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Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Titel: Kein Kind ist auch (k)eine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Wolf
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ich leben in einer Frauen-WG.«
    Wir schauten beide nach unten. Sie war mir hinterhergelaufen und sah uns jetzt mit ihren großen Knopfaugen an. Die Geräusche des Hafens drangen zu uns herüber. Es war zwar schon nach 22 Uhr, aber für einen frühen Maiabend immer noch recht warm.
    Wir unterhielten uns noch eine Weile. Er arbeitete für ein Einrichtungshaus und war viel unterwegs, auf Messen, im Ausland, immer auf der Suche nach dem neuesten Trend.
    »Nur bei dem Trend – da drinnen«, er nickte in Richtung Wohnzimmer, wo man es sich inzwischen auf der Couch bequem gemacht hatte, »da mach ich nicht mit!«
    »Und warum nicht?«
    »Eine schwangere Frau, schau dir das doch mal an!« Er wies mit dem Glas in seiner Hand auf Judith, die im Schneidersitz auf dem Teppich saß und immer noch recht unentspannt wirkte – schließlich war sie gegen das Impfen. »Findest du das schön? Die kommt doch nie wieder richtig in Form. Und dann ist es auch noch ihre zweite Schwangerschaft! Mit ihrem Kerl möchte ich nicht tauschen. Danke.«
    Schade, ich wollte gerade anfangen, dich mehr als nur etwas sympathisch zu finden, dachte ich und schwieg. Doch dann kam es noch schlimmer.
    »Ich sag es mal ganz ehrlich. Sex ist einfach wichtig für mich, und mit einer schwangeren Frau kann man schon lange vor der Geburt und was weiß ich wie lange hinterher nicht mehr schlafen. Also, nicht so richtig.«
    Wie schlief man denn richtig miteinander?
    Ich schaute in mein leeres Glas und wollte die Chance nutzen hineinzugehen, aber er war noch nicht am Ende.
    »Und wenn wir schon dabei sind: Weißt du, wie es sein soll, mit einer Frau zu schlafen, die ein Kind bekommen hat?« Er schaute mich an und unterdrückte ein Lachen. Es würde nur noch wenige Sekunde dauern, und er würde losprusten.
    »Nein, da muss ich passen. In solch einer Situation war ich bisher noch nicht.«
    »Dann sag ich es dir mal. Das ist so, als ob man eine Wurst in die Turnhalle wirft!« Er hielt sich an der Balkonbrüstung fest und lachte schallend los.
    Das hatte er jetzt nicht gesagt, oder? Ich hatte das Gefühl, gerade eine Ladung kaltes Wasser abbekommen zu haben. Was für ein A …
    Hanne schien Phillips Cousin nicht gut zu kennen. Obwohl ich weder schwanger war noch den Plan hatte, es demnächst zu werden, fühlte ich mich in diesem Moment mit allen Frauen auf diesem wundervollen Erdball solidarisch, die ein Kind erwarteten! Ich war in meiner Geschlechtsehre gekränkt, stellte mein Glas auf das Beistelltischchen und ging.
    Drinnen wurde statt mit der Friedenspfeife mit Mousse au Chocolat über die Differenzen beim Thema Impfung hinweggelöffelt. Mir war nicht nach Süßem.
    Hanne sagte ich nichts von dem Inhalt des Gesprächs auf dem Balkon und schob meine Müdigkeit als Grund vor zu gehen.
    Als ich kurze Zeit später frisch geduscht in meinem Bett lag und in meinem iPod nach einer »Drei Fragezeichen«-Folge suchte, stand ich immer noch etwas neben mir, beziehungsweise lag neben mir.
    Ich sollte Andreas dankbar sein für sein frühes Outing als Kotzbrocken. Wer weiß, was sonst passiert wäre. Schlimmstenfalls hätte er sich wochenlang verstellt, ich hätte mich in ihn verliebt, und dann wäre das Erwachen um einiges dramatischer ausgefallen. Danke, Andreas, dass du mir das erspart hast.
    Ich nahm die Kopfhörer und lenkte mich mit dem »Schatten über Hollywood« ab.
    Ganz und gar ausgeschöpft waren meine Männermöglichkeiten ja auch noch nicht. Es gab schließlich noch Marc, der mir zwischenzeitlich auf den Anrufbeantworter gesprochen hatte, nachdem sein Versuch, mich auf dem Handy zu erreichen, erfolglos geblieben war.
    Und es gab Ole, der mir über die Startschwierigkeiten am Montagmorgen hinweghalf. Ich wusste nicht, woran es lag, aber nach unserem Picknick am Freitag gewann Ole von Tag zu Tag. Entweder löste sich langsam ein Schleier von meinen Augen, oder er wurde wirklich auf wundersame Weise jeden Tag ein bisschen interessanter – und attraktiver.
    Es war keine Einbildung, dass er zufälligerweise zum Kaffeeautomaten ging, wenn ich dort stand, oder dass er zu mir kam und fragte, ob ich mit der Zeitung schon durch sei, anstatt sich eine neue vom Haufen im Flur zu nehmen, nur um sich mit mir zu unterhalten. Er lächelte, flirtete, wieselte um mich rum. Mehr tat er nicht. Aber das reichte. Es reichte für ein Herzklopfen und für plötzliche Aussetzer, die einen daran hinderten sich wie ein Mensch mit einem durchschnittlichen IQ zu artikulieren.
    Durch dieses

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