Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)
Kürbisse verkauft. Die noch übrig sind, eignen sich sowieso besser für Kuchen.«
Jetzt erst bemerkte sie einen Rest von Feuchtigkeit in seinen Haaren. »Wie macht ihr das?«
»Meine Mutter weckt sie ein. Und dann backt sie das restliche Jahr die köstlichsten Kuchen der Welt damit.«
»Klingt, als ließe sich daraus auch ein Geschäft machen.«
»Ausgeschlossen. Nicht, weil sie das nicht könnte, sondern weil sie es furchtbar fände, den ganzen Tag in der Küche zu stehen. Sie ist eher ein Freilufttyp.«
»Das ist hier ja auch besser.«
Für eine Weile sagte keiner von beiden etwas, und zum ersten Mal empfand Sophia das Schweigen als unange nehm.
»Bist du bereit?«, fragte Luke dann und deutete mit dem Kopf auf das große Haus. »Ich habe vor ein paar Minuten die Holzkohle angezündet.«
»Ja, ich bin bereit.« Sie wartete gespannt, ob er nach ihrer Hand greifen würde, was er aber nicht tat.
Der Nebel wurde dichter, sodass die Weiden nicht mehr zu erkennen waren. Die Scheune war nur ein Schatten, und das Wohnhaus mit den behaglich leuchtenden Fenstern ähnelte einer Kürbislaterne.
Sophia hörte den Kies unter ihren Füßen knirschen. »Mir fällt gerade auf, dass du mir den Vornamen deiner Mutter noch nicht gesagt hast. Soll ich sie Mrs Collins nennen?«
Die Frage schien ihn zu überfordern. »Weiß nicht. Ich nenne sie einfach Mom.«
»Wie heißt sie denn mit Vornamen?«
»Linda.«
Sophia probierte im Geiste die Varianten aus. »Ich glaube, ich nenne sie Mrs Collins«, sagte sie. »Ich sehe sie schließlich zum ersten Mal. Ich möchte, dass sie mich mag.«
Jetzt drehte er sich um und nahm ihre Hand. »Das tut sie bestimmt.«
N och ehe sie die Küchentür geschlossen hatten, schaltete Linda Collins den Pürierstab ab und sah erst zu Luke, musterte dann Sophia und wandte sich wieder an Luke. Sie wischte sich die Hände an der Schürze ab. Wie Luke vor ausgesagt hatte, trug sie Jeans und ein kurzärmeliges T-Shirt, hatte allerdings die Stiefel durch flache Schnürschuhe ersetzt. Ihr leicht ergrautes Haar war zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden.
»Das ist also die junge Frau, die du bisher vor mir versteckt hast!«
Sie breitete die Arme aus und umarmte Sophia kurz. »Schön, dich kennenzulernen. Ich bin Linda.«
Man sah ihrem Gesicht an, dass sie jahrelang in der Sonne gearbeitet hatte, doch ihre Haut war weniger wettergegerbt, als Sophia erwartet hatte. In ihrer Umarmung spürte man eine verhaltene Kraft.
»Hallo. Ich bin Sophia.«
Linda lächelte. »Freut mich, dass sich Luke endlich durchgerungen hat, dich mitzubringen. Ich dachte schon, er schämt sich für seine alte Mutter.«
»Du weißt genau, dass das nicht stimmt«, sagte Luke, und seine Mutter zwinkerte ihm zu und umarmte ihn ebenfalls.
»Leg doch schon mal die Steaks auf den Grill. Sie stehen im Kühlschrank. Dann haben Sophia und ich Gelegenheit, uns ein bisschen kennenzulernen.«
»Kann ich machen. Aber denk dran, dass du nicht so streng zu ihr sein wolltest.«
Linda konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Ich weiß ehrlich nicht, warum er so etwas sagt. Ich bin ein netter Mensch. Möchtest du was trinken? Ich habe Eistee gemacht.«
»Sehr gern, danke.«
Luke zog ein Gesicht, das wohl »viel Glück« bedeuten sollte, und verschwand auf die Veranda, während Linda ein Glas Tee eingoss und es Sophia reichte. Dann ging sie zum Herd zurück, wo sie ein Glas grüne Bohnen aufschraubte, die aus dem eigenen Garten stammten, wie Sophia vermutete.
Linda schüttete die Bohnen in die Pfanne und gab Salz, Pfeffer und Butter dazu. »Luke hat erzählt, du gehst aufs Wake Forest?«
»Ja, es ist mein letztes Jahr.«
»Wo kommst du her?« Sie stellte die Platte auf niedrige Hitze. »Nicht hier aus der Gegend, oder?«
Sie stellte die Fragen auf die gleiche Art und Weise wie Luke an ihrem ersten Abend – neugierig, aber wertfrei. Und Sophia gab Linda Auskunft über das Was, Wer, Wo und Wann in ihrem Leben. Im Gegenzug erzählte Linda einiges über die Ranch, und ihre Unterhaltung plätscherte so mühelos dahin wie mit Luke. Lindas Beschreibung zufolge ergänzten sie und Luke sich wunderbar, was die Aufgabenverteilung betraf – beide konnten alles, wobei Linda den Großteil der Buchhaltung und des Kochens übernahm, während sich Luke mehr um die Arbeiten im Freien und die Maschinenreparaturen kümmerte.
Als sie mit dem Kochen fertig war und auf den Tisch deutete, kam Luke gerade herein. Er goss sich ebenfalls ein Glas Tee ein
Weitere Kostenlose Bücher