nichts. Der Umschlag, in dem sich Jan Richlers Geburtsurkunde und ein Schlüssel befunden hatten, war verschwunden.

21
    Sie hatte geschlafen, als der Mann neben ihr die Bettdecke zurückschlug und über den kratzigen Teppichboden zum Bad tappte. Nachdem sie wieder ins Bett gekommen war, hatte sie noch eine halbe Ewigkeit an die Zimmerdecke gestarrt und sich gefragt, ob es ihr gelingen würde, überhaupt ein Auge zuzutun. Pausenlos musste sie daran denken, was sie getan hatte.
    An die Leiche, die sie begraben hatten.
    Aber irgendwann war es dann doch passiert. Ihre Ängste waren der Müdigkeit gewichen, und schließlich waren ihr die Augen zugefallen. Allerdings war es ein alles andere als erholsamer Schlaf gewesen.
    Ebenso wie sie hatte auch Dwayne nackt geschlafen. Dwayne Osterhaus war ein hagerer, drahtiger Bursche, knapp 1,85 Meter groß. Auf der rechten Hinterbacke hatte er sich eine »6« tätowieren lassen, seine Glückszahl, wie er glaubte. »Die meisten nehmen die Sieben, aber meine ist die Sechs.« Trotz seines jugendlichen, durchtrainierten Körpers hatte er schütteres graues Haar. Vielleicht tat einem der Knast das an, dachte sie, während sie ihn aus halb geschlossenen Augen beobachtete.
    Er schloss die Badezimmertür hinter sich. Trotzdem hörte sie ihn pinkeln. Es schien gar nicht mehr aufzuhören. Sie griff nach der Fernbedienung, schaltete den Fernseher an und machte lauter, um ihn nicht hören zu müssen. Die Morgennachrichten liefen. Die beiden Sprecher, ein Mann und eine Frau, schwadronierten über Eheschließungen im Fernsehen.
    Dwayne kam wieder aus dem Bad. Hinter ihm rauschte die Toilettenspülung.
    »He.« Er warf einen Blick auf den Bildschirm. »Habe ich’s doch richtig gehört. Du bist wach.«
    Sie stellte den Fernseher auf stumm, während er zurück ins Bett kam.
    »Ja, bin ich.«
    »Wie hast du geschlafen?«
    »Total mies.«
    »Ich bin auch zweimal aufgewacht. Und jedes Mal habe ich erst nach den anderen gelauscht, nach ihrem Schnarchen, ihrem Stöhnen, wenn sie wichsen. So ähnlich ist es wahrscheinlich auch, wenn man lange in New York oder einer anderen

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