Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)
hast es satt, Brian zu begegnen, oder?« Marcia drehte sich zu Sophia um. »Okay, das verstehe ich. Aber es ist eben ein kleiner Campus. Deshalb wird es unvermeidlich sein.«
»Du weißt genau, was ich meine. Er folgt mir. Am Donnerstag stand er schon wieder nach meinem Kurs im Innen hof des Scales Center. Das hat er nie gemacht, als wir noch zusammen waren.«
»Hast du mit ihm gesprochen? Oder hat er versucht, mit dir zu sprechen?«
»Nein.« Sophia schüttelte den Kopf. »Ich bin direkt zur Tür gegangen und hab getan, als hätte ich ihn nicht bemerkt.«
»Also, nichts passiert.«
»Es ist trotzdem unheimlich ...«
»Na und?« Marcia zuckte ungeduldig die Achseln. »Reg dich nicht darüber auf. Er ist ja kein Psychopath oder so. Irgendwann wird er es schon kapieren.«
Sophia blickte zur Seite und dachte, das hoffe ich, aber da sie nicht antwortete, kam Marcia zum Bett und setzte sich neben sie. Sie tätschelte Sophias Bein. »Gehen wir doch mal logisch an die Sache ran, okay? Du hast gesagt, er ruft nicht mehr an und schickt auch keine SMS , richtig?«
Sophia nickte, wenn auch etwas widerstrebend.
»Na, dann wird es Zeit, die Sache abzuhaken und nach vorn zu schauen«, befand Marcia.
»Das habe ich ja versucht. Aber egal, wo ich hingehe, er ist auch da. Ich verstehe einfach nicht, warum er mich nicht in Ruhe lässt.«
Marcia zog die Knie hoch und stützte das Kinn darauf. »Ganz einfach – Brian glaubt, wenn er mit dir reden kann, wenn er das Richtige sagt und dich mit Charme überschüttet, überlegst du es dir noch mal anders.« Sie sah ihre Freundin ernst an. »Sophia, du musst begreifen, dass alle Männer so denken. Sie glauben, sie können sich aus jeder Situation herausreden, und sie wollen immer genau das, was sie nicht haben können. Das ist Männer-Einmaleins.« Sie zwinkerte Sophia zu. »Irgendwann wird er schon ak zeptieren, dass es vorbei ist. Natürlich nur, solange du nicht nachgibst.«
»Ich gebe nicht nach«, sagte Sophia.
»Das ist auch besser. Du warst immer zu gut für ihn.«
»Ich dachte, du magst Brian.«
»Tu ich ja auch. Er ist witzig und gut aussehend und reich – was gibt es daran nicht zu mögen? Wir sind seit dem ersten Jahr auf dem College miteinander befreundet, und wir haben immer noch Kontakt. Aber ich kriege auch mit, dass er als Partner mies ist und meine Freundin betrogen hat. Und das nicht nur ein oder zwei, sondern gleich drei Mal.«
Sophia ließ die Schultern hängen. »Danke, dass du mich daran erinnerst.«
»Hör mal, als deine Freundin bin ich dazu da, dir zu helfen. Also lass ich mir die fantastische Lösung zu all deinen Problemen einfallen: einen Mädelsabend, weg vom Campus. Und du willst ernsthaft hierbleiben?«
Als Sophia nicht antwortete, beugte Marcia sich zu ihr vor. »Bitte! Fahr doch mit. Ich brauche deine Unterstützung.«
Sophia seufzte, sie wusste, wie hartnäckig Marcia sein konnte. »Na gut. Dann komme ich eben mit.« Und wenn sie es in dem Moment auch noch nicht wusste, würde sie sich später immer daran erinnern, dass so alles angefangen hatte.
A ls es allmählich auf Mitternacht zuging, musste Sophia zugeben, dass ihre Freundin recht gehabt hatte. Sie hatte wirklich dringend Abwechslung gebraucht, zum ersten Mal seit Wochen amüsierte sie sich. Immerhin gab es nicht jeden Abend den Duft von Erde, Schweiß und Kuhmist zu genießen, während man wahnsinnigen Männern dabei zusah, wie sie noch wahnsinnigere Tiere ritten. Marcia war der Meinung, dass Bullenreiter vor Sexappeal nur so strotzten, und mehr als einmal hatte ihre Mitbewohnerin sie angestupst, um sie auf ein besonders attraktives Exemplar aufmerksam zu machen, einschließlich des Mannes, der den Wettbewerb gewonnen hatte. »Also, das ist definitiv eine Sahneschnitte«, hatte sie gesagt, und Sophia hatte zustimmend lachen müssen.
Die Party im Anschluss war eine angenehme Überraschung. Die morsche Scheune mit dem Boden aus festgestampfter Erde, Holzwänden, sichtbaren Stützbalken und klaffenden Löchern im Dach war proppenvoll. In dichten Trauben standen die Leute vor den Theken und drängten sich um eine bunt durcheinandergewürfelte Sammlung von Tischen und Stühlen. Zwar hörte Sophia normalerweise keine Countrymusik, aber die Band spielte super, und auf dem improvisierten Tanzboden war kein Zentimeter mehr frei. Ab und zu stellten sich plötzlich alle in einer Reihe auf und begannen einen Line Dance, den offenbar jeder außer Sophia kannte. Es war wie ein Geheimcode;
Weitere Kostenlose Bücher