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Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)

Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)

Titel: Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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gesehen.«
    Sie zuckt die Achseln. »Ist doch dasselbe.«
    Da ist was dran, denke ich. »Ich brauche Wasser.«
    »Nein«, sagt sie. »Erst müssen wir reden. Das hält dich da von ab, dich zu sehr in dein Durstgefühl hineinzusteigern.«
    »Ein Trick.«
    »Ich bin kein Trick. Ich bin deine Frau. Und ich möchte, dass du mir zuhörst.«
    Ich gehorche. Den Blick auf sie gerichtet, entspanne ich mich. Meine Augen fallen endlich zu, und ich habe das Ge fühl, stromabwärts in einem Fluss zu treiben. Bilder kommen und gehen, eins nach dem anderen, während ich vom Wasser vorbeigetragen werde.
    Ich treibe.
    Ich treibe.
    Und dann, endlich, verfestigen sich die Bilder zu etwas Realem.
    I ch schlage im Auto die Augen auf und blinzle. Ruth sieht wieder anders aus als in meiner letzten Vision. Im Gegensatz zu den bisherigen Erinnerungen ist diese jedoch ganz scharf und klar. Sie ist so wie im Juni 1 9 46. Das weiß ich deshalb genau, weil ich sie damals zum ersten Mal in einem leichten Sommerkleid sah. Sie verändert sich, wie alle anderen auch nach dem Krieg. Die Kleidung verändert sich. Später in diesem Jahr wird Louis Réard, ein französischer Ingenieur, den Bikini erfinden. Ruths Haut hat nach den Wochen, die sie gerade mit ihren Eltern am Meer verbracht hat, einen Walnusston. Ihr Vater hatte mit seiner Familie Urlaub auf den Inseln der Outer Banks gemacht, um seine offizielle Anstellung in Duke zu feiern. Vorher hatte er sich bei mehreren Hochschulen beworben, einschließlich einer kleinen experimentellen Kunstakademie in den Bergen, aber am wohlsten fühlte er sich in den grauen, ehrwürdigen Gebäuden von Duke. Ab Herbst würde er wie der unterrichten, ein Lichtblick in einem ansonsten schweren Jahr der Trauer.
    Das Verhältnis zwischen Ruth und mir hatte sich seit jenem Abend im Park verändert. Ruth hatte wenig zu meiner Enthüllung gesagt, und als wir schließlich vor ihrem Haus standen, versuchte ich nicht, ihr einen Gutenachtkuss zu geben. Mir war klar, sie musste das alles verarbeiten, und sogar sie würde später zugeben, dass sie in den kommenden Wochen nicht sie selbst war. Bei unserem nächsten Treffen trug sie ihren Verlobungsring nicht mehr, doch das mache ich ihr nicht zum Vorwurf. Sie stand unter Schock, gleichzeitig war sie auch zu Recht wütend, weil ich ihr mein Geheimnis bis zu jenem Abend nicht anvertraut hatte. Jemandem seine Liebe zu erklären, ist schließlich eine Sache. Zu akzeptieren, dass die Liebe zu diesem Menschen erfordert, seine Träume zu opfern, ist eine völlig andere. Und Kinder zu haben – eine Familie zu erschaffen –, hatte für sie nach den schrecklichen Ereignissen eine ganz neue Bedeutung bekommen.
    Ich verstand das intuitiv, und in den folgenden Monaten gingen wir zurückhaltend miteinander um. Wir sprachen nicht von einer festen Beziehung, doch wir trafen uns weiterhin zwei oder drei Mal pro Woche. Manchmal führte ich Ruth ins Theater oder zum Essen aus, dann wieder spazierten wir durch die Stadt. Es gab eine Kunstgalerie, die es ihr besonders angetan hatte, und wir besuchten sie regelmäßig. Die meisten Werke waren weder vom Motiv noch von der Ausführung her außergewöhnlich, doch hin und wieder entdeckte Ruth in einem Gemälde etwas, das mir nicht aufgefallen war. Wie ihr Vater interessierte sie sich leidenschaftlich für moderne Kunst, eine Bewegung, die von Malern wie Van Gogh, Cézanne und Gauguin hervorgebracht worden war, und selbst in den mittelmäßigen Arbeiten, die wir begutachteten, erkannte sie rasch die Einflüsse dieser Künstler.
    Diese Galeriebesuche und Ruths fundierte Kenntnisse über Kunst im Allgemeinen eröffneten mir eine mir gänzlich fremde Welt. Allerdings fragte ich mich manchmal, ob unsere Debatten über Malerei nicht zunehmend dazu dienten, Gesprächen über unsere Zukunft aus dem Weg zu gehen. Doch obwohl diese Diskussionen einen Abstand zwischen uns schufen, ließ ich sie gern zu, da ich mich selbst in solchen Momenten nach Vergebung für die Vergangenheit und zugleich nach der Aussicht auf eine gemeinsame Zukunft sehnte.
    Ruth hingegen schien genauso weit entfernt von einer Entscheidung zu sein, wie sie an jenem schicksalhaften Abend im Park gewesen war. Sie behandelte mich nicht unbedingt kühl, suchte aber auch keine größere Nähe, und daher war ich überrascht, als ihre Eltern mich einluden, einen Urlaub am Meer mit ihnen zu verbringen.
    Zwei Wochen mit entspannten Strandspaziergängen wären vielleicht genau das gewesen, was wir

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