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Kein Schatten ohne Licht

Kein Schatten ohne Licht

Titel: Kein Schatten ohne Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Guenter
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Augenblick verstand Melica nicht, wovon er sprach, doch dann sah sie die Worte, die unter der Zeichnung Platz gefunden hatten. „Nur einen Film? Melde dich!“ Daneben stand nicht mehr als Handynummer.
    „ Ich bin mir gerade nicht ganz sicher, ob ich das jetzt süß oder gruselig finden soll“, flüsterte Melica mit gerunzelter Stirn.
    „ Das ist mir doch total egal!“ Ehe sich Melica versah, hatte Jim schon sein Handy aus einer Hosentasche gezogen und die Nummer eingetippt. Den Bruchteil einer Sekunde später hatte sie selbst das Handy in der Hand. „Du redest jetzt mit ihm! Vielleicht hörst du besessene Irre dann endlich damit auf, die halbe Stadt verrückt zu machen!“
    Vollkommen überrumpelt hob Melica das Handy an ihr Ohr. Ein gleichmäßiges Tuten verwandelte sich ein Klackern. Sie zuckte leicht zusammen, als mit einem Mal Luzius freundliche Stimme aus dem Hörer drang: „Hallo.“
    Panik überfiel Melicas Körper. Was sollte sie antworten? Sie wusste doch überhaupt nichts über diesen Mann! Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei ihm um einen psychopathischen Killer handelte, war zwar nicht sonderlich groß, aber dennoch vorhanden! Zweifel entstand, wuchs und wurde stärker und innerhalb weniger Augenblicke war Melica felsenfest davon überzeugt, dass mit Luzius irgendetwas ganz und gar nicht stimmen konnte. Kein normaler Mensch wäre nach der Absage, die sie ihm erteilt hatte, ins Einwohnermeldeamt marschiert und hätte versucht, herauszufinden, wo die Person wohnte, die einen abgewiesen hatte. Und diese Sache mit den Plakaten – das war doch krank!
    Melica hatte gerade den Mund geöffnet, da sprach die Stimme auch schon weiter: „Du bist auf meinem Anrufbeantworter gelandet. Hinterlasse eine Nachricht nach dem Gong und ich melde mich, so schnell es geht!“
    Der Gong kam schneller als erwartet. „Ähm. Hallo Luzius“, stammelte Melica unsicher. „Ich bin's. Melica.“ Wenn sie so weiter machte, konnten sich die Menschen für immer vom Bild der selbstbewussten und sicheren Melica verabschieden. Sie versuchte, sich zusammenzureißen. „Ich habe gerade das Plakat gesehen.“ Mit jedem Wort, das sie sprach, gelang es ihr tatsächlich, ein wenig mehr Stärke in ihre Stimme zu legen. „Du bist wahrscheinlich unheimlich stolz auf dich, weil du das so gut hinbekommen hast. Ich bin aber nicht beeindruckt. Ganz und gar nicht. Ich kenne dich nicht und du machst mir Angst. Als ich gesagt habe, dass ich nicht mit dir ins Kino gehen will, meinte ich das auch so. Belass es einfach dabei und lass mich in Ruhe.“
    Sie ließ das Handy nur sehr zögerlich sinken.
    Jim starrte sie aus großen Augen an. Eine Maske der Verwirrung lag auf seinem gebräunten Gesicht. „Du suchst seit Tagen nach diesem Kerl und sagst ihm dann, dass er dich in Ruhe lassen soll?“
    „ Das macht nicht gerade fürchterlich viel Sinn, oder?“
    „ Das macht überhaupt keinen Sinn, Mel!“
    Melica seufzte leise. „Als ich nach Luzius gesucht habe, dachte ich noch, er wäre normal. Jetzt weiß ich aber, dass er beim Einwohnermeldeamt war, um meine Adresse rauszubekommen. Dann hat er ein Plakat mit meinem Gesicht darauf mitten in der Stadt aufgehängt. Und das ist nicht normal.“
    „ Ich erinnere dich ja nur ungern daran, aber du bist auch bei diesem Amt gewesen.“
    „ Du verstehst das Prinzip noch nicht. Luzius hat mir keinen Korb gegeben, sondern ich ihm. Das heißt, dass es mir zwar zusteht, meine Meinung zu ändern, es ihm aber nicht zusteht, mir nachzulaufen. Stell dir vor, eine Frau erteilt dir eine deutliche Abfuhr. Versuchst du dann, ihre Adresse herauszufinden oder malst aus dem Kopf ihr Gesicht auf irgendwelche Plakate?“
    „ Welche Frau würde mir denn eine Abfuhr erteilen?“
    „ Das ist nicht der Punkt, Jim.“
    „ Ich weiß.“ Melicas bester Freund mochte zwar wütend auf sie sein, doch er schenkte ihr dennoch ein schwaches Lächeln. „Es ist dein Leben. Ich werd dir da schon nicht reinreden. Versprochen.“

~*~

    In Melicas Augen gab es drei Dinge, die die Schule beinahe erträglich machten. Ihre Freunde, die Pausen und die Ferien. Momentan waren Ferien, weshalb es auch kein Wunder war, dass sie jeden Morgen mit einem breiten Lächeln auf den Lippen erwachte. Der heutige Tag stellte in dieser Hinsicht keine Ausnahme dar. Ihr Leben war gut. Sie hatte zwei Schwestern, die sie liebten, einen besten Freund, der sein Leben für sie aufgeben würde und beste Aussichten, bald ein spannendes Byzantinistik-Studium

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