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Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Titel: Kein Kanadier ist auch keine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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erledigen heute und müsse sich nun auf ein Gespräch mit der Indianerbehörde vorbereiten. Sie verließen das Haus und gingen über die gefrorene Matschstraße zum Auto zurück. Der Tag war kalt und die Luft roch nach Nadelbäumen, geradezu köstlich nach dem Mief in Joes Haus.
    „ John, bist du mit Joe verwandt?“
    John lächelte. „Joe ist der Bruder meiner Mutter, also mein Onkel.“
    „ Oh. Dann könntest eines Tages du der Chief werden, oder?“
    John lachte auf. „Meine Mutter hat zwölf Geschwister und die haben alle jede Menge Kinder. Ich glaube nicht, dass der Posten auf mich übertragen wird.“
    „ Würdest du es denn machen wollen?“
    Er schaute von der Autotür hoch, die er eben aufschließen wollte.
    „ Ich weiß nicht recht. Ich glaube nicht. Das Ganze ist ziemlich frustrierend.“
    Das konnte sie sich vorstellen. Trotzdem war es aufregend, sich vorzustellen, dass sie mit dem Neffen eines Häuptlings zusammenlebte. In einer anderen Zeit hätte sie sicher stolz auf diesen Fang sein können. Innerlich lächelnd stieg sie ins Auto und warf John ab und zu einen bewundernden Blick zu. Ihr Titelbildheld hatte sich soeben von einem Piraten in einen stolzen Indianer mit nackter Brust und üppigem Federschmuck verwandelt.
    Dunkle Wolken, die eine heftige Schneelast zu halten schienen, näherten sich bedrohlich schnell, und sie wollten heute noch einkaufen gehen. Zwar war es Sonntag, doch die Geschäfte waren dennoch offen. Ein Service, an den sie sich schnell gewöhnt hatte. Heute würde es besonders voll sein, denn gestern war Zahltag gewesen und die meisten Leute gingen nur einmal im Monat groß einkaufen, am oder gleich nach dem Zahltag. Besonders Indianer aus den umliegenden Reservaten und Menschen, die weit außerhalb lebten, strömten dann in die Städte, um die Vorräte aufzufüllen. Auf den Andrang vorbereitet dauerte es trotzdem nicht lange an den Kassen, obwohl die Leute zum Teil mit drei riesigen Einkaufswagen, voller als voll, anstanden.
    „ Meinst du, ich könnte mich nützlich machen, im Reservat meine ich?“
    John runzelte die Stirn, und schaute wieder auf die holprige Straße.
    „ Wie meinst du das?“
    „ Ich könnte mit meinem Laptop behilflich sein. Wenn Joe Briefe und Anträge schreiben muss oder so. Sie haben bestimmt keine Sekretärin, oder?“
    John schüttelte den Kopf und dachte darüber nach.
    „ Ich kann ihn gern fragen. Würde dir das Spaß machen?“
    „ Oh ja. Und irgendwer muss diesen Leuten doch helfen.“
    „ Spricht da dein Mitleid oder hast du echtes Interesse daran? Auf Mitleid reagieren sie nämlich nicht so gut.“
    Sie schenkte ihm einen schrägen Seitenblick.
    „ Natürlich meine ich es ernst. Und nicht nur aus Mitleid.“
    „ Okay. Dann werde ich ihn fragen.“ Er schwieg eine Weile. Das Auto hüpfte auf und ab und suchte sich seinen Weg durch die tiefen Schlaglöcher. „Du musst aber auf einiges gefasst sein, wenn du in einem Reservat arbeitest. Es gibt eine Menge soziales Elend mit anzusehen. Und meistens steht man dem machtlos gegenüber.“
    Das hatte sie sich bereits gedacht. Aber hier bestand die Möglichkeit der echten Hilfe, was sie nicht ungenutzt vorbeigehen lassen wollte. Anonyme Spenden für Minderheiten waren eine gute Sache, aber persönliche Hilfe fühlte sich schon ganz anders an. Man konnte das Resultat selbst sehen.
    „ Das ist wirklich lieb von dir“, sagte John in ernstem Ton. „Ich bin sicher, er wird deine Hilfe annehmen.“
     
    Sie stand im Schlafzimmer und suchte im geräumigen Einbauschrank nach einer Bluse, die sie im Büro anziehen wollte. John lief nackt im Zimmer umher, die Zahnbürste in der Hand und nach seinen Jeans suchend. Sie hatte Mühe ihre Blicke auf den Schrank zu konzentrieren. Seine Nacktheit änderte nichts an der selbstsicheren Art, sich zu bewegen, und sie genoss es, ihn zu beobachten. Das Gefühl ihn erobert zu haben breitete sich weich und warm in ihr aus. Er gehörte ihr, mit Haut und Haaren. Sie seufzte glücklich, drehte sich um und hob Johns Pullover auf, den er am Abend auf den Boden hatte fallen lassen. Sie warf ihn in den Wäschekorb im Bad. Als sie aus dem Bad kam, stand eine Adonis-Statue mit einer Zahnbürste im Mundwinkel vor ihr. Sandra lachte auf.
    „ Was ist los? Bist du auf den Zünder einer Bombe getreten?“
    John nahm die Zahnbürste aus dem Mund.
    „ Nichts. Ich bin nur erstaunt. Ich hatte erwartet, dass du motzt, weil meine Sachen überall rumliegen.“
    Sie runzelte die

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