Kein Schwein bringt mich um
Provence.«
Nachdem um die vier Dutzend Warmhalteboxen ins Haus transportiert worden waren, sagte Meister Lampe endlich: »Das warâs, guten Appetit. Falls Sie noch einmal zu heiraten gedenken, stehen wir selbstredend gerne fürs Catering zur Verfügung. Einen schönen Tag noch.«
Als der Lieferwagen vom Hof gefahren war, inspizierte ich meine Küche. Chaos pur. Jeder Quadratmillimeter Boden-, Tisch- und Schrankfläche war mit Tabletts belegt. Und Peter mittendrin.
»Dieser Fisch. Ekelhaft wie der Fish-Mac von McDoof. Selbst Remoulade und Brötchen fehlen. Ich kann diesen Gestank einfach nicht ab. Aber der Rest ist grandios.«
»Das sind mindestens drei Zentner Fressalien«, stöhnte die gelernte Hausfrau in mir auf. »Dafür reichen Kühlschrank und Gefriertruhe nie und nimmer.«
»Schmeià doch âne Fete.«
»Was sollen wir denn feiern? Ottos und Lunas Tod oder meine geplatzte Hochzeit? Du hast vielleicht Nerven.«
»Ich bin ja auch völlig fertig deswegen«, seufzte er. Zumindest hatten die schrecklichen Ereignisse Peters Appetit nichts anhaben können, denn er vertilgte jetzt genüsslich Blumenkohl mit Rehrücken. »Aber irgendwann musst du wieder nach vorne schauen. Wenn du Sand in den Kopf steckst, hilft das auch nicht weiter«, verhunzte er in bester FuÃballermanier das Sprichwort.
»Wenn du es sagst.«
»Alter Schwede, bin ich vollgefressen.« Er gab das Ende der Mahlzeit durch einen gepflegten Rülpser bekannt.
Ich entschied, das Problem Speiseverwertung später zu lösen, und schob Kansas in den CD -Schacht. »I close my eyes only for a moment, and the momentâs gone. All my dreams pass before my eyes, a curiosity. Dust in the wind, all we are is dust in the wind.«
Die Melancholie des Songs strich tröstlichen Balsam auf meine verwundete Seele. Wir alle sind Staub im Wind.
Macht es gut, Otto und Luna.
Danke für die wunderschöne Zeit, Karin.
Dann war Schluss mit der Trauerbewältigung. Während Gurkennase sich auf die Couch fläzte und binnen Sekunden entschlummert war, führte ich einige Recherchetelefonate und stöberte im Internet, bis ich Gewissheit hatte: Grabowskis Hinweis war Gold wert gewesen.
Plötzlich schellte es erneut. Kam man hier denn gar nicht zur Ruhe? Mit einer gehörigen Portion Aggression im Leib riss ich die Tür auf.
»Ach, Sie sind es nur, Gott sei Dank. Ein bisschen spät dran heute, oder?«, rief ich gelöst aus und schüttelte meinem Postboten die Hand.
»Ich habe ein Päckchen für Sie, von einem gewissen Ronny Sanger. Leider hat er kein Porto bezahlt. Bestimmt ein Hochzeitsgeschenk, nicht wahr, Herr Nannen?«
Bestimmt nicht. Ronny hatte ich tatsächlich in dem Trubel der letzten Tage völlig vergessen. Ihm hatte ich vor ein paar Tagen die Drohbriefe geschickt, die Luna Mancini erhalten hatte. Ich war gespannt, was er rausgefunden hatte. Im Grunde aber war es egal: Was immer auch in diesem Päckchen steckte, es kam zu spät, denn schlieÃlich kannte ich jetzt den Mörder.
An einen Charakterzug Ronnys wurde ich vom Briefträger erinnert: Er war der ungekrönte Maestro des Geizes oder, wie er es gern ausdrückte, »ein pfiffiger Optimierer im Monetärkomplex«. Daran musste ich sofort denken, als ich dem Postboten das Porto in die neurodermitische Hand drückte.
»Stimmt so.«
»Danke schön. Und viel Glück für Ihr Eheleben.«
»HeiÃen Dank«, brabbelte ich nur vor mich hin, denn auf eine weitere Konversation zu diesem Thema hatte ich nun weià Gott keinen Bock.
Da Grabowski mit unverschämter Lautstärke auf dem Sofa schnarchte, verzog ich mich in die Küche und schloss die Tür. Ich wollte mir zumindest mal anschauen, was Ronny geschickt hatte.
Achtlos riss ich das Päckchen auf, und heraus purzelte eine Musikkassette.
Für die jüngeren Leser sei gesagt, dass die Audio-Kassette eine Form der Musikaufnahme war, bevor es solch revolutionäre Erfindungen wie CD - ROM und MP3 gab. Entweder man hockte damals stundenlang vor dem Radio, um seine Lieblingslieder mitzuschneiden, oder man überspielte sich mit seinen Kumpeln gegenseitig LP s auf Kassette, um Geld zu sparen. Für die jüngeren Leser sei zusätzlich gesagt, dass » LP « die Abkürzung für »Langspielplatte« ist.
Besonders beliebt waren damals auch die sogenannten Mix-Tapes,
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