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Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Gesicht. »Ich weiß; die Aussage der Bäuerin. Aber die muß mich verwechselt haben; kein Wunder, auf die Entfernung.«
    »Hat sie nicht.« Matzbach betrachtete den Abgeordneten, ohne einen Gesichtsmuskel zu bewegen. »Mir sind noch ein paar Sachen aufgefallen, als ich Ihre Biographie und ein paar, eh, Unterlagen durchgeblättert habe.«
    »Unterlagen?« Auerberg runzelte die Stirn. »Was ist Ihnen da angeblich aufgefallen? Und was für Unterlagen?«
    Matzbach machte eine wischende Armbewegung. »Egal. Bleiben wir bei den wichtigen Dingen. In jenem Jahr des Unheils wurde die arme Martha Ende August im See gefunden. Schwanger. Ende Oktober haben Sie geheiratet. Eine reiche Frau, Herr Auerberg, erleichtert einem das Leben, nicht wahr?«
    Auerberg schwieg; er lächelte kaum merklich.
    »Sie kann einem die Karriere finanzieren. Sie kann einem auch das nötige Kleingeld geben, um Erpresser zu befriedigen. Sie hätte das alles aber kaum getan, wenn da plötzlich eine schwangere Martha aufgetaucht wäre.«
    »Halten Sie sich doch einfach an Dengler«, sagte Auerberg. »Er hatte was mit ihr. Und heute ist er fett, aber damals sah er mir sehr ähnlich.«
    »Oder Sie ihm.«
    Auerberg schnaubte leise.
    »Die Bäuerin ist sicher, daß Sie derjenige waren, der mit dem Mädchen zum See gegangen ist. Sie wußte nicht genau, warum – irgendwas an der Haltung oder im Gang. Aber da sind noch zwei Dinge. Drei, genauer. Katholische Knaben, die was Böses getan haben, hören auf ihr Gewissen und fragen nicht so ganz genau, wie es denn rausgekommen ist, oder?«
    »Was soll das nun wieder?«
    »Gleich. Erst das andere – wie gesagt, der Gang. Und Dengler ist seit Geburt rechts taub. Deshalb läßt er immer alle, mit denen er redet, links von sich sitzen oder gehen. Die Bäuerin hat aber gesehen, daß der Mann den rechten Arm um da Mädchen gelegt hatte; und die beiden haben geredet.«
    Auerberg seufzte. »Na und?«
    »Drittens, und das ist das Wichtigste – die jungen, katholisch erzogenen Herren Dengler und Auerberg hatten beide gesündigt und haben deshalb beide eine bestimmte Frage nicht gestellt.«
    »Welche denn?« Die Tür öffnete sich; vom Flur trat Frau Auerberg ein, ebenfalls in Nachtgewand und Morgenrock.
    »Muß das sein?« sagte Auerberg. »Geh doch zu Bett, Liebes; das ist alles Unsinn hier.«
    »Aber eine Sorte Unsinn, die ich hören möchte.«
    Matzbach zuckte mit den Schultern. »Bitte sehr. – Die entscheidende Frage lautet, wer denn der Vater des ungeborenen Kindes ist. Da beide ein schlechtes Gewissen haben, fragt keiner genau nach der Zeit. Laut Obduktion war Martha im fünften Monat. Das war Ende August. Nehmen wir einen kleinen Spielraum für medizinische Irrtümer und ungewöhnliche Entwicklung des Kindes an, aber in jedem Fall muß das Kind zwischen Mitte April und Anfang Mai gezeugt worden sein. Richtig?«
    Auerberg schwieg, Frau Auerberg nickte knapp. Ihre Augen hingen an ihrem Mann; ihr Mund war ein Strich.
    »Zu diesem Zeitpunkt, genauer: von Mitte oder Ende März bis Anfang Juni, war Dengler in den USA, zum Studium. Es war tatsächlich
Ihr
Kind, Auerberg. Und Martha war wohl ein lockeres Vögelchen, nicht wahr? Nicht der Typ, der aus katholischer Verzweiflung ins Wasser geht. Ich nehme an, Sie haben Martha untergetaucht, Ende August einundsiebzig, damit Sie im Oktober einundsiebzig Ihre heutige Frau samt ihrem Geld heiraten konnten. Madame, seit wann hinkt Ihr Mann?«
    »Hab ich Ihnen doch gesagt«, sagte Auerberg. Er sah seine Frau an. »Seit achtundsechzig.«
    Sie musterte ihn nachdenklich. »Spielt das eine Rolle?«
    »Tut es«, sagte Matzbach. »Den ersten Teil haben Sie nicht mitgekriegt, also wiederhole ich. Das Mädchen wurde mit einem Mann gesehen, auf dem Weg zum See. Der Mann ging links von ihr. Der andere Kandidat, Dengler, ist seit seiner Geburt rechts taub und geht grundsätzlich immer rechts von seinen Begleitern. Ihr Mann hört auf beiden Ohren. Und die Zeugin sagt, der Mann, wer immer es war, hat nicht gehinkt.«
    Auerberg starrte seine Frau an; sie blickte von ihm weg und sah in Matzbachs Gesicht. »Er hinkt seit neunzehnhundertdreiundsiebzig«, sagte sie ruhig. »Ein Reitunfall auf dem Gut meines Onkels, im Allgäu. Damals haben wir dort ein paar Tage Ferien gemacht.«
    Auerberg schloß die Augen. »Was wollen Sie, Matzbach? Noch mehr Geld? Beweisen können Sie nichts.«
    Matzbach schüttelte den Kopf. »Sie haben mich ausreichend bezahlt; außerdem bin ich unbestechlich. Und wer fragt

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