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Kein Sex ist auch keine Loesung

Kein Sex ist auch keine Loesung

Titel: Kein Sex ist auch keine Loesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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deponiert, damit alle schön beschäftigt
     wirken.
    Ich gehe im Geiste noch einmal meine Ansprache durch und begutachte ein letztes Mal das aufgeklebte Anzeigenmotiv: eine äußerst
     hübsche, knapp bekleidete Weihnachtsmanngehilfin lutscht an einem Löffel Pudding, als wollte sie damit nach Essensresten zwischen
     ihren hinteren Backenzähnen suchen.
    Unwillkürlich muss ich an meine Verabredung mit Elisa heute Abend denken. Wir haben uns die ganze Woche kaum gesehen, da ich
     immer bis spät in der Agentur war, um auch noch das kleinste Detail persönlich zu überwachen. Meist schlief sie schon, wenn
     ich nach Hause kam, und wir konnten nicht viel mehr austauschen als ein Gähnen.
    Ihre Umzugspläne hatte ich sogar schon fast wieder vergessen, bis mir heute Morgen ein paar gepackte Kartons ins Auge sprangen.
     Seitdem habe ich ein Ziehen in meiner linken Brusthälfte, das ich – angesichts der Schlepperei, die mich nun wieder erwartet
     – als psychisch bedingtes Vorhofflimmern interpretiere.
    |240| Jetzt ist es bald wieder so weit: Ich und die Bundesliga allein auf dem Sofa bei Pizza und Bier. Willkommen im Leben, Tom
     Moreno!
    «Herzlich willkommen!» Rolf prescht auf Lydia zu, als diese aus dem Fahrstuhl tritt. «Wir freuen uns sehr, Sie endlich einmal
     hier begrüßen zu dürfen.» Er sieht zu mir rüber, als solle ich das bekräftigen, doch mir fällt nichts Positives ein, das ich
     Lydias Besuch abgewinnen könnte. Im Gegenteil.
    Sicherheitshalber kontrolliere ich noch einmal den Inhalt des Fahrstuhls. Nichts. Kein Urs, kein Sky du Mont, nicht mal die
     Schabenstimmen-Mama. Nur Lydia, ganz allein. Ich kann nicht genau sagen, warum, aber irgendwie habe ich so eine Ahnung, dass
     dies kein gutes Zeichen ist.
    «Sind Sie denn ganz ohne die Familie angereist?», will nun auch Rolf wissen.
    «Ja, leider.» Lydia versucht sich in einem bedauernden Gesichtsausdruck, aber ich durchschaue sie natürlich gleich. Der Auftritt
     hier, allein im Mittelpunkt, ist voll und ganz nach ihrem Geschmack. Sie streicht sich die Haare aus dem Gesicht, wirft lachend
     den Kopf in den Nacken und klimpert mit einem geschätzten Kilo Armreifen.
    Marc, der sich gerade zu uns gesellt, tut dies mit offenstehendem Mund und hypnotisiertem Blick. Und da Männer ja bekanntlich
     voneinander nur das Schlimmste annehmen, weil sie immer von sich auf andere schließen, ist es vermutlich nur noch eine Frage
     der Zeit, bis entweder er oder Rolf mir auf die Schliche kommt. Zwar gehe ich nicht davon aus, dass es während der Präsentation
     zu Fummelübergriffen kommt, aber die beiden sind ja nicht völlig verblödet. Sobald sie ihren Hormonfluss wieder unter |241| Kontrolle haben, werden sie uns ansehen, dass da was gelaufen ist. Wetten?
    Rolf ergreift noch einmal das Wort: «Vielleicht sollten wir gleich mit der Präsentation beginnen, dann haben wir den förmlichen
     Teil hinter uns gebracht und können zum Angenehmen übergehen.» Er zwinkert mir zu, als wollte er eigentlich gesagt haben:
     Besser, wir beeilen uns, damit Tom heute noch einen wegstecken kann.
    Lydia nickt zustimmend, und Rolf trabt allen voran in den Konferenzraum. Marc, dem nun schon Speichelfäden aus dem Mund tropfen,
     stelzt breitbeinig wie ein Zuchtbulle hinterher. Ich folge eher unauffällig.
    Die Präsentation an sich ist nicht das Problem. Vor lauter Angst, jemand könnte denken, dass ich Lydia zu lange ansehe, gucke
     ich einfach komplett an ihr vorbei. Dabei hetze ich durch die Kampagne, als sei der Teufel hinter mir her.
    «Entschuldigen Sie, Herr Moreno aber könnte ich das vorherige Motiv noch einmal sehen?» Lydia ist offenbar nicht der Meinung,
     wir müssten das hier schnell und ohne Augenkontakt hinter uns bringen.
    «Äh, ja, klar. Entschuldigung.» Vor Schreck vergesse ich, sie
nicht
anzusehen, und da ist es auch schon passiert. Ich kann mich einfach nicht dagegen wehren. Ich sehe Lydia, nackt und puddingbeschmiert,
     auf meinem Schoß sitzen, während ich   … Ja, sieht das denn außer mir sonst keiner?
    «Jetzt haben wir es aber alle gesehen», sagt Rolf mit der gutmütigen Stimme eines Kindergärtners und blickt mich mit großen
     Augen und Dackelfalten auf der Stirn an.
    Mir bricht der Schweiß aus.
    |242| «To-hom! Hallo! Das nächste Motiv bitte. Dies hier haben wir jetzt zur Genüge betrachtet.» Er nickt mir nun so aufmunternd
     zu, als müsse er mich dazu ermutigen, vor der restlichen Kindergartengruppe ein Gedicht aufzusagen.
    Irgendwie

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