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Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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steht, und die anderen müssen zahlen. Und wenn sie nicht zahlen können …«
    »… sind sie schnell ihr Apartment los«, sagte der Kommissar und schüttelte den Kopf. Die Geschichte kenne ich |42| irgendwoher. »Und wie werdet ihr jetzt zurechtkommen, du und deine Frau?«
    »Ich? Ich bin hier so sicher wie in Abrahams Schoß. Ich habe einen Mietvertrag für Erstwohnsitz, schon lange … und der läuft erst in zwei Jahren aus.«
    »Besser als bei mir. Meiner läuft im Januar aus. Zwei Jahre sind aber auch schnell rum.«
    »Ach, wir werden uns schon einig werden, keine Angst. Ich bin Invalide, meine Frau ist krank, wenn ich mich vor dem Rathaus ankette, dann bringen die mich hier nie raus.«
    »Das heißt, du willst also bleiben?«
    »Ich? In diesem Chaos? Wo einem die Bauarbeiter auf der Nase herumtanzen? Kommt nicht in die Tüte. Ich werde ausziehen, aber der wird mir eine schöne Abfindung zahlen müssen, darauf kannst du dich verlassen. Bei all dem Geld, das er mit seinem Apartment einnimmt, ist es nur recht und billig, dass auch der etwas abbekommt, der es ihm all die Jahre gehegt und gepflegt hat. Ich habe einige Verbesserungen vorgenommen, für Instandhaltung und den Wertzuwachs der Immobilie gesorgt.«
    Marco Luciani nickte. Er war einige Male in der Wohnung seines Nachbarn gewesen, und dort sah es noch viel schlimmer aus als bei ihm: Der Putz war abgebröckelt, die Fußböden schadhaft, von der Decke hingen nackte Glühbirnen herab. Und es war das einzige Apartment, das noch das Klo im Treppenhaus hatte.
    »Und wenn er mir die Abfindung nicht geben will«, schloss der Neapolitaner, »dann werden die neuen Eigentümer sie mir zahlen. Geldprobleme haben die nicht, will ich meinen.«
    Marco Luciani verabschiedete sich mit einem Kopfnicken und ging hinauf in seine Wohnung, wo er Teewasser aufsetzte. Nachdem er sich geduscht hatte, stellte er die Hifi-Anlage an, legte eine CD von Filippo Gatti ein, setzte sich, |43| ohne Klamotten, mit der Teetasse und der Focaccia aufs Sofa und versuchte, die Lage zu durchdenken. Noch ein paar Monate, und er würde aus der Wohnung fliegen. So viel war sicher. Sie hatten die Kündigungsfrist genau eingehalten, und er war nicht der Typ, der sich sträubte, einen Streit heraufbeschwor oder gar um Mitleid buhlte. Er hatte einen Ein-Jahres-Vertrag, und es war das volle Recht des Eigentümers, diesen nicht zu verlängern. Luciani hatte immer pünktlich die Miete bezahlt, aber die neuen Eigentümer waren sicher nicht auf seine dreihundertfünfzig Euro monatlich aus, die hatten mindestens eine Million Euro investiert, würden noch einmal eine hübsche Summe für die Sanierung ausgeben und dann das Ganze mit einem satten Profit weiterverkaufen. Die Welt war voller Verrückter, die bereit waren, dreitausend Euro pro Quadratmeter zu bezahlen, um zwischen den Ratten zu leben.
    Was ihn betraf: Er würde sich eine neue Wohnung suchen müssen. Aber jetzt, wo er praktisch ohne Arbeit dastand, und angesichts der aktuellen Mietpreise, würde das nicht einfach werden. Für dreihundertfünfzig Euro gab es inzwischen nicht einmal mehr ein Wohnklo in der Altstadt, wenn er es nicht mit irgendeinem Marokkaner teilen wollte. Er musste in ein anderes Viertel, was ihm alles in allem nicht einmal leid tat, aber gab es in der Stadt ein Viertel mit so billigen Mieten? Vielleicht am westlichen Stadtrand, der inzwischen von Ecuadorianern kolonialisiert war, eine nicht gerade attraktive Perspektive. Die komfortable Lage im Zentrum gegen die Riviera zu tauschen war eine Sache, aber an den Stadtrand zu ziehen, das war der Anfang vom Ende. Ich werde ins Hinterland gehen, dachte er, in irgendein verlassenes Dorf. Aber vielleicht sind die inzwischen auch schon zu »trendy«, hängen am Kabelnetz und sind von Holländern und Dänen erobert, wer weiß, ob ich mir das noch leisten kann.
     
    |44| Er verbummelte einen Tag, indem er auf dem Sofa lag und ein bisschen las, Musik hörte, die Decke anstarrte und dem Rumoren der Alten lauschte, die in der Wohnung über ihm mit ihrem Krückstock auf und ab marschierte und die Schubladen auf- und zuzog. Der letzte Fall hatte jegliche Energie aus ihm gesogen, er hatte zu absolut nichts Lust, aber vor allem konnte er an nichts denken. Das Bild des erhängten Schiedsrichters, der auf dem Tisch der Umkleidekabine lag, verfolgte ihn immer noch, obwohl er den Fall gelöst hatte, und das war ihm noch nie passiert. Vielleicht weil ihm diese Untersuchung, mehr als alle vorangegangenen,

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