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Kein Paar wie wir

Titel: Kein Paar wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhard Rathgeb
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Wünsche.
    »Jerusalem.«
    »Kairo.«

18
    Wenige Wochen bevor Vika nach New York flog , mietete Ruth ein Loft in der Nähe des Central Park, ein großes und ein kleines Zimmer mit Küche und Bad. Sahen sie aus dem Fenster, konnten sie in die gegenüberliegende Wohnung schauen. Was sie dort beobachteten, hätten ihre Eltern nicht sehen dürfen.
    Sie saßen auf dem Sofa im Arbeitszimmer. Noch hatten sie eine halbe Stunde Zeit, bis sie das Radio anstellen würden, um die Nachrichten zu hören.
    »Sie trug blaue seidene Stiefel«, sagte Vika. »Sie war gut zu sehen, es war ja direkt uns gegenüber.«
    »Ah non.«
    »Die Stiefel gingen ihr weit über die Knie. Drüben brannten alle Lichter. In dem Zimmer war es taghell.«
    »Und sonst hatte sie nichts an«, sagte Ruth.
    »Sie war nackt. Jung, blond und nackt. Wir standen am Fenster und schauten hinüber. Wir hatten kein Licht angemacht, sie hätte uns nicht sehen können, wenn sie zu uns herübergeschaut hätte. Sie lief im Atelier auf und ab und wackelte mit dem Po.«
    »Sie hatte eine gute Figur.«
    »Eine makellose Figur. Sie konnte sich sehen lassen.«
    »Eine Frau, die mit dem Po wackelt, weiß, was sie zu bieten hat«, sagte Ruth.
    »Sie schien sich zu langweilen. Wir waren neugierig, was passieren würde.«
    »Sie wartete auf ihn, und er ließ sie warten. Das übliche Spiel. Sie wollte ihn verführen, und er machte sich interessant, indem er sich Zeit ließ.«
    »Als er endlich kam«, sagte Vika, »tat er so, als wäre sie nicht da.«
    »Er wusste, dass sie seinetwegen so anzüglich herumlief.«
    »Sie wackelte einfach weiter mit dem Po.«
    »Das war das Beste, was sie machen konnte«, sagte Ruth. »Sie verließ sich darauf, dass sie unwiderstehlich war. Eine Frau, die so aussieht wie sie, weiß, dass ihr die Männer nicht widerstehen können. Sie weiß das instinktiv.«
    »Den beiden war offenbar egal, ob jemand zuschaute«, sagte Vika. » Sie waren ganz mit sich beschäftigt.«
    »Auch die Fenster drüben reichten bis zum Boden.«
    »Er sah gut aus.«
    »Ein Frauenschwarm.«
    »Es war das erste Mal, dass wir sahen, was dort drüben vor sich ging«, sagte Vika. »So etwas passiert nicht alle Tage.«
    Blaue Seidenstiefel, dachten sie, hohe blaue Seidenstiefel und sonst nichts an. Jung, blond und hübsch. Perfekte Beine, perfekter Po, perfekter Busen, perfekte Hüften. Wie von Männerhänden geformt, wie für Männerhände gemacht. Uns hätte keiner in solche Stiefel bekommen. Sie stand nackt vor ihm, und er tat, als sähe er sie nicht. Er konnte sich kaum beherrschen, aber er hielt sich zurück. Er zeigte ihr seine Macht, dass sie ihn nicht verführen könnte, dass er sich, nur wenn es ihm passte, von ihr verführen ließe. Er tat so, als hielt er die Zügel in der Hand, auch wenn die Pferde mit ihm durchgingen. Und dann zog er sich aus, weil er ihr nicht widerstehen konnte. Blaue seidene Stiefel, und sonst nichts an.
    »Sie war höchstens fünfundzwanzig.«
    »In dem Alter waren wir beide zuhause bei den Eltern«, sagte Ruth.
    »Wir waren brav wie die Lämmer.«
    Und dumm, dachten sie. Wir trauten uns nichts zu. Wir gehorchten den Eltern.
    »Viel zu brav«, sagte Ruth.
    Brave Kinder, brave Töchter, brave Frauen, dachten sie.
    »Dann gingen sie miteinander ins Bett«, sagte Vika. » Was hätten sie sonst tun sollen.«
    »Darauf lief es hinaus. Aber da schauten wir nicht mehr hin. Was sie im Bett trieben, das ging uns nichts an.«
    Sie schwiegen.
    »Erinnerst du dich an deinen ersten Geburtstag in New York?«, fragte Ruth.
    »Ja«, sagte Vika, »natürlich erinnere ich mich daran.«
    »Wir feierten in einem Restaurant«, sagte Ruth. »Ich lud dich ein.«
    Noch einmal in ein nobles Restaurant gehen, dachte sie. Noch einmal schick ausgehen. Gesehen werden. Bewundert werden.
    »An den Tischen saßen nur Geschäftsleute oder Pärchen, Mann und Frau«, sagte Vika.
    Nie sahen wir Frauen ohne Männer in Restaurants sitzen, dachte sie. Sie gingen zusammen einkaufen und ins Kino, aber nie gingen sie ohne Männer in ein Restaurant.
    »Die anderen Gäste schauten heimlich zu uns hinüber.«
    Sie fanden uns eigenartig, dachte Ruth, zwei junge Frauen, die alleine in einem Restaurant saßen.
    »Wir fielen auf«, sagte Vika. » Zwei junge Frauen alleine in einem Restaurant«.
    »Diese neugierigen, verwunderten Blicke trafen uns auch, wenn wir Hand in Hand durch die Straßen oder durch den Central Park liefen«, sagte Ruth.
    Was war dabei, Hand in Hand mit der Schwester durch die

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