Kein Kuss unter dieser Nummer: Roman (German Edition)
Partyatmosphäre. Es gibt eine Bar, und ein paar Leute tanzen sogar. In der Ecke der Terrasse scheint ein Mann mit einer Fernsehkamera zwei kichernde Mädchen zu interviewen.
»Na, vielleicht haben wir ja Glück.« Ich versuche, zuversichtlich zu klingen.
»Vielleicht.« Sam nickt, aber ich merke, dass er aufgegeben hat.
»Was passiert, wenn wir ihn hier draußen nicht finden?«
»Dann … haben wir es wenigstens versucht.« Sams Miene ist angespannt, doch ganz kurz zeigt sich ein Lächeln. »Wir haben es versucht.«
»Okay. Na, dann lassen Sie es uns tun.« Ich bemühe mich um meine allerbeste, motivierende Stimme, als wollte ich ihn davon überzeugen, dass er seine Hüfte bestimmt irgendwann wieder bewegen kann. »Versuchen wir es.«
Wir treten hinaus, und Sam legt gleich wieder mit der alten Nummer los.
»Hey, Leute! Amüsiert ihr euch? Ich möchte Ihnen Poppy vorstellen, die sich ein bisschen bei uns umsieht – Poppy, das ist James. James, erzählen Sie Poppy doch mal, was Sie so treiben. Und das hier ist Brian und das hier Rhys.«
Es ist weder James noch Brian oder Rhys. Oder Martin oder Nigel.
Alle Namen auf Sams Liste sind abgehakt. Fast möchte ich weinen, als ich sein Gesicht sehe. Schließlich lösen wir uns aus einer Gruppe von Aushilfen, die nicht mal auf der Liste stehen und unmöglich Scottie sein können.
Wir sind durch.
»Ich werde Vicks anrufen«, sagt Sam mit müder Stimme. »Poppy, danke, dass Sie Ihre Zeit geopfert haben. Es war ein dummer Plan.«
»War es nicht.« Ich lege meine Hand auf seinen Arm. »Es … hätte klappen können.«
Sam blickt auf, und einen Moment lang stehen wir nur da.
»Sie sind sehr freundlich«, sagt er schließlich.
»Hi, Sam. Hi, Leute!« Die laute Stimme eines Mädchens lässt mich zusammenfahren. Vielleicht bin ich etwas empfindlich, weil ich so sorgfältig darauf achte, wie die Menschen sprechen, aber bei dieser Stimme stehen mir die Haare zu Berge. Ich drehe mich um und sehe, dass ein quirliges Mädchen mit einem rosa Tuch in den Haaren in Begleitung dieses Kameramanns mit Bürstenschnitt und Jeans zu uns herüberkommt.
Oh-oh.
»Hi, Amanda.« Sam nickt. »Was gibt’s?«
»Wir filmen alle Tagungsteilnehmer«, sagt sie fröhlich. »Nur ein paar kurze Worte. Wir zeigen es beim Galadinner …«
Die Kamera ist voll auf mein Gesicht gerichtet, und ich schrecke zurück. Ich sollte gar nicht hier sein. Ich kann auf gar keinen Fall ein paar kurze Worte sagen.
»Egal was«, drängt mich Amanda. »Eine persönliche Nachricht, ein Witz …« Sie konsultiert ihre Liste, wirkt ratlos. »Tut mir leid, ich weiß nicht, in welcher Abteilung Sie sind …«
»Poppy ist zu Gast bei uns«, sagt Sam.
»Oh!« Die Stirn des Mädchens glättet sich. »Wunderbar! Ich sag Ihnen was: Als Gast könnten Sie doch vielleicht ein paar Fragen beantworten, oder? Was meinst du, Ryan? Kennen Sie Ryan?«, fügt sie an Sam gewandt hinzu. »Er wurde uns für ein halbes Jahr ausgeliehen. Er hat unsere neuen Promo-Filme gedreht. Hey, Ryan, mach ein Close-up! Poppy ist unser Special Guest !«
Was? Ich bin kein Special Guest. Am liebsten würde ich mich verdrücken, bleibe aber wie gebannt vor der Kamera stehen.
»Sagen Sie einfach, wer Sie sind, und Ryan stellt Ihnen Fragen!«, sagt das Mädchen gut gelaunt. »Also, verraten Sie uns Ihren Namen …«
»Hi«, sage ich widerwillig in die Kamera. »Ich bin … Poppy.« Das ist doch blöd. Was soll ich über eine Tagung von Leuten sagen, die ich gar nicht kenne?
Vielleicht sage ich ein paar kurze Worte zu Willow.
Hey, Hexe Willow! Du denkst, ich spaziere hier mit deinem Freund herum, nicht? Tja, falls du es noch nicht wissen solltest: Er ist gar nicht mehr dein Freund.
Bei dem Gedanken schnaube ich kurz, und Amanda lächelt mich aufmunternd an.
»Sehr gut! Ganz locker! Ryan, willst du mit dem Interview loslegen?«
»Klar. Also, Poppy, was halten Sie bisher von dieser Tagung?«
Die hohe, dünne Stimme, die hinter der Kamera hervorkommt, trifft meine Ohren wie ein Stromschlag.
Das ist er.
Das ist die Stimme, die ich am Telefon gehört habe. Dieser Mensch, der hier gerade mit mir redet. Dieser Typ mit dem Bürstenschnitt und der Kamera auf der Schulter. Das ist er.
»Haben Sie Spaß?«, fragt er, und mein Kopf will förmlich explodieren. Die Erinnerung an seine Stimme am Telefon wird wieder wach, wie bei einer Zeitlupenwiederholung im Fernsehen.
Hier ist Scottie. Alles erledigt. Es war ein chirurgischer Eingriff.
»Welche Rede
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