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Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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vor, in diesem Aufzug loszugehen?«
    »Was stimmt denn nicht damit?«
    »Die Schuhe. Eine glatte Gummisohle, und der Anzug ist viel zu dünn. Haben Sie einen Wollpullover?«
    Marco Luciani verneinte. »Aber die Luft heizt sich doch schnell auf.«
    »In den Bergen kann das Wetter im Nu umschlagen. Was für eine Schuhgröße haben Sie?«
    »Neunundvierzig.«
    Der Mann kratzte sich am Kopf. »Keine Chance. Ich hätte Ihnen welche geliehen, aber bei der Schuhgröße … Sie sollten besser wieder runter ins Dorf und sich ein Paar kaufen, wenn Sie aufsteigen wollen.«
    |458| Kommt nicht in die Tüte, dass ich wieder runterfahre, dachte der Kommissar. Aber er sagte: »Ja, das wird wohl besser sein. Danke für den Rat.«
    Während er losging, hörte er die Stimme des Wirtes: »Sobald die ersten Wolken aufziehen, müssen Sie schleunigst wieder runter.« Aber er wusste, dass Luciani nicht auf ihn hören würde. Das war einer dieser überheblichen Städter, die nicht einsehen wollen, dass ein Paar ordentlicher Schuhe über Leben und Tod entscheiden konnte.
    Er war noch einmal versucht, einfach die Rückkunft der Ausflügler abzuwarten. Aber vielleicht war diese Tour in die Schweiz nicht nur ein kleiner Ausflug, sondern der Auftakt zu einer Flucht. Vielleicht würde das Monster einen ganz anderen Weg einschlagen und auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Und Luciani hatte nicht die geringste Lust, die Partie zu verschenken, nachdem er sich diesen Matchball erkämpft hatte.
     
    Barbara spürte jetzt, wie Panik sie befiel. Sie hatte gehofft, das Ganze sei nur eine Geldfrage, aber als sie den Ausdruck dieser Augen sah, dieses vor Wut gerötete und entstellte Gesicht, war sie nicht mehr so sicher. Sie stand vom Schreibtisch auf, holte das Portemonnaie aus der Tasche und zog vier Banknoten heraus.
    »Hier. Ich habe das Geld abgehoben. Das sind vierhundert Euro, die Hälfte des Ticketpreises.«
    Die höhnische Miene machte klar, dass das nicht reichen würde.
    »Hast du wirklich gedacht, ich käme wegen des Geldes her? Glaubst du wirklich, vierhundert verschissene Euro könnten den Schmerz vergessen machen, den du mir zugefügt hast?«
    »Wart mal, wenn du das Geld nicht willst, kann ich dir etwas anderes geben. Schau mal«, sagte sie, während sie ein
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Blatt aus dem Drucker zog. »Sagt dir das nichts? Aktion ›Lä
cheln‹. Ein LKW-Fahrer, der eine Ladung Medikamente verschwinden lässt und auf dem Schwarzmarkt absetzen will. Eine Anzeige, die erstattet und dann zurückgezogen wird. Die allein würde genügen, um jemanden sofort wieder in den Knast zu bringen, der auf sein Ehrenwort auf freiem Fuß ist. Oder irre ich mich?«
    Barbara brauchte nur einen Moment, um zu begreifen, dass ihr Ass im Ärmel nicht gestochen hatte. Sie hatte erwartet, dass in diesen Augen Angst und Hilflosigkeit aufflackern würden, aber stattdessen war da nur eine Art Enttäuschung.
    »Wenn du mich in Frieden lässt, kann ich es löschen. Verschwinden lassen, für immer«, stotterte sie.
    Noch eine Grimasse. »Vergiss es«, sagte der Besucher und schüttelte den Kopf, als sähe er einen Felsbrocken auf sie beide zufliegen und wüsste, dass es kein Davonkommen mehr gab. Er drehte sich um, wandte Barbara den Rücken zu, so dass diese sich nicht mehr in Gefahr wähnte. Dann zog er mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung aus der iPod-Tasche den Nothammer, den er in einem Zug mitgenommen hatte. Er war klein, aber tödlich, dazu gedacht, eine dicke Glasscheibe zu zertrümmern. Die Gestalt umklammerte ihn mit der rechten Hand, drehte sich um und schlug Barbara, die eher erstaunt als verängstigt war, mitten ins Gesicht. Sie sah, wie ihr Kopf gegen die Wand schlug, sich ihre Augen verdrehten und sie auf den Boden glitt. Sie schlug auf sie ein, wieder und wieder, sie schlug mit der blinden Wut eines Menschen, der sich verraten fühlt, bis ihr Arm vor Schmerz erlahmt war. »Hure«, zischte der Angreifer und hackte noch einmal in ihren Unterleib.
    Er wickelte einen Finger in sein T-Shirt und löschte die Datei, dann leerte er auch den Papierkorb des Computers und schaltete diesen ab. Danach griff er wieder in das T-Shirt, um die Badtür zu öffnen, und entfernte die auffälligsten Blutflecken. Er reinigte auch den Hammer grob, an dem Haare
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und Hirnmasse hängengeblieben waren, dann steckte er ihn zurück in das iPod-Etui und setzte den Kopfhörer auf. Auf dem Sweatshirt waren noch ein paar Blutspritzer, die zwischen den roten Punkten jedoch nicht weiter

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