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Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Frau hörte ihm mit einigermaßen verstörter Miene zu, sie schien nicht zu verstehen.
    »Ich meine damit, dass ich mich um die Ermittlungen kümmere, Frau Ameri.«
    »Ach so. Man hat Sie geschickt. Wie jung Sie sind.«
    »Ja. Können wir uns fünf Minuten unterhalten?«
    »Sie sind aber wirklich sehr jung. Könnte ich nicht vielleicht mit dem Chefarzt sprechen?«
    »Ich bin kein Arzt, Frau Ameri. Ich bin Polizeikommissar.«
    »Nun, auf jeden Fall sind Sie zu jung für so etwas. Wer weiß, wie sehr Ihre Mutter sich sorgt.«
    Giampieri ließ die Reserve an Luft und Courage, die er aufgestaut hatte, entweichen. »Ich komme später noch einmal vorbei. Kümmern Sie sich um Ihren Mann.«
    »Natürlich. Aber meine Tochter müsste auch jeden Moment eintreffen.« Während sie das sagte, schaute sie ihm in die Augen, und er merkte, dass sie es selbst nicht glaubte, sie war nicht verrückt geworden, sie hoffte nur, das alles wäre ein böser Traum.
    Der Ingenieur nickte stumm und verließ das Zimmer.
     
    Barbaras Onkel saß im nächsten Wartezimmer, den Kopf zwischen den Händen. Er war ein wuchtiger Kerl um die sechzig, einen Meter achtzig groß, breit und stabil wie ein Lieferwagen, er hatte die Pranken eines Bauern, unter den |37| Fingernägeln Erde. Als der Ingenieur sich vorstellte, schaute der andere ihn an wie einen lästigen Köter, der es auf einen Fußtritt anlegt: »Sie hat man geschickt? Bei allem Respekt, Sie scheinen mir zu jung zu sein.«
    Macht nur so weiter, dachte Giampieri. »Das ist kein guter Einstieg, Herr …«
    »Garaventa, Pietro.«
    »Herr Garaventa, wenn
Sie mir
nicht vertrauen, wie sollte
ich
dann
Ihnen
trauen?«
    »Was soll das heißen: mir trauen? Das war meine Nichte, die man umgebracht hat.«
    »Eben. Die Eltern des Mädchens sind nicht ansprechbar, ich brauche jemanden aus dem Familienkreis, einen engen Verwandten, der mir hilft zu verstehen, was vorgefallen ist … Haben Sie sie oft gesehen? Wissen Sie, mit welchen Leuten sie verkehrte? Wissen Sie, ob sie einen Freund hatte, einen Verlobten, irgendjemanden?«
    Der Onkel erhob sich und baute sich vor Giampieri auf. Er trug ein kariertes Hemd und abgewetzte, schlammverkrustete Jeans, er stank verräuchert, nach Zigaretten und Holzfeuer. »Was soll das heißen: Mit wem sie verkehrte?! Sie war ein anständiges Mädchen. Was denken Sie sich eigentlich?! Schon diese verschissenen Journalisten sind hier wie die Hyänen reingeplatzt. Wenn die irgendeinen Mist schreiben, breche ich ihnen die Knochen.«
    Ein kühler Kopf, dachte Giampieri und zählte bis zehn.
    »Ihr müsst ihn euch schnappen, diesen Dreckskerl, der sie umgebracht hat. Und dann müsst ihr ihn mir geben. Ihr müsst ihn mir überlassen«, sagte der Onkel, wobei er die offenen Handflächen zeigte und dann die Finger krümmte.
    Der Ingenieur ließ sich nicht beeindrucken. »Hören Sie zu, Herr Garaventa. Zorn bringt uns im Moment nicht weiter. Wir müssen glasklar denken, wenn wir den Mörder fangen wollen. Sind Sie bereit, uns zu helfen, oder nicht?«
    |38| »Sicher. Was für eine Frage. Sagen Sie dem Kommissar, dass ich voll zu seiner Verfügung stehe.«
    »Der Kommissar bin ich.«
    Sein Gegenüber schüttelte den Kopf und legte dem Ingenieur eine Hand auf die Schulter. »Sie müssen schon entschuldigen, ich bin nicht sehr gebildet, aber Sie werden höchstens fünfunddreißig sein …«
    Ich bin neunundzwanzig, du Hurensohn, dachte Giampieri.
    »… wie viele Morde haben Sie bisher aufgeklärt? Nee, nee, hier ist meine Nichte umgebracht worden, ich will einen Bullen, der Eier hat! Zuerst diese Vollidiotin von einer Staatsanwältin und jetzt das hier … Kann man denn nicht mal mit irgendjemand Vernünftigem reden, gütiger Himmel?!«
    Giampieri setzte ein fieses Lächeln auf und starrte ihm, aus zehn Zentimeter Entfernung, direkt in die Augen.
    »Wo waren Sie heute morgen um neun Uhr, Herr Garaventa?«
    Sein Gegenüber schien verstört.
    »Was soll das?«
    »Wo waren Sie heute morgen um neun Uhr?«
    »Ich rück dir die Visage gerade, du Hurensohn!«
    Er hob die rechte Faust. Giampieri bewegte sich nicht, schloss nur ein wenig die Lider und biss die Zähne zusammen. Da hörten sie den Schrei von Barbaras Mutter. Sie war aus dem Schlaf erwacht, aber der Alptraum war noch nicht zu Ende.

|39| Montag
    Luciani
    Er ging beim Bäcker vorbei, aber durchgeschwitzt und blutverschmiert wie er war, wartete er vor der Tür, dass die Verkäuferin ihm die üblichen sechzig Gramm Focaccia herausreichte.

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