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Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Titel: Kein Kanadier ist auch keine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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Ärger mit Kunden, die nichts mehr bei ihm kaufen wollten, wenn sie feststellten, dass seine Frau Elizabeth eine Indianerin war. Doch Grant Stuart konnte es sich leisten, auf solche Kunden zu verzichten.
    Mit dem Einsetzen der Pubertät wurde sich John seiner Herkunft bewusst und er ging oft zurück ins Reservat, um mit den alten Weisen zu sprechen und mehr über seine Vorfahren zu lernen.
    „ Joe ist der Chief dieser Sippe“, erklärte John.
    „ Chief? Du meinst Häuptling?“
    „ Ja, in den alten Tagen wäre er das gewesen. Heute ist er mehr so etwas wie ein Bürgermeister. Außer sich um die Angelegenheiten der Sippe zu kümmern, muss er sich auch noch mit der weißen Regierung herumschlagen.“
    Sie sah sich um und formulierte im Geiste bereits ihre nächste vorsichtige Frage. Doch zunächst wollte sie wissen, was genau Joe mit der weißen Regierung zu tun hatte.
    „ Sie fangen langsam an, Entschädigung an die Indianer zu zahlen“, erklärte er. „Das Geld muss verwaltet und teilweise an die Bewohner des Reservates ausgezahlt werden. Letztes Jahr haben wir alle pro Kopf eintausend Dollar bekommen.“
    Sandras Kiefer klappte herunter.
    „ Eintausend Dollar? Wofür?“
    „ Für das Töten und Foltern unserer Vorfahren, das Stehlen des fruchtbaren Landes, Versklavung und das Trennen von Familien, das Verbieten der alten Religion und Sprache ...“
    Er hielt inne, als er sah, wie die Farbe aus Sandras Gesicht wich.
    „ Aber ... aber ... ist das nicht eine lächerliche Summe? Was kann man schon mit eintausend Dollar wieder gutmachen?“
    John nickte.
    „ Eine von Joes Aufgaben ist es sich gegen so etwas aufzulehnen. Aber das ist schwierig. Sie haben nicht mal eine vernünftige Verwaltung hier. Zwar haben sie jetzt Internet-Anschluss, aber kaum einer kann mit einem Computer umgehen. Viele sind Analphabeten. Es gibt keine Hilfe von außen, keine Lobby, die für die Indianer kämpft. Zwar gibt es offizielle Indianerbeauftragte, aber die erreichen auch nicht viel, denn sie müssen sich auch an die bestehenden Gesetze halten.“
    „ Mein Gott“, sagte sie und sah sich noch einmal um. Das Reservat lag malerisch inmitten der dunklen Wälder und im Hintergrund sah man die zackigen schneebedeckten Gipfel der Rocky Mountains. Ein geschotterter breiter Feldweg über mindestens fünfzehn Kilometer hatte sie dorthin geführt. Joes Haus war eine simple Holzkonstruktion, die schon lange keinen neuen Anstrich mehr gesehen hatte. Die meisten Häuser sahen so aus. Alt, heruntergekommen und traurig. Es gab keine Vorgärten oder Hinterhöfe, alles war offen und rein zweckmäßig zum Wohnen angelegt. Keine Bepflanzungen der schönen Optik wegen, sondern lediglich Behausungen entlang der ausgefahrenen Wege.
    „ Und warum werden hier keine Straßen gebaut? Bürgersteige? Kanalisation? Diese Feldwege müssen sich bei Tauwetter in Matschlawinen verwandeln“, vermutete Sandra.
    „ In der Tat“, antwortete John. „Es ist aber kein Geld da für Straßenbeläge.“
    „ Aber wenn die Reservate doch von den Weißen eingerichtet wurden, warum sorgen die dann nicht für solche Dinge? Kanada ist doch ein reiches Land, oder?“
    John nickte. „Reich ja, aber eben nur der weiße Teil. Die Reservate gehören den Indianern selbst und wenn sie kein Geld haben, sie ordentlich zu pflegen, dann ist das allein deren Sache.“
    „ Unglaublich“, murmelte Sandra. „Und von was leben die Leute hier?“
    „ Da in dieser steinigen Gegend nichts wächst, züchten einige Pferde, und da hier selten Touristen herkommen, lebt der Rest von der Wohlfahrt.“
    Sie musste fassungslos aussehen, denn John lachte auf.
    „ Ja, es sieht nicht rosig aus für diese Leute, aber sie haben eigene Schulen und versuchen mit dem Lebensstil der Weißen mitzuhalten. Aber das geht eben nur sehr schleppend voran. Nicht alle sind jedoch der Verzweiflung anheim gefallen. Der Zusammenhalt ist groß und die Leute helfen sich gegenseitig, wo sie nur können.“
    Er zwinkerte ihr zu, als wolle er ihr Mut zusprechen.
    „ Nun ja, für mich sieht es hier ziemlich verzweifelt aus.“
    Bevor John etwas sagen konnte, bat Joe sie ins Haus. Es roch leicht nach Moder und der letzten gekochten Mahlzeit, aber es war warm und sauber, wenn auch vorsintflutlich möbliert. Der Holzboden knackte unter ihren Schritten und ausgedünnte alte Teppiche, womöglich noch aus englischen Besatzungsbeständen, markierten die oft gelaufenen Wege im Haus.
    Sie setzten sich auf eine abgewetzte

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