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Kein Erbarmen

Kein Erbarmen

Titel: Kein Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerold , Haenel
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habt, aber …« Er hatte mit Zeige- und Mittelfinger auf seine Augen gedeutet, und sein Kollege hatte sich vorgebeugt und gesagt: »Du hast übrigens einen Fehler gemacht vorhin! Klaus Schulze, hast du gesagt, das hat uns drauf gebracht. Den Typen gibt’s, der war mal eine große Nummer, aber der hat sein Studio in Ovelgönne, nicht in Steinhude! Haben wir extra per Funk recherchiert!«
    »Unglaublich«, war das Einzige gewesen, was Tabori dazu eingefallen war, »ihr seid echt gut!«
    Als er sich wenig später über den dunklen Parkplatz zu seinem Wagen zurückgetastet hatte, zuckte bereits heftiges Wetterleuchten über den Horizont.
    Der Autotransporter vor Tabori wechselte abrupt auf die rechte Spur und bog haarscharf vor einem LKW auf den nächsten Parkplatz ein. Im Vorbeifahren sah Tabori den grell leuchtenden Fernseher, der auf das Armaturenbrett montiert war und nahezu die ganze Sicht versperrte. Im Radio lief mittlerweile ein neuer Hörerwunsch, »YMCA«, was Tabori nach Simon and Garfunkel durchaus passend empfand.
    Zehn Minuten später war er zu Hause. Er schaltete denMotor und die Scheinwerfer aus und ließ den Passat in die Einfahrt rollen, um die Hunde nicht aufzuwecken. Im Zirkuswagen brannte Licht, hinter dem Fenster lief Warren auf und ab und stieß immer wieder die Arme in die Luft, während er gleichzeitig in irgendeinem schnellen Rhythmus mit dem Kopf ruckte. Tabori brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass Warren tanzte. Als er die Zündung wieder einschaltete und das Fenster öffnete, hörte er gedämpft die unverkennbaren Gitarrenriffs irgendeines alten Stones Songs. Er war irgendwie froh, dass Warren nicht zu YMCA tanzte.
    Er legte den Kopf gegen die Nackenstütze und schloss die Augen. Als Lisa an seine Scheibe klopfte, war er fest eingeschlafen. Er fuhr hoch und stieß sich den Ellenbogen an der Türverkleidung, der Zirkuswagen lag inzwischen im Dunkeln, dafür fiel ein breiter Lichtstreifen aus dem Küchenfenster in den Garten.
    »Wie spät ist es?«
    »Kurz nach eins. Seit wann bist du hier?«
    »Ich weiß nicht, elf, halb zwölf vielleicht. Ich hab nicht auf die Uhr geguckt. – Dein Vater hat getanzt.«
    Lisa verdrehte die Augen.
    »Ich fürchte, unser kleiner Liebling Svenja hat ihm Dope mitgebracht.«
    »War sie da? Svenja, meine ich?«
    »Sie ist noch da. Sie will mit dir reden. Sie hat da ein Heft angeschleppt, von ihren Leuten aus dem besetzten Haus, heißt ›Anti-Mafia‹, so eine Art Sammlung von Aufsätzen zur Wirtschaftskriminalität, und sie meint, das müsste dich interessieren. Aber der Hammer ist, dass es dich vielleicht wirklich interessiert. Zusammen mit dem, was Markus inzwischenrausgekriegt hat, gibt das nämlich vielleicht ein ganz brauchbares Bild. – Lepcke, meine ich«, setzte Lisa hinzu, als sie sah, dass Tabori mit dem Vornamen wieder mal nichts anfangen konnte.
    Unwillkürlich blickte Tabori in den Rückspiegel. Im trüben Schein der Straßenlaterne konnte er Lepckes alten Saab mehr erahnen als wirklich erkennen. Aber es gab keinen Zweifel, vorhin war der Parkplatz noch frei gewesen, Lepcke musste also kurz nach ihm gekommen sein.
    »Willst du sagen, Lepcke sitzt bei uns in der Küche und diskutiert einen Fall, an dem er gerade dran ist, ausgerechnet mit Svenja?«, fragte Tabori ungläubig. »Das ist gegen jede Vorschrift …«
    Lisa zuckte mit den Schultern.
    »Ich glaube, seit sie versucht haben, ihn stillzustellen, ist ihm das alles egal. Sie sitzen jedenfalls beide in der Küche und warten auf dich. Keine Ahnung, wieso Markus nicht schon eher gesagt hat, dass du da bist, aber er ist sowieso völlig durch den Wind. Wo warst du überhaupt den ganzen Abend? markus sagt, du wärst nach der Beerdigung einfach verschwunden …«
    »Ich habe jemanden besucht.«
    Lisa wartete einen Moment, dann sagte sie: »Gut, dass wir darüber gesprochen haben, dann weiß ich wenigstens Bescheid.«
    Tabori schüttelte den Kopf.
    »Es ist kompliziert, ich weiß auch nicht. Er hat mich immerzu ›Deggi‹ genannt, das hat er früher schon, und da hat es mich auch schon immer geärgert. Keiner sonst hat mich so genannt. Als ob wir die besten Freunde überhaupt gewesenwären, oder immer noch sind. Keine Ahnung, ob ich ihm trauen kann! Eigentlich halte ich ihn für ein ausgemachtes Dreckschwein, aber …«
    »Interessant.« Lisa lachte. »Deggi, nicht schlecht, muss ich mir merken. – Und von wem reden wir gerade?«
    »Ich brauche Zeit, um nachzudenken.«
    »Und du willst nicht

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