Kein Sex ist auch keine Loesung
was denn nochmal dagegensprach. Na ja, außer vielleicht, dass ich in diesem speziellen Fall besser daran täte, mich
auf die morgige Mission vorzubereiten, anstatt mich schnöder Fleischeslust hinzugeben.
Ein weiterer Grund könnte sein, dass ich ungern tagelang ignoriert werde, um mich dann auf Knopfdruck wieder um den kleinen
Finger wickeln zu lassen. Noch dazu im eigenen Wohnzimmer. Irgendwie schaffe ich es aber gerade nicht, beleidigt zu sein.
Und vernünftig schon gar nicht. Und was ich erst recht nicht besonders gut kann, ist, in diesem Moment die Finger von ihr
zu lassen. Gerade |106| streiche ich ihr nämlich das vom Toben elektrisierte Haar aus dem Gesicht, wobei ich die zarte Haut ihrer Wange spüre.
Warum wollte ich nochmal vernünftig sein? Wer muss morgen früh aufstehen? Was wollte ich heute Abend eigentlich noch erledigen?
Ich kann mich an nichts erinnern. Nein, das stimmt nicht so ganz. Ich kann mich noch vage erinnern, dass ich eine Pizza bestellen
wollte, aber das kann warten. Erst mal küsse ich Elisa, und es fühlt sich noch viel besser an als die ersten beiden Male.
Beinahe schon ein bisschen vertraut, aber gleichzeitig noch so aufregend, dass mir fast die Sinne schwinden.
Vince ist ja bei seinem ersten Kuss mit Susanne ohnmächtig geworden. Und als wäre das nicht schon peinlich genug, hat er sich
dabei den Kopf an einem Barhocker aufgeschlagen. Susanne musste ihn daraufhin ins Krankenhaus bringen, wo seine hässliche
Platzwunde noch in derselben Nacht genäht wurde.
Tja, irgendwie stellt man sich unter einem romantischen Date doch etwas anderes vor.
Ich habe mich, Gott sei Dank, wieder unter Kontrolle, und wir wälzen uns inzwischen leidenschaftlich auf der nackten Susan
Stahnke. Im Geiste danke ich einmal mehr dem schwulen Verkäufer von Möbel Kraft, der mir beim Kauf des Sofas augenzwinkernd
versicherte, es wäre groß genug, um da wirklich alles drauf zu machen …
Ich nehme an, an dieser Stelle erwarten Sie Details. Eigentlich bin ich diesbezüglich auch gar nicht prüde, bloß kann ich
mich nicht mehr an viel erinnern. Mein Hirn, das |107| kurzzeitig aufgequollen im Testosteron schwamm, wird nämlich gerade erst wieder abgepumpt und fühlt sich noch nicht so an,
als könnte ich es jemals wieder für irgendetwas Sinnvolles benutzen.
Das Einzige, was ich noch mit Bestimmtheit sagen kann, ist, dass Elisas offenes Haar genau bis zur Brustwarze geht, falls
es sich nicht gerade in meiner Uhr verhakt hat. Und dass sie sich angehört hat, als hätte sie Spaß gehabt.
Hmmmm. Viel Spaß. Hmmmm.
Immer noch betäubt, küsse ich ihren Nacken. Ihr Geruch nach frischen Brötchen vermischt sich mit einem Hauch Parfüm und ihrem
Schweiß. Langsam ebbt die Schwellung aller meiner Körperteile ab und macht es mir möglich zu überlegen, ob Elisa es wohl unverschämt
fände, das Sofa gleich noch einmal zu vermessen. Na ja, notfalls eben erst morgen früh …
Mit diesem und ein paar anderen warmen Gedanken |108| muss ich wohl eingenickt sein, denn als Elisa versucht, mir das Kissen unter dem Kopf wegzuziehen, schrecke ich hoch.
«Entschuldige, aber ich suche meinen BH», raunt sie mir zu.
«Den brauchst du doch jetzt gar nicht», flüstere ich zärtlich zurück und küsse ihre Schulter. Dabei umfasse ich ihre Taille,
sodass sie nicht wegkann. Elisa gibt kurz nach, befreit sich dann aber umso energischer aus meiner Umklammerung und macht
sich auf die Suche nach ihren restlichen Klamotten.
«Nicht böse sein, aber ich hab den Kater seit zwei Tagen nicht gefüttert, und außerdem habe ich Claudi eigentlich versprochen,
ihr heute noch die Haare zu färben. Und jetzt ist es immerhin schon fast zwölf!»
Gnadenlos zerrt sie ihren Rock unter meinem Rücken hervor.
Das ist ja wohl jetzt nicht ihr Ernst, oder? Kater? Claudi? So viele verschiedene Informationen kann mein Verstand nun doch
noch nicht verwerten.
«Du meinst …» Weiter komme ich nicht, weil ich im Grunde schon vergessen habe, was ich sagen will, und sie mir außerdem ins Wort fällt.
«Viel Glück morgen.»
Das, was sich wie ein Abschied anhört, fühlt sich nach einem flüchtigen Kuss auch nicht wesentlich besser an. Ein letztes
Mal fallen mir ihre Haare ins Gesicht, dann verschwindet Elisa.
Wie immer, ohne sich noch einmal umzudrehen.
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|109| 9.
«Sie ist gegangen, weil sie ihre Katze füttern muss?»
Selbst der biedere Vince kann sich ein hämisches Grinsen
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