Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Gift nehmen.«
     
    Er parkte seine 600er Yamaha in der zweiten Reihe, nahm den Helm ab und genoss die Luft, die durch seine langen Haare strich. Da es heiß war, band er diese mit einem Gummi zu einem Pferdeschwanz zusammen. »So ein Scheißurlaub«, murmelte er, an den Vorabend denkend. Nirgendwo hatte er einen Treffer gelandet, weder an den Slot-Machines noch beim Roulette oder am Black-Jack-Tisch, wo er sich gewöhnlich, wenn ein Abend mal schlecht lief, wieder sanierte. Ein gutes Blatt hätte gereicht, und die Moldawierin wäre mit Freuden statt mit diesem ekligen Fettsack mit ihm mitgekommen. Sie hatte ihm das auch mit den Augen zu verstehen gegeben, als sie sah, wie er seinen letzten Chipstapel auf dem 12-15-Feld verlor, auf seinem Glücksfeld. Keine Chance. Zum fünften Mal fiel innerhalb von gut einer Stunde die doppelte Null. Was für ein Scheißpech! Andererseits, welchen Vorwurf hätte er dem Mädchen schon machen können? Sie war zum Arbeiten da, und
|321|
auch wenn es ihr mit ihm vielleicht Spaß gemacht hätte – das Geschäft ging vor. Sie hatten zusammen gelacht, das stimmte, aber das wollte nichts heißen, nur, dass sie einander ähnlich waren. Er hätte sich nämlich genauso verhalten, unter umgekehrten Vorzeichen. Er hätte sie auch sofort im Regen stehenlassen, wenn sich eine bessere Chance geboten hätte.
    Er nahm ein Baguette mit Schinken und Käse und ließ sich ein großes Bier zapfen, dann setzte er sich zum Essen auf eine Bank im Schatten, nicht weit von seinem Motorrad. Er öffnete den Reißverschluss des Overalls, um Luft an seine Haut zu lassen. Eine Frau starrte ihn an, aber als er mit einem fragenden Blick antwortete, tat sie, als wäre nichts, und ging schnell weiter. Was glotzt du so blöd, alte Schlampe, jetzt kann man nicht einmal mehr in Ruhe ein Baguette essen.
    Ihm blieben nicht viel mehr als hundert Euro, wenn er das Hotel bezahlt hatte. Eine Übernachtung, die er nicht einkalkuliert hatte, aber er hatte auch nicht einkalkuliert, dass Julies Ehemann einen Tag früher aus Paris zurückkehren würde. Zum Glück hatte er sich wenigstens telefonisch angekündigt. Ein Mann von Welt eben, der seiner Frau keine bösen Überraschungen bereitete. Trotzdem ein Riesenfick, Julie. Ein Wahnsinnsfick, der jeden gefahrenen Kilometer wert war. Das waren Frauen, wie sie im Buche stehen, sinnlich und leidenschaftlich, nicht wie diese Tiefkühlmöse von Ameri. Fünfundzwanzig Jahre und noch Jungfrau, meine Herren! Für wen wollte sie sich denn aufheben?
    Mit nicht einmal hundert Euro konnte er gerade noch tanken und die Autobahngebühr bezahlen und in aller Ruhe nach Hause fahren. Vielleicht sprang sogar noch ein ordentliches Abendessen dabei heraus. Einen Moment wollte er ins Casino zurück, fünfzig Euro auf eine Zahl setzen, hopp oder topp, scheiß drauf, wenn die Zahl fällt, sind das tausendachthundert Euro, und dann hole ich mir die Moldawierin. Ich gebe ihr fünfhundert für die Nacht, so eine nimmt auch das
|322|
Doppelte, aber ich bin sicher, dass sie bei mir damit mehr als zufrieden wäre … Ich gehe auch bis siebenhundert, lege noch ein grandioses Abendessen drauf, und vom Rest kaufe ich mir ein Paar Stiefel; die hier sind hinüber.
    Wieder starrte ihn eine Frau an, diesmal mit verängstigter Miene. Sie hielt eine gefaltete Zeitung in der Hand, und als er den Blick hob, riss sie an ihrer Hundeleine und trippelte hektisch davon.
    »Was zum Geier läuft denn hier?« Eine Alarmglocke, die er schon seit langem nicht mehr gehört hatte, schrillte irgendwo in seinem Nacken. Ein Gefühl aus der Zeit, als er gehetzt wurde.
    Er würgte den letzten Happen hinunter, trank das Bier aus und warf den Abfall in einen Mülleimer. In Italien hätte er ihn einfach liegen lassen, aber hier war alles so aufgeräumt und sauber, dass man Lust bekam, sich ebenfalls zivilisiert aufzuführen. Der Staat muss mit gutem Beispiel vorangehen, dachte er, muss dafür sorgen, dass wir in einer wohlgeordneten Umgebung aufwachsen.
    Er kam an einem Kiosk vorbei, der »Corriere della Sera« steckte im Ständer, doppelt gefaltet. Auf dem Ausschnitt, den man sehen konnte, war ein Foto von ihm, ein paar Jahre alt. Er hatte kurzes Haar und eine finstere Miene. Er nahm die Zeitung, las die Schlagzeile und erbleichte. Er wurde wegen des Mordes an Barbara gesucht.
     
    Sie waren gerade auf die Autobahn gefahren, als Giampieris Handy klingelte.
    »Er wurde in Nizza gesichtet. Von mindestens drei Personen. Alle Angaben stimmen

Weitere Kostenlose Bücher