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Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Streifenwagen landen, noch schlimmer. Den ganzen Tag allein in einem Auto mit zwei notgeilen Beamten.
    Er probierte blitzschnell eine Reihe alternativer Versetzungspläne durch, aber Calabròs Organigramm beruhte auf einem wundersamen Balanceakt, an den man nicht rühren konnte, ohne alles zum Einsturz zu bringen.
    »Sehr gut, Mädchen«, fing er an. »Willkommen in der Mordkommission. Ich sage euch gleich, dass man mir aus verschiedenen Richtungen geraten hat, noch bevor ihr überhaupt einen Fuß hier hereingesetzt habt, euch in irgendein verstaubtes Archiv zu versetzen oder euch Pässe stempeln zu lassen, damit ich im Gegenzug erfahrenere Leute, vorzugsweise |109| männlichen Geschlechts, bekomme. Aber ich denke darüber anders. Die Tatsache, dass ihr Frauen seid, und jung, die sehe ich als Vorzug an, und sicher nicht als Handicap.«
    Er wich Calabròs Blick aus, der ihn eher fassungslos als verärgert betrachtete, und fuhr fort: »Aber ihr müsst wissen, dass es hier für euch doppelt schwer sein wird. Ihr seid neu, und ihr seid Frauen. Ihr müsst euch auf dumme Sprüche und Vorbehalte gefasst machen, aber wenn es passiert, dann kommt nicht zu mir, um euch auszuweinen. Ich werde euch nicht aufmunternd auf die Schulter klopfen, sondern ich gebe euch jetzt das Wichtigste überhaupt: mein uneingeschränktes Vertrauen. Wie ihr wisst, herrscht hier gerade Notstand. Wir sind alle mit dem Fall Ameri befasst und sind auf jede erdenkliche Hilfe angewiesen. Ich gebe euch den restlichen Nachmittag und morgen Vormittag, um eure Kollegen, das Gebäude und die Stadt kennenzulernen, kurz: um euch einzugewöhnen. Ab morgen Nachmittag betrachte ich euch als einsatzbereit. Habt ihr schon eine Bleibe?«
    »Ich wohne bei einer Cousine in Sori«, sagte die Giolitti.
    »Mir wird nächste Woche eines unserer Apartments übergeben. Im Moment übernachte ich im Hotel«, erklärte die Boemi.
    »Du kannst zu mir kommen, wenn du Lust hast«, warf die andere ein.
    »Nun … danke, mal sehen …«
    Giampieri spürte einen Stich der Eifersucht.
    »Okay, macht das untereinander aus. Wenn ihr etwas braucht, dann fragt nach dem Beamten Iannece. Morgen werdet ihr euch Inspektor Calabrò zur Verfügung stellen, der euch sagen wird, was zu tun ist. Noch Fragen?«, schloss er mit einem Blick auf die Blondine.
    |110| Sie errötete leicht, schüttelte den Kopf und piepste: »Alles klar. Danke.«
    Giampieri vermied es, sie anzulächeln. Solange man in einer Machtposition war, sollte man es tunlichst vermeiden, auch nur einen Millimeter Boden abzutreten. Vor allem gegenüber verwöhnten und attraktiven Mädchen. Aber als sie sich zum Ausgang wandten und er Stefanias prallen runden Hintern sah, wusste der Vizekommissar, dass seine Tage von nun an anders aussehen würden.

|111| Donnerstag
    Luciani
    Der Vater saß in dem braunen Ledersessel, der in Marco Lucianis Erinnerung der Sessel des Großvaters war. Wenn er sie besuchte, in den Weihnachtsferien oder zu sonst einer besonderen Gelegenheit, verbrachte Großvater Mario die meiste Zeit des Tages in diesem Sessel, schaute fern oder las die Zeitung, als er dazu noch in der Lage war, und am Ende döste er fast nur noch. Er war dreiundneunzig Jahre alt geworden, und bis ins achtundachtzigste Jahr hatte er alleine gelebt, in dem alten Mailänder Arbeiterbezirk, dem er nie den Rücken kehren wollte, nicht einmal als der Sohn sich, vom Tangentopoli-Skandal überrollt, aus dem Berufsleben zurückzog und ihm vorschlug, zu ihnen nach Camogli in die Villa zu ziehen, wo man ihm ein eigenes Mini-Apartment eingerichtet hätte. Nicht einmal als der Sohn ihm anbot, in der Nähe ein Häuschen und ein Stück Land zu kaufen. Großvater Mario hatte nie an diesen unverhofften Reichtum geglaubt, an all dieses Geld, dessen Herkunft er nicht recht durchschaute, das ihm aber in jedem Fall zu viel und zu leicht verdient erschien. Jedes Mal wenn der Sohn ihm etwas Teures schenkte, sei es einen Fernseher, ein High-Tech-Telefon oder auch nur einen Pullover mit einem etwas zu eleganten Touch, dann zog er eine Grimasse und sagte Sachen wie: »Mein altes Telefon funktionierte bestens, wieso bringst du mir das hier, mit dem ich nicht zurechtkomme?«, oder: »Wer weiß, wie viel da die Ersatzteile kosten.« Und wenn der Sohn entnervt erwiderte: »Papa, Ersatzteile gibt es nicht, wenn etwas kaputtgeht, dann schmeißen wir es weg und |112| kaufen etwas Neues, das nennt man Konsumgesellschaft, und es ist wunderbar«, dann schüttelte Opa

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