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Kein Land für alte Männer

Kein Land für alte Männer

Titel: Kein Land für alte Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cormac McCarthy
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Schließlich fuhr er zum Empfang, parkte und ging hinein.
Die Uhr an der Wand des Empfangs zeigte 12 Uhr 42. Der Fernseher lief, und die Frau machte den Eindruck, als hätte sie geschlafen. Ja, Sir, sagte sie. Was kann ich für Sie tun?
Er verließ den Empfang mit dem Schlüssel in der Hemdtasche, stieg in den Ramcharger, fuhr um die Ecke des Gebäudes, parkte, stieg aus und ging zum Zimmer, in der Hand die Tasche mit dem Empfänger und den Waffen.
Im Zimmer stellte er die Tasche auf dem Bett ab, zog seine Stiefel aus und verließ das Zimmer mit dem Empfänger, dem Satz Batterien und der Schrotflinte aus dem Pick-up. Die Schrotflinte war eine halbautomatische Remington Kaliber .12 mit einem Militärschaft aus Kunststoff und geparkertem Lauf. Sie war mit einem selbstgemachten Schalldämpfer versehen, der gut dreißig Zentimeter lang war und den Durchmesser einer Bierdose hatte. Während Chigurh auf Strümpfen die Ramada entlangging, lauschte er auf das Signal.
Er kehrte zu seinem Zimmer zurück und blieb unter dem toten weißen Licht der Parkplatzlampe in der offenen Tür stehen. Dann ging er ins Badezimmer und schaltete dort das Licht an. Er prägte sich die Abmessungen des Raums und die Lage sämtlicher Einrichtungsgegenstände und Lichtschalter ein. Dann tat er das Gleiche im Zimmer. Er setzte sich, zog seine Stiefel an, schnallte sich den Druckluftbehälter auf den Rücken, nahm das über einen Gummischlauch damit verbundene Bolzenschussgerät, ging hinaus und zu dem anderen Zimmer.
Einen Moment lang blieb er lauschend davor stehen. Dann schoss er mit dem Bolzenschussgerät den Schlosszylinder heraus und trat die Tür auf.
Ein Mexikaner in einem grünen Guyabera-Hemd hatte sich auf dem Bett aufgesetzt und griff nach einer neben ihm liegenden kleinen Maschinenpistole. Chigurh schoss dreimal in so rascher Folge auf ihn, dass es wie ein einziger Schuss klang, der den größten Teil seines Oberkörpers auf dem Kopfteil des Bettes und der Wand dahinter verteilte. Die Schrotflinte machte ein merkwürdig tiefes, puffendes Geräusch, wie wenn jemand in ein leeres Fass hustete. Er knipste das Licht an, trat aus der Tür und presste den Rücken an die Außenwand. Er warf einen raschen Blick hinein. Die Badezimmertür war zu gewesen. Nun stand sie offen. Er trat ins Zimmer, feuerte zwei Schüsse durch die offenstehende Tür und einen weiteren durch die Wand und zog sich wieder zurück. Am Ende des Gebäudes war eine Lampe angegangen. Chigurh wartete. Dann warf er erneut einen Blick in das Zimmer. Die Tür war nur noch ein zerfetztes, lose an den Angeln hängendes Sperrholzviereck, und über die Badezimmerfliesen lief ein dünnes Blutrinnsal.
Er trat in die Tür, feuerte zwei weitere Schüsse durch die Badezimmerwand und betrat den Raum mit der Schrotflinte im Hüftanschlag. Der Mann lag, eine AK-47 in den Händen, zusammengesackt an der Badewanne. Er war in Brust und Hals getroffen und blutete kräftig. No me mate, röchelte er. No me mate. Chigurh trat zurück, um nicht von Keramiksplittern der Badewanne getroffen zu werden, und schoss ihm ins Gesicht. Er ging hinaus und blieb auf dem Bürgersteig stehen. Niemand da. Ins Zimmer zurückgekehrt, durchsuchte er es. Er sah im Schrank und unter dem Bett nach, zog sämtliche Schubladen heraus und ließ sie auf dem Boden liegen. Er sah im Badezimmer nach. Moss’ Maschinenpistole lag auf dem Waschbecken. Er ließ sie liegen. Er wischte mit den Füßen auf dem Teppichboden hin und her, um das Blut von seinen Stiefelsohlen zu entfernen, dann ging sein Blick durch das Zimmer und fiel schließlich auf die Belüftung.
Er nahm die neben dem Bett stehende Lampe, ruckte das Kabel aus der Steckdose, stieg auf die Kommode, schlug mit dem metallenen Lampenfuß ein Loch in das Abdeckgitter, zerrte es von der Wand und warf einen Blick in den Schacht. Er konnte die Schleifspuren im Staub sehen. Er stieg von der Kommode und verharrte einen Augenblick lang. An seinem Hemd klebten Blut und Gewebeteilchen von der Wand, und er zog es aus, ging ins Badezimmer zurück, wusch sich und trocknete sich mit einem der Badetücher ab. Dann feuchtete er das Handtuch an, wischte sich damit die Stiefel ab, faltete das Handtuch wieder und wischte sich damit über die Beine seiner Jeans. Er hob die Schrotflinte auf und ging ins Zimmer zurück, nackt bis zur Hüfte, das Hemd zusammengeknüllt in einer Hand. Er streifte sich abermals die Stiefelsohlen am Teppichboden ab, ließ den Blick ein letztes Mal durchs

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