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Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)

Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)

Titel: Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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ohne meinen Rollator nicht mehr von einem Raum in den anderen bewegen kann. Wenn ich eines zu bemängeln habe, dann, dass mir das Haus zugig vorkommt. Andererseits ist mir schon so lange kalt, dass ich vergessen habe, wie es sich anfühlt, wenn einem warm ist. Für mich ist das Haus immer noch voll von Liebe, und mehr kann ich nicht verlangen.
    »Voll ist es, das kann man wohl sagen«, schnaubt Ruth. »Das Haus, meine ich.«
    Ich höre einen Anflug von Missbilligung aus ihrem Tonfall heraus und schiele seitlich zu ihr. »Mir gefällt es so.«
    »Es ist gefährlich.«
    »Das stimmt nicht.«
    »Ach nein? Was, wenn es brennt? Wie willst du da rauskommen?«
    »Wenn es brennen würde, käme ich sogar aus einem leeren Haus kaum raus.«
    »Das sind doch Ausreden.«
    »Ich bin alt. Vielleicht bin ich senil.«
    »Du bist nicht senil, du bist stur.«
    »Ich denke gern an früher. Das ist ein Unterschied.«
    »Das tut dir nicht gut. Die Erinnerungen machen dich manchmal traurig.«
    »Kann sein«, sage ich und sehe ihr in die Augen. »Aber Erinnerungen sind das Einzige, was mir geblieben ist.«
    R uth hat natürlich recht, was das betrifft, aber auch hinsichtlich des Hauses. Es ist voll, nicht mit Müll, sondern mit den Kunstwerken, die wir gesammelt haben. Jahrelang bewahrten wir die Gemälde in gemieteten, klimatisierten Lagerräumen auf. Ruth war das lieber – sie hatte schon immer Angst vor einem Brand –, aber nach ihrem Tod beauftragte ich zwei Arbeiter damit, alles zu mir nach Hause zu bringen. Jetzt ist jede Wand ein Kaleidoskop von Bildern, und Bilder füllen bis auf mein Schlafzimmer jeden Raum. Seit Jahren sind weder das Wohn- noch das Esszimmer benutzbar, weil auf jedem freien Zentimeter Gemälde stehen. Hunderte davon gerahmt, die meisten aber nicht. Sie liegen, durch säurefreies Papier getrennt, in mit Jahreszahlen beschrifteten flachen Eichenkisten, die ein Schreiner für mich angefertigt hat. Ich gebe gern zu, dass die Überladenheit des Hauses bei manchem Platzangst auslösen mag – die Journalistin damals wanderte mit offenem Mund von Zimmer zu Zimmer –, aber es ist sauber bei mir. Zweimal die Woche schickt ein Reinigungsservice eine Frau, die die Räume, die ich noch nutze, picobello hält, und ich weiß, dass Ruth darüber froh gewesen wäre. Staub oder Unordnung jeglicher Art hat Ruth immer gehasst.
    Mich stört die Enge nicht. Vielmehr erinnert sie mich an einige der besten Tage meiner Ehe, einschließlich und besonders an unsere Fahrten nach Black Mountain. Nach dem Abschluss der Renovierungsarbeiten, als wir beide Urlaub brauchten, verbrachten wir unseren ersten Hochzeitstag wieder im Grove Park Inn. Erneut fuhren wir zum College, wurden dieses Mal jedoch von Freunden begrüßt. Elaine und Willem waren nicht da, dafür Robert und Ken, und sie machten uns mit Susan Weil und Pat Passlof bekannt, zwei außergewöhnlichen Künstlerinnen, deren Werke heute ebenfalls in zahlreichen Museen hängen. In jenem Jahr kehrten wir mit vierzehn weiteren Gemälden nach Hause zurück.
    Damals hatte allerdings noch keiner von uns beiden den Plan, Sammler zu werden. Wir waren ja nicht reich, und der Kauf dieser Bilder hatte unsere Mittel ziemlich erschöpft. Es bekamen auch nicht alle Werke sofort einen festen Platz. Vielmehr hängte Ruth sie mal hier und mal dort auf, je nach Stimmung, und mehr als einmal empfand ich das Haus abends, wenn ich von der Arbeit kam, als ver traut und doch anders.
    1 948 und 1 949 kehrten wir erneut nach Asheville und Black Mountain zurück. Wir erwarben noch mehr Bilder, und daraufhin regte Ruths Vater an, wir sollten unser Hobby ernsthafter betreiben. Wie Ruth erkannte er die Qualität der Werke, und er brachte uns auf eine Idee: eine echte Sammlung aufzubauen, eine, die eines Tages eines Museums würdig sein könnte. Ich merkte Ruth an, dass sie begeistert war. Obwohl wir nie eine bewusste Entscheidung trafen, sparten wir von nun an beinahe Ruths gesamtes Gehalt, und sie schrieb das Jahr über Briefe an die Künstler, die wir kannten, in denen sie um ihre Meinung zu anderen Künstlern bat, die uns ihrer Ansicht nach gefallen würden. 1 9 5 0, nach einer Reise ans Meer zu den Outer Banks, fuhren wir zum ersten Mal nach New York. Drei Wochen lang besuchten wir jede Galerie der Stadt, trafen Inhaber und Künstler, mit denen unsere Freunde uns bekannt gemacht hatten. In jenem Sommer legten wir den Grundstein für ein Netzwerk, das im Laufe der nächsten vier Jahrzehnte kontinuierlich

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