Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Augenblicke totalen Glücks, wie zum Beispiel unsere Tipp-Kick-Spiele, sonntags morgens, im Winter. Das erste Mal, dass du mich mit ins Stadion nahmst: Inter Mailand gegen Florenz, da spielte Antognoni mit, und ich war sofort vernarrt in ihn und in sein violettes Trikot, aber du wolltest, dass ich Inter-Mailand-Fan werde …«
    Er redete immer weiter und ließ noch einmal in aller Ruhe seine Kindheit Revue passieren, die Schule, den Fußball, die ersten Mädchengeschichten, er sagte ihm die Dinge, über die er noch nie gesprochen hatte, und von denen er dachte, er würde sie nie jemandem anvertrauen, er beichtete seine Ängste, seine Unbeholfenheit und die Fauxpas seiner Jugendtage, er erzählte, wie er sich beim ersten Sex gefühlt hatte und was für ein Gesicht er, der Große Cäsar, aufgesetzt hatte, als er ihm sagte, er würde in der dritten Liga spielen.
    Er hielt einen Moment inne, wusste nicht, ob er weiterreden sollte, denn nun endete der Aufstieg des Fesselballons, auf den er seinen Vater und seine Erinnerungen geladen hatte. Die schlimmste Phase ihres Lebens ballte sich als schwarze Gewitterwolke vor ihnen, und diese wunderbar berührende Reise lief Gefahr, sich in die allzu bekannte Tragödie zu verwandeln.
    In dem Augenblick durchlief ein Zittern den Großen Cäsar, er drückte seine Hand fester, und Marco spürte, dass der Moment gekommen war.
    »Warte, Papa, ich schieb dir das Kissen zurecht.«
    Dann streckte er sich wieder auf dem Liegestuhl aus |318| und redete weiter, auch als die Tiere schon verstummt und in den Häusern die letzten Lichter erloschen waren. Er erzählte seinem Vater alles, was er getan hatte, nachdem er ausgezogen war, die Dinge, auf die er stolz war, und die, für die er sich schämte. Er erzählte von seinen Kollegen, von seinen Frauen, er erzählte von seinen nächtlichen Träumen und den Alpträumen, die er am Tag erlebte. Er redete, redete redete wie vielleicht noch nie zuvor, bis die Müdigkeit seine lange Beichte in einen inneren Monolog verwandelte.
    Er wurde von der Morgendämmerung und einem kaum hörbaren Singsang geweckt. Donna Patrizia saß neben dem Cäsar und ließ, ohne zu weinen, den Rosenkranz durch ihre Finger gleiten.

|319| Freitag
    Giampieri
    Ihn weckte ein stechender Schmerz auf der Innenseite des rechten Oberschenkels. Das Bein war wer weiß wie lange verrenkt gewesen, und nun zog die Sehne wie verrückt. Giampieri war überrascht, dass er noch halb bekleidet und leicht benebelt war. Er schaffte es – nicht ohne Schmerzen –, das Bein wieder in eine natürliche Stellung zu bringen, und irrte einige Minuten wie betäubt durch die Wohnung, aber nach einer Dusche und einer Kanne Espresso fühlte er sich bereit für die Schlacht. »Heute erwischen wir ihn. Das spüre ich«, sagte er leise, plötzlich wieder gut gelaunt.
    Bevor er das Haus verließ, befestigte er noch einige Zeichen an der Balkontür und den Fenstern, außerdem auf der Fußmatte und an der Wohnungstür. Winzige Fäden, die signalisieren würden, ob jemand die Wohnung betreten hatte. Kaum war er im Büro, setzte er sich vor den Computer und aktualisierte die Übersicht über die Alibis, die er am Vortag begonnen hatte. Dann ging er hinunter in den Technikraum und suchte die letzten Operationen, die Barbara, oder der Mörder, zwischen 7.58 Uhr und 8.06 Uhr an jenem Morgen ausgeführt hatte. Er oder sie hatte eine Datei namens »Lächeln« geöffnet, aber diese Datei war nicht mehr vorhanden, sie musste gelöscht worden sein. Er verfolgte die Operationen zurück bis Samstagmorgen und fand auch dort wieder den Hinweis auf diese Datei. Es dürfte nicht schwierig sein, sie zu rekonstruieren, dachte er. Aber als er das Ziel fast erreicht hatte, stürmte Vitone ins Zimmer, bis über beide Ohren grinsend: »Ingegnere, wir haben ihn!«
    |320| »Wen?«
    »Merli.«
    »Wo?«
    »In Frankreich. Cannes.«
    »Und wer hat ihn erwischt? Und wie?«
    »Interpol. Gestern Abend ließ er sich in einem Hotel registrieren, mit seinem richtigen Ausweis. Um ehrlich zu sein, haben sie ihn noch nicht gefasst, es ist aber eine Frage von Stunden.«
    Giampieri runzelte die Augenbrauen. »Der spinnt. Seid ihr sicher, dass er es ist?«
    »Sie meinen, ja. Sie haben die Sache bereits mit dem Hotelier überprüft, und dieser hat ihn erkannt.«
    Der Vizekommissar schaltete den Computer aus und sprang auf die Füße. »Ich hätte ihn für schlauer gehalten.«
    Vitone zuckte mit den Schultern. »Fahren wir hin?«
    »Darauf kannst du

Weitere Kostenlose Bücher