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Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Titel: Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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klingelte, öffnete er die Tür und trat dem Besucher entgegen.
    Ich sah mich um. Tyrese und Brutus waren verschwunden - in einem Vorort mit fast ausschließlich weißen Bewohnern vor dem Haus eines Polizisten herumzulungern, wäre nicht sehr clever gewesen.
    »Beck?«
    Ich hatte keine Wahl. Ich dachte an die Glock. Als ich mit der linken Hand zum Türknauf griff, legte ich die rechte auf die Hüfte. Für alle Fälle. Ich drehte den Knauf, stieß die Tür auf und steckte den Kopf durch den Spalt.
    »Ich bin in der Küche«, rief Hoyt.
    Ich trat ein und schloss die Tür hinter mir. Es roch nach Zitrone - einer dieser Duftspender, die man in die Steckdose steckte, um Gerüche zu neutralisieren. Ich atmete flach.
    »Isst du mit?«, fragte Hoyt.
    Ich konnte ihn immer noch nicht sehen. »Danke, nein.«
    Ich stapfte über den dicken Teppich zur Küche. Diesmal zuckte ich vor den alten Fotos auf dem Kamin nicht zurück. Als ich in der Küche war, sah ich mich um. Leer. Ich wollte mich schon wieder umdrehen, als ich den kalten Stahl an der Schläfe spürte. Plötzlich legte sich eine Hand um meinen Hals und riss ihn hart zurück.
    »Bist du bewaffnet, Beck?«
    Ich rührte mich nicht und schwieg.
    Hoyt presste die Pistole weiter an meine Schläfe, lockerte den Griff der anderen Hand und fing an, mich abzutasten. Er fand die Glock, zog sie aus meinem Hosenbund und stieß sie mit dem Fuß übers Linoleum in die andere Küchenecke.
    »Wer hat dich hergebracht?«
    »Ein paar Freunde«, brachte ich heraus.
    »Was für Freunde?«
    »Was soll der Scheiß, Hoyt?«
    Er trat zurück. Ich drehte mich um. Die Pistole war auf meine Brust gerichtet. Die Mündung kam mir riesig vor; sie öffnete sich wie ein gewaltiges Maul, das mich zu verschlingen drohte. Ich konnte den Blick kaum von diesem kalten, dunklen Tunnel abwenden.
    »Bist du hier, um mich umzubringen?«, fragte Hoyt.
    »Was? Nein.« Ich zwang mich, ihm ins Gesicht zu sehen. Hoyt war unrasiert. Seine Augen waren blutunterlaufen. Er schwankte. Er hatte getrunken. Und zwar eine ganze Menge.
    »Wo ist Mrs Parker?«, fragte ich.
    »Sie ist in Sicherheit.« Eine seltsame Antwort. »Ich hab sie weggeschickt.«
    »Warum?«
    »Kannst du dir doch denken.«
    Allmählich konnte ich es mir zumindest vorstellen.
    »Warum sollte ich dich umbringen, Hoyt?«
    Er hatte seine Waffe immer noch auf meine Brust gerichtet. »Trägst du immer eine versteckte Pistole, Beck? Dafür kann ich dich in den Knast bringen.«
    »Du hast mir Schlimmeres angetan«, entgegnete ich.
    Seine Gesichtszüge erschlafften. Er stöhnte leise.
    »Wessen Leiche haben wir damals eingeäschert, Hoyt?«
    »Du hast ja keine Ahnung.«
    »Ich weiß, dass Elizabeth lebt«, sagte ich.
    Seine Schultern sanken herab, aber die Waffe blieb, wo sie war. Ich sah, wie sich die Muskeln in seiner Hand spannten, und dachte einen Augenblick lang, er würde abdrücken. Ich überlegte, ob ich ausweichen sollte, aber dann hätte er mich wahrscheinlich mit dem zweiten Schuss erwischt.
    »Setz dich«, sagte er leise.
    »Shauna hat den Obduktionsbericht gelesen. Wir wissen, dass die Frau im Leichenschauhaus nicht Elizabeth war.«
    »Setz dich«, wiederholte er und hob die Waffe ein wenig. Ich halte es durchaus für möglich, dass er mich erschossen hätte, wäre ich seiner Aufforderung nicht nachgekommen. Er führte mich wieder ins Wohnzimmer. Ich setzte mich auf die hässliche Couch, die Zeuge so vieler erinnerungswürdiger Augenblicke geworden war, hatte aber den Eindruck, dass sie alle nur kleine Feuerzeugfunken gewesen waren im Vergleich zu dem Fegefeuer, das gleich in diesem Raum ausbrechen würde.
    Hoyt setzte sich mir gegenüber. Er hatte die Pistole immer noch auf meine Brust gerichtet. Er gönnte der Hand keine Pause. Hatte er wohl in der Ausbildung gelernt. Er wirkte vollkommen erschöpft, wie ein Ballon mit einem winzigen Loch, der unmerklich Luft verliert.
    »Was ist passiert?«, wollte ich wissen.
    Er beantwortete meine Frage nicht. »Wie kommst du darauf, dass sie noch lebt?«
    Ich stutzte. Sollte ich mich geirrt haben? Wusste er womöglich gar nichts davon? Nein, entschied ich sofort. Er hatte die Leiche gesehen. Er hatte sie identifiziert. Er musste Bescheid wissen. Aber dann fiel mir die E-Mail wieder ein.
    Kein Sterbenswort …
    War es ein Fehler gewesen, hierher zu kommen?
    Auch nicht. Die Nachricht stammte aus der Zeit vor diesen ganzen Verwicklungen - praktisch aus einer anderen Ära. Ich musste eine Entscheidung treffen. Ich

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