Kein Kuss unter dieser Nummer: Roman (German Edition)
erleichtert, dass ich fast weinen muss. Sie haben ihn gefunden! Sie haben ihn gefunden!
Meine Finger zittern, als ich die Tastensperre entferne. Meine Gedanken galoppieren voraus. Eine Putzfrau hat den Ring am frühen Morgen gefunden, weil er einen Staubsauger verstopfte … hat ihn in der Toilette gefunden … sah ihn auf dem Teppich blitzen … und jetzt liegt er sicher im Hotelsafe.
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Ich sinke auf dem Bett zurück, bleiern vor Enttäuschung. Ganz zu schweigen von der Wut auf denjenigen, der mich auf die Mailingliste gesetzt hat. Wie konnten die so was tun? Machen die sich etwa über meine Neurosen lustig?
Gleichzeitig rumort eine grausame Erkenntnis in mir. Weitere acht Stunden sind vergangen, seit ich den Ring verloren habe. Je länger er nicht gefunden wird …
Was ist, wenn …
Ich bringe meinen Gedanken nicht zu Ende. Abrupt steige ich aus dem Bett und tappe in die Küche. Ich mache mir einen Becher Tee und leite noch ein paar Nachrichten an Sam Roxton weiter. Das bringt mich auf andere Gedanken.
Das Handy summt schon wieder mit Kurznachrichten und E-Mails, also stelle ich den Wasserkocher an, hocke mich auf den Stuhl am Fenster und scrolle durch die Nachrichten. Ich versuche verzweifelt, mir keine Hoffnungen zu machen. Und tatsächlich sind die Nachrichten allesamt von Freundinnen, die fragen, ob ich den Ring wiederhabe, oder Vorschläge machen wie zum Beispiel, ob ich schon in den Seitenfächern meiner Handtasche nachgesehen habe.
Von Magnus ist keine Nachricht gekommen, obwohl ich ihm gestern Abend zwei SMS geschickt habe, um mich zu erkundigen, was seine Eltern denn noch so über mich gesagt haben und wann er es mir denn eigentlich erzählen wollte und wie ich ihnen jetzt gegenübertreten soll und ob er mich eigentlich bewusst ignoriert. 22
Schließlich widme ich mich Sams Nachrichten. Offensichtlich hat er die E-Mail-Weiterleitung noch nicht einrichten lassen, denn da sind ungefähr fünfzig Stück, nur von heute Nacht und heute Morgen. Junge, Junge. Er hatte recht. Anscheinend organisiert ihm seine Assistentin tatsächlich das ganze Leben.
Ein wahres Sammelsurium. Sein Arzt, Kollegen, Spendenanfragen, Einladungen … es ist wie eine Hauptstraße zu Sams Universum. Ich kann sehen, wo er seine Hemden kauft (Turnbull & Asser). Ich kann sehen, welche Uni er besucht hat (Durham). Ich kann sehen, wie sein Klempner heißt (Dean).
Während ich weiterscrolle, wird mir langsam unbehaglich. Noch nie hatte ich solchen Zugang zu einem fremden Handy. Nicht mal zu dem von Magnus. Es gibt eben Dinge, die man einfach nicht teilt. Ich meine, Magnus hat jeden Quadratzentimeter meines Körpers gesehen, einschließlich der heiklen Stellen, aber ich würde ihn nie, nie an mein Handy lassen!
Sams Nachrichten mischen sich wahllos unter meine, was sich komisch anfühlt. Ich gehe zwei Nachrichten für mich durch, dann sechs für Sam, dann wieder eine für mich. In meinem ganzen Leben habe ich mir noch nie eine Eingangsbox mit jemandem geteilt. Ich hatte nicht erwartet, dass es sich derart … intim anfühlen würde. Es ist, als würden wir uns plötzlich eine Schublade für Unterwäsche oder so was teilen.
Egal. Kein Problem. Es ist ja nicht für lange.
Ich mache mir meinen Tee und schütte Shreddies in eine Schale. Dann, während ich mampfe, gehe ich schnell die Nachrichten durch, suche die für Sam raus und leite sie weiter.
Ich will ihn nicht ausspionieren oder so. Selbstverständlich nicht. Aber ich muss jede Nachricht anklicken, um sie weiterzuleiten, und manchmal drücken meine Finger eben versehentlich Öffnen, und ich werfe einen Blick auf die Nachricht. Aber nur manchmal.
Offenbar hat nicht nur sein Vater Probleme, mit ihm in Kontakt zu treten. Im Beantworten von E-Mails und Kurznachrichten scheint er wirklich lausig zu sein, denn da sind sehr viele händeringende Anfragen an Violet: »Kann man Sam auf diesem Weg gut erreichen?« »Hi, entschuldigen Sie, dass ich Sie belästige, aber ich habe mehrere Nachrichten für Sam hinterlassen …« »Hi, Violet, könnten Sie Sam mal wegen einer Mail anstupsen, die ich ihm letzte Woche geschickt habe? Ich will Ihnen die Hauptpunkte kurz hier zusammenfassen …«
Es ist nicht so, als würde ich jede einzelne E-Mail ganz durchlesen oder so. Oder weiter runterscrollen, um die bisherige Korrespondenz zu lesen.
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