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Kein Lebenszeichen

Kein Lebenszeichen

Titel: Kein Lebenszeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Beruhige dich. Langsam. Denk nach.
    Ich drehte den Kopf zur rechten Handschelle. Die saß nicht so stramm. Ich hatte etwas Spiel. Okay, wenn ich ganz ruhig blieb, konnte ich die Hand vielleicht rausziehen. Das war’s. Ganz ruhig. Die Hand so schmal wie möglich machen und sie da durchzwängen.

    Ich versuchte es. Ich versuchte, meine Hand dünner zu machen. Ich rundete sie, indem ich die Daumenwurzel zur Wurzel des kleinen Fingers schob. Dann zog ich, anfangs vorsichtig, dann kräftiger. Keine Chance. Die Haut staute sich hinter dem Metallring und fing dann an aufzuplatzen. Das war mir egal. Ich zog weiter.
    Es brachte nichts.
    Im Wohnzimmer war es still geworden.
    Ich lauschte angestrengt, versuchte, irgendetwas zu hören. Nichts. Ich rollte meinen Körper zusammen und schnellte mich hoch, was weiß ich, vielleicht damit das Bett mit hoch hüpfte oder irgendwas. Nur ein paar Zentimeter, damit es dann vielleicht beim Aufprall auf dem Boden zerbrach. Wieder schnellte ich hoch. Das Bett verrutschte tatsächlich ein paar Zentimeter. Mehr aber auch nicht.
    Ich war noch immer gefangen.
    Wieder hörte ich Katy schreien. Mit angstvoller, von Panik erfüllter Stimme rief sie: »John …«
    Dann erstickte der Schrei.
    John, dachte ich. Sie hat John geschrien.
    Asselta?
    Der Ghost …
    Nein, bitte, Gott, nein. Ich hörte ein dumpfes Geräusch. Eine Stimme. Vielleicht ein Stöhnen. Ein Geräusch, das in einem Kissen erstickt wird? Mein Herz trommelte wild. Angst erfasste meinen ganzen Körper. Ich warf den Kopf von rechts nach links und suchte nach etwas. Irgendetwas.
    Das Telefon.
    Konnte ich … ? Meine Beine waren frei. Vielleicht konnte ich sie in die Luft strecken und mit den Füßen an den Hörer kommen, so dass er mir in die Hand fiel. Dann könnte ich vielleicht die 911 oder die 0 wählen. Schon streckte ich die Beine
aus. Ich spannte die Bauchmuskeln, hob die Beine und schwang sie nach rechts. Doch ich war noch zu hysterisch. Mein Körpergewicht zog mich nach links. Ich hatte keine Kontrolle mehr über die Beine. Ich legte mich wieder gerade hin, versuchte, mein Gleichgewicht wiederzugewinnen, und als ich das geschafft hatte, kam ich mit dem Fuß ans Telefon.
    Der Hörer rasselte auf den Boden.
    Scheiße.
    Und jetzt? Ich drehte durch. Ich wusste überhaupt nicht mehr, was ich tat. Ich dachte an Tiere, die in Fangeisen festsaßen und sich ein Bein abbissen, um freizukommen. Ich tobte, bis ich vollkommen erschöpft war. Ich wollte schon aufgeben, als mir etwas einfiel, was Squares mir beigebracht hatte.
    Der Pflug.
    So nennt man das. Auf Hindi Halásana. Normalerweise macht man es aus dem Schulterstand. Man legt sich auf den Rücken, klappt die Beine immer weiter über den Kopf und hebt dabei die Hüften immer höher. Irgendwann berührten die Zehen hinter dem Kopf den Fußboden. Ich wusste nicht, ob ich so weit kommen würde, doch das würde ich schon merken. Ich krümmte meinen Bauch und schleuderte die Beine so schnell ich konnte nach oben und nach hinten. Meine Fußballen klatschten gegen die Wand. Meine Brust drückte gegen mein Kinn, so dass mir das Atmen noch schwerer fiel.
    Ich drückte die Beine mit aller Kraft gegen die Wand. Das Adrenalin machte sich bemerkbar. Das Bett rutschte von der Wand weg. Ich drückte weiter, bis ich genug Platz hatte. Gut, okay. Jetzt wurde es schwierig. Wenn die Handschellen zu eng waren, wenn meine Handgelenke sich darin nicht drehen ließen, dann würde ich es nicht schaffen, oder ich würde mir dabei die Schultern auskugeln. Egal.
    Stille. Im Wohnzimmer war es vollkommen still.

    Ich ließ meine Beine auf den Boden fallen. Im Prinzip machte ich auf dem Bett eine Rolle rückwärts. Das Gewicht meiner Beine zog mich herum, und zum Glück drehten sich meine Handgelenke in den Handschellen. Meine Füße schlugen hart auf den Boden. Mein Körper folgte, wobei Oberschenkel und Bauch über das flache Kopfteil schrammten.
    Am Ende stand ich hinter dem Bett.
    Meine Hände waren noch immer gefesselt. Mein Mund war geknebelt, aber ich stand auf den Beinen. Wieder spürte ich einen Adrenalinschub.
    Okay. Und jetzt?
    Keine Zeit. Ich beugte die Knie. Ich senkte die Schulter, bis sie hinter dem Kopfteil war, und schob das Bett mit aller Kraft in Richtung Tür. Meine Beine arbeiteten wie Kolben. Ich bremste nicht. Ich beschleunigte, so stark ich konnte.
    Das Bett knallte gegen die Tür.
    Der Aufprall war ohrenbetäubend. Schmerz schoss mir die Schulter hinab in Arme und Rücken. Etwas knackte

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