Kein Sex ist auch keine Loesung
boykottieren, so viel steht fest. Oder hat sie allen Ernstes gedacht, ich würde Seite an Seite
mit Luke auf der Couch sitzen und an einem Kaviarpastetchen knabbern?
Aber egal. Ich bin ein einsamer Wolf und kann mein Leben auch allein meistern. Jawohl. Jagen, schlafen, spielen, fressen –
wie könnte das Leben schöner sein?
So sitze ich also kurze Zeit später allein im
Maxims
, trinke ein Bier nach dem anderen und bemitleide mich selbst. Bis dann allmählich der einsame Wolf in mir beginnt, auf Beutejagd
zu gehen und schon mal die Witterung zweier Gazellen am Nachbartisch aufzunehmen. Sie sind jung, hübsch, beschwipst, und,
was das Beste ist, sie sind interessiert. Vielleicht wird mein geheimer Wunsch nach spontanem Sex mit zwei anonymen Schönheiten
ja heute doch noch wahr. Weidmannsdank!
Doch halt. Wo soll ich nur hin mit den Gazellen? Hier im
Maxims
möchte ich es nicht unbedingt bis zum Äußersten |234| kommen lassen, schließlich ist dies meine Stammkneipe, und da will man ja nochmal wiederkommen.
Nach einigen Stunden intensiven Balzverhaltens bezahle ich erst einmal die Rechnung für uns drei, hake die Gazellen unter
und mache mich – eine rechts, eine links im Arm – auf nach draußen.
Erwähnte ich bereits, dass es Anfang November ist? Erwähnte ich außerdem, dass ich zu Fuß unterwegs bin und die beiden Damen
frierend und ebenfalls ohne Auto nun im eiligst herbeigerufenen Taxi zu mir aufbrechen wollen? Was ich aber sicherlich erwähnte,
ist die Tatsache, dass ich mit einer Frau zusammenwohne. Zwar nur noch etwa eine Woche, aber besagte Frau macht es mir unmöglich,
diese zwei Gazellenstuten mit nach Hause zu bringen. Denn, wie sich vorhin schon angedeutet hat, ist Sex mit zwei Unbekannten
offenbar nicht Bestandteil von Elisas Liste «Things to do before I die». Falls sie so eine Liste überhaupt führt.
Der Taxifahrer ist dummerweise nicht dazu zu bewegen, uns das Taxi für eine halbe Stunde allein zu überlassen. Im Gegenteil,
er will, dass wir uns schleunigst vom Acker machen. Und ehe ich mich’s versehe, stehen die Gazellen und ich wieder auf der
Straße. Allerdings nur kurz, denn dann ergreifen die beiden – getreu den Gesetzen der freien Wildbahn – nun doch noch die
Flucht, springen in ein anderes Taxi und überlassen den einsamen Wolf mit seiner angeheizten Libido allein der schattigen
Herbstnacht.
Harrrrr.
Ich könnte mich vor Wut in den Hintern beißen. Was für eine Pleite!!! Langsam, ganz langsam steige ich die |235| Treppen zu meiner Wohnung hoch, zurück zu Elisa, auf die ich sehr, sehr wütend bin.
Es war ein Fehler, Fehler, Fehler, jemals mit einer Frau zusammengezogen zu sein. Scheiße, Scheiße, Scheiße.
In meiner Wohnung angekommen, finde ich Elisa schlafend auf dem Sofa liegend vor. Offenbar ist sie vor Erschöpfung am Telefon
eingenickt, denn sie hat sich den Hörer mit einem Kopftuch am Ohr festgeknotet und sieht so aus wie der Prototyp der Teletubbies.
Vorsichtig löse ich den Knoten, und sosehr ich es auch versuche, ich kann ihr plötzlich nicht mehr richtig böse sein. Allerdings
höre ich am anderen Ende der Leitung noch jemanden atmen, und wenn das kein Ortsgespräch ist, werde ich mit Sicherheit doch
wieder sehr schnell sehr böse sein können.
In der Agentur sind die Arbeiten an der Weihnachtskampagne für
Courti + Sahne
so gut wie abgeschlossen. Freitag werden Cremands aus München zu einer endgültigen Abnahme anreisen, sodass wir voraussichtlich
ab Montag in die Produktion gehen können. Zwei Wochen später wird dann in sämtlichen Zeitschriften und auf Cityplakaten der
neue Pudding mit Zimt-Mandel-Geschmack zum Kauf locken. Im Grunde genommen ein bisschen spät, wenn man bedenkt, dass es schon
Anfang November ist und die meisten anderen Firmen bereits seit acht Wochen ihren Winterverkauf ankurbeln. Aber die Cremands
haben sich sehr lange mit der Rezeptur befasst und sind nun mal erst spät in die Fertigung gegangen.
«Irgendwie ist das verdächtig», unkt Klaus hinter seinem Empfangstresen, vor dem sich fast die ganze Mannschaft versammelt
hat. «In zwei Tagen ist die Präsentation, |236| und ihr seid schon beinahe fertig. Wenn das kein schlechtes Omen ist, dann weiß ich es auch nicht!»
Er schwenkt tuntig die Hand vorm Gesicht.
Kirsten kreuzt ihre beiden Zeigefinger wie ein Exorzist vor dem Leibhaftigen und sieht ihn beschwörend an.
«Mann, Klaus», stöhnt auch Marc, «jetzt hör mal auf, hier
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