Kein Kuss unter dieser Nummer: Roman (German Edition)
Also keine besonders breite Palette.
83 Magnus treibt es mit Professor Wilson? Nein. Bestimmt nicht. Die hat einen Bart.
84 Aber abgesehen davon: Inwiefern bin ich in ihrem Leben aufgetaucht?
85 Und mein Level ist bei diesem Thema schon normalerweise nicht gerade hoch.
86 Ich glaube, sie kann. Es ist eine Frage des Timings.
87 Wieder kein Punkt für Antony Tavish.
DREIZEHN
A m nächsten Morgen steht es in allen Zeitungen. Es macht Schlagzeilen. Sobald ich hoch war, bin ich raus zum Kiosk und habe alle Zeitungen gekauft, die sie hatten.
Ich finde Fotos von Sir Nicholas, Fotos vom Premierminister. Fotos von Sam, Fotos von Ed Exton, sogar ein Foto von Vicks in der Daily Mail . Die Schlagzeilen sind voll von »Korruption« und »Verleumdung« und »Glaubwürdigkeit«. Das Memo ist in ganzer Länge abgedruckt, überall, und es gibt ein offizielles Zitat aus der Downing Street, dass Sir Nicholas seinen Posten als Regierungsberater überdenkt. Es gibt sogar zwei verschiedene Karikaturen von Sir Nicholas mit Tüten voller Geld, auf denen »Glück« geschrieben steht.
Aber Sam hat recht: Offenbar herrscht einige Verwirrung. Manche Journalisten glauben, Sir Nicholas hätte das Memo selbst verfasst. Andere glauben das Gegenteil. In einer Zeitung schreibt der Chefredakteur, dass Sir Nicholas ein arroganter Fatzke sei, der schon immer bestechlich gewesen wäre. In einer anderen steht, dass Sir Nicholas für seine Glaubwürdigkeit und Zurückhaltung bekannt sei und das Memo unmöglich geschrieben haben könne. Wenn Sam ein großes Fragezeichen ins Spiel bringen wollte, dann ist ihm das definitiv gelungen.
Ich habe ihm heute Morgen eine SMS geschrieben:
Alles okay?
Aber ich habe keine Antwort bekommen. Ich schätze, er ist wohl zu beschäftigt. Gelinde gesagt.
Ich selbst fühle mich wie ein Wrack. Gestern Abend war ich noch so aufgedreht, dass ich Stunden brauchte, um einzuschlafen. Und als ich dann um sechs Uhr aufwachte, saß ich sofort senkrecht im Bett und griff mit Herzklopfen nach meinem Handy. Magnus hatte drei Worte geschrieben:
Amüsiere mich prächtig. M xxx
Amüsiere mich prächtig. Was sagt mir das? Nichts.
Er könnte sich prächtig darüber amüsieren, dass ich von seiner heimlichen Geliebten keine Ahnung habe. Andererseits könnte er sich prächtig amüsieren, indem er sich keusch auf ein Leben in monogamer Treue freut, und keine Ahnung hat, dass Clemency irgendetwas falsch verstanden hat, was Lucinda und ihn angeht. 88 Oder vielleicht könnte er sich auch prächtig amüsieren, weil er gerade beschlossen hat, dass er nie wieder untreu sein will und es schrecklich bereut und mir alles beichten will, sobald er wieder da ist. 89
Ich komme nicht damit zurecht. Ich brauche Magnus hier, in diesem Land, in diesem Zimmer. Ich muss ihn fragen: »Hast du mich mit Lucinda betrogen?«, um zu sehen, was er sagt, und vielleicht kommen wir dann weiter, und ich kann mir überlegen, was ich tun will. Bis dahin hänge ich in der Luft.
Als ich mir noch einen Becher Tee machen will, sehe ich mich im Flur im Spiegel und zucke zusammen. Meine Haare sind eine Katastrophe. Meine Hände sind vom Zeitunglesen voller Druckerschwärze. Mein Magen ist übersäuert, und meine Haut sieht abgespannt aus. So viel zu meiner vorhochzeitlichen Schönheitsdisziplin. Meinem Plan nach hätte ich gestern Abend eine Feuchtigkeitsmaske auflegen sollen. Ich habe mich nicht mal abgeschminkt.
Ursprünglich hatte ich mir den heutigen Tag für Hochzeitsvorbereitungen aufgespart – aber jedes Mal, wenn ich daran denke, krampft sich mein Innerstes zusammen, und ich möchte am liebsten weinen oder jemanden anschreien. (Also Magnus.) Aber es hat ja keinen Sinn, den ganzen Tag hier herumzusitzen. Ich muss raus. Ich muss irgendwas machen. Nachdem ich ein paarmal an meinem Tee genippt habe, beschließe ich arbeiten zu gehen. Ich habe keine Termine, allerdings einiges an Schreibkram aufzuholen. Und zumindest zwingt es mich zu duschen und mich zusammenzureißen.
Ich bin die Erste und sitze in aller Stille da, blättere in Patientenakten herum, lasse mich von der Monotonie der Arbeit trösten. Was ungefähr fünf Minuten funktioniert, bis Angela zur Tür hereingeschlurft kommt und anfängt herumzuklappern, ihren Computer anknipst und Kaffee macht und den Fernseher an der Wand anstellt.
»Muss das sein?« Bei dem Lärm verziehe ich das Gesicht. Ich fühle mich, als wäre ich verkatert, obwohl ich gestern Abend kaum übermäßig viel getrunken habe, und
Weitere Kostenlose Bücher