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Kein Erbarmen

Kein Erbarmen

Titel: Kein Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerold , Haenel
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ich offensichtlich nie kapiert habe, ist, dass es dir immer nur um dich geht, dich interessieren andere Leute doch überhaupt nicht, und du hast keine Ahnung von mir oder irgendjemand anderem, du weißt nichts! Du hast über zehn Jahre mit mir gearbeitet, aber du hast nichts begriffen. Ich habe immer nur den nützlichen Idioten für dich spielen dürfen, mehr nicht.« Lepcke brach abrupt ab, aber als Tabori etwas sagen wollte, hob er die Hand. »Das ist doch alles Scheiße. Und wir haben es doch eben gerade erst gesehen, du hast doch gedacht, ich wäre schon wieder mit irgendeiner neuen Mieze im Bett, obwohl ich eigentlich mit Lisa … vergiss es. Ich bin nicht der, für den du mich offensichtlich hältst, ich bin kein Typ, dem alle anderen am Arsch vorbeigehen, dem jede Freundschaft egal ist, der die Frauen wechselt wie …«
    »Entschuldigung«, unterbrach ihn Tabori in dem Versuch, sich zu rechtfertigen. »Was hättest du denn eben gedacht an meiner Stelle? Aber darum geht es doch auch gar nicht. Okay, ich habe deine Vorwürfe zur Kenntnis genommen, es tut mir leid, wenn du den Eindruck hast, dass ich dich für oberflächlichhalte oder mir an unserer Freundschaft nichts liegt. Das ist nicht so, ganz sicher nicht, im Gegenteil. Aber vielleicht lässt du mich jetzt auch mal erklären, was …«
    Er brach ab, als Lepcke einen Schritt auf das Sofa zu machte und sich auf die äußerste Kante setzte. Um dann doch nur wortlos auf den Fußboden zu starren.
    Er ist völlig neben der Spur, dachte Tabori, und eigentlich will er nichts anderes, als von mir hören, dass wir natürlich Freunde sind. Dass er mir vertrauen kann, obwohl für ihn alles dagegen sprechen muss. Ich habe ihn nie so eingeschätzt, aber er muss mich tatsächlich für eine Art Vorbild halten. Das ich nicht bin und auch nie sein wollte. Aber somit hätte er verdammt noch mal recht mit seinen Anschuldigungen: Ich begreife nichts, ich sehe vielleicht wirklich immer nur die Oberfläche! Und ich mache mir selber etwas vor, wenn ich glaube, dass ich niemals jemanden verletzen würde, weil ich jedem seinen Freiraum lasse und ihm nicht zu nahe komme. In Wirklichkeit schütze ich mich nur selber, weil ich Angst vor Nähe habe, weil ich Angst habe, mich auf jemanden einzulassen. Und wenn das auf Lepcke zutrifft, dann genauso auch auf Lisa. Und auf jeden anderen, mit dem ich zu tun habe. Warren. Svenja. Womöglich sogar Heinisch. Ich stoße Leute vor den Kopf und merke es überhaupt nicht …
    »Du verarschst mich«, sagte Lepcke leise.
    »Tu ich nicht«, antwortete Tabori.
    Inga kam aus dem Badezimmer, immerhin zumindest in Unterwäsche. Sie schüttelte ihre noch feuchten Haare und band sich einen Pferdeschwanz. Tabori meinte, jetzt in ihren Gesichtszügen eine deutliche Ähnlichkeit mit Lepcke zu entdecken.Er hatte nicht gewusst, dass Lepcke eine Schwester hatte. Er wusste so vieles nicht.
    »Ich zieh mir schnell was über und hol Brötchen, okay?«, fragte Inga.
    »Für mich nicht, danke«, antwortete Tabori.
    »Für mich auch nicht, mir ist der Appetit vergangen«, kam es umgehend von Lepcke.
    Inga tippte sich an die Stirn.
    »Genauso habe ich mir immer einen schönen Sonntagmorgen mit meinem Bruder und seinem besten Freund vorgestellt!«
    Zwei Minuten später hörten sie die Wohnungstür zufallen. Noch mal zehn Minuten darauf war Tabori immer noch dabei, die wesentlichen Punkte zusammenzufassen, die Lepcke noch nicht kannte, vor allem seine Geschichte mit Heinisch. Er hatte einfach angefangen zu reden, in der Hoffnung, dass irgendetwas davon bei Lepcke ankommen würde. Und Lepcke mit den neuen Informationen zu konfrontieren, war allemal einfacher, als über ihr offenkundiges Problem miteinander zu reden. Außerdem hoffte Tabori, dass das eine auch das andere klären würde, für den Moment jedenfalls. Wenn er es richtig einschätzte, war es auch für Lepcke einfacher so.
    Lepcke hörte schweigend zu, auch als Tabori die Verschwörungstheorie von Heinisch wiedergab. Erst als er jetzt versuchte, das Fazit zu formulieren, das er für sich daraus gezogen hatte, hakte Lepcke ein.
    »Du weißt, was das bedeuten würde, oder? Selbst wenn du recht hast und wir den Täter tatsächlich im inneren Kreis der Hundeausbildung vermuten können, haben wir doch immerhin eine Information, die wir nicht einfach unter denTisch fallen lassen können. Mann, da mache ich nicht mit! Was ist denn unsere Aufgabe als Polizisten? Dass wir in dem Moment, wo es ein bisschen über unseren

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