Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Erbarmen

Kein Erbarmen

Titel: Kein Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerold , Haenel
Vom Netzwerk:
Schutzgeld-Geschäft mit, nur dass sie ihm bisher nie irgendwas anhaben konnten, weil er ein paar gute Freunde hat, die ihm den Rücken freihalten.«
    »Mal langsam«, sagte Tabori, während er in die Straße einbog, die zwischen den Kleingärten am Kanal entlang führte. »Also akzeptiert, Respekt war der Mittelsmann bei der Polizei, der irgendwelche Leute, die hinter ein paar unsauberen Geschäften im Milieu stecken, mit Informationen versorgt hat. Okay. Aber ich sehe noch nicht den Zusammenhang zu dem Mord an der Anwärterin oder …«
    Tabori bremste abrupt, als ihm ein neuer Gedanke durch den Kopf schoss. Lisa sprach aus, was er dachte.
    »Es sei denn, die Anwärterin hatte irgendetwas herausgefunden, was genau mit diesen Verflechtungen zu tun hatte. Und sie wollte reden, deshalb musste sie verschwinden.«
    »Es ging ihr vielleicht gar nicht darum, was intern in der Hundeführer-Ausbildung passierte! Oder zumindest hatte irgendjemand Angst, dass es ihr nicht darum ging, sondern …«
    Lisa nickte.
    »Und jetzt erzähle ich dir auch noch, worum es in dem Bericht in diesem »Anti-Mafia-Heft« von Svenja geht …«

22
    Als sie aus der Obstweinkneipe zurückkamen, dämmerte es bereits. Lepckes Auto stand nicht mehr auf der Straße, Lisa musste es ebenfalls registriert haben, sagte aber nichts. Im Garten zwitscherte eine Amsel, eine andere antwortete. Der Himmel war wieder wolkenlos, es würde ein heißer Tag werden. In den Nachrichten war die Rede von einer verspäteten Hitzewelle, die sich über Westeuropa ausbreitete, an der französischen Atlantikküste wüteten Waldbrände, mehrere Dörfer hatten evakuiert werden müssen. Aber es war eine Meldung aus den Lokalnachrichten, die Lisa und Tabori noch einen Moment bei eingeschaltetem Radio im Auto sitzen ließ: Aus angeblichem Platzmangel auf dem Gelände des Polizeipräsidiums waren bereits seit dem letzten Winter zwanzig fabrikneue Streifenwagen auf einem öffentlichen Parkplatz am Messegelände abgestellt, die nicht zum Einsatz kamen, weil sie aus unerfindlichen Gründen keine grünen Plaketten für die innerstädtische Umweltzone erhalten hatten. Und niemand fühlte sich zuständig, bei einem Teil der Fahrzeuge waren bereits die Räder abmontiert oder andere Teile wie Außenspiegel oder Wischerblätter verschwunden. Gegen Mittag sollte es jetzt eine Pressekonferenz geben, in der Polizeipräsident Dr. Stephan Heinisch Stellung dazu beziehen wollte, wieso man hier Material im Wert von mehr als einer Million Euro sozusagen wörtlich in den Wind schrieb …
    »Na, hoffentlich kommt dein feiner Freund dann überhauptdazu, sich nebenbei auch noch um den Filz im Rotlicht-Milieu zu kümmern«, sagte Lisa und schaltete das Radio aus. Ihre Stimme troff vor Sarkasmus und ließ keinen Zweifel daran, dass sie Heinisch für genauso inkompetent und verlogen hielt, wie sie es nahezu jedem in irgendeiner Führungsposition unterstellte.
    »Er muss ja nicht für jeden Wagen persönlich gefälschte Plaketten basteln«, grinste Tabori, »hoffe ich jedenfalls für ihn.«
    Er stieg aus und streckte sich. Er merkte erst jetzt, wie müde er war.
    »Kaffee oder Bett?«, fragte Lisa, während sie um den Passat herum auf Tabori zukam.
    Tabori war sich nicht sicher, wie sie das mit dem Bett meinte, die gemeinsam durchzechte Nacht hatte eine Nähe zwischen ihnen hergestellt, wie sie schon lange nicht mehr da gewesen war. Im Übrigen war ihm durch Lisas Affäre mit Lepcke – oder vielmehr seine eigene und unerwartet eifersüchtige Reaktion darauf – plötzlich klar, dass er vielleicht doch mehr von Lisa wollte als die bloße Freundschaft in einer Wohngemeinschaft.
    Lisa stand jetzt direkt vor ihm, sie tippte ihm mit den Fingerspitzen leicht gegen die Stirn: »Irgendjemand zu Hause?«
    Lisas Augen waren im Dämmerlicht wie dunkle Höhlen in dem bleichen Oval ihres Gesichts, er spürte den Luftzug ihrer Bewegung, das Knistern zwischen ihnen war fast greifbar. Als sie den Kopf leicht nach hinten beugte, fühlte er, wie irgendetwas in seinem eigenen Kopf leer lief, als würde die Zeit stehen bleiben und es gäbe nur noch ihn und sie und …
    Er zog die Hände aus den Taschen seiner Jacke – und dann waren plötzlich die Hunde da. Vor Freude wild kläffend kamen sie durch den Garten gejagt, die beiden Rudelchefs voran, und bevor Tabori noch reagieren konnte, hatte Rinty bereits zu seinem Lieblingstrick angesetzt und sprang ihm aus vollem Lauf mit vorgestreckten Vorderpfoten genau in den Bauch.

Weitere Kostenlose Bücher