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Kein Tod wie der andere

Kein Tod wie der andere

Titel: Kein Tod wie der andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Ness
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der er zutrauen würde, seine Spuren zu verfolgen.
    Nachdem sie Alexanders Schulfreund erklärt hatte, wie sie auf ihn gekommen war, hatte er ihr Alexanders Sicherungsdateien ausgehändigt. Auf ihre Frage, wie vertraulich diese Daten zu handhaben seien, antwortete Koschinski nur, dass Alexander über eine hervorragende Menschenkenntnis verfügte und den Menschen, die er wertschätzte, auch vertraut habe. Diese Aussage rührte sie noch immer. Doch die nächste Einschätzung, die Koschinski über Alexander geäußert hatte, machte ihr Angst: Genauso sei Alexander von einem teilweise schon krankhaften Ehrgeiz befallen gewesen, einmal ein ganz Großer zu werden. Das wäre schon in der Schulzeit so gewesen. Und dafür war er auch bereit gewesen, alles zu riskieren.
    Sobothy hatte die CD -Hülle mit einem selbst gedruckten Cover von Dave Brubecks »Take Five« und einer entsprechend beschrifteten gebrannten  CD an sich genommen und war mit sehr beklemmenden Gefühlen gegangen. Sie hatte überlegt, ob sie direkt nach Hause fahren wollte, beschloss aber stattdessen, sich die  CD noch vor Ort anzuschauen. In Aldenhoven hatte sie an einem Platz ein Café in einem mittelalterlichen Haus entdeckt. Mit ihrem Netbook zog sie sich dort in eine Ecke zurück. Nach drei Kännchen Tee hatte sie erst einmal genug gesehen.
    Jetzt saß sie in der einsetzenden Dämmerung immer noch vor dem rumorenden Braunkohleloch. Am Horizont fanden einige Sonnenstrahlen eine Lücke in der welligen Wolkendecke und färbten Himmel und Landschaft in rötliche Pastelltöne. Doch auch der farbenprächtige Mantel, den die untergehende Sonne über die Kraterlandschaft legte, vermochte Hannah Sobothys Bestürzung nicht zu mindern.

28
    Trier/Luxemburg; Mittwoch, 15.   Juni
    Christian Buhle lag im Bett. Aus dem geöffneten Fenster drangen die Geräusche der einschlafenden Stadt bis zu ihm vor. Der nächtliche Lichtkörper über der Moselmetropole sickerte durch die hellen Vorhänge herein und ließ ihm sein spärlich möbliertes Schlafzimmer wie ein Standbild in einem Schwarz-Weiß-Film erscheinen. Auch seine Gedanken standen seit vielen Minuten still. Er hatte den vergangenen Tag Revue passieren lassen, hatte die Ermittlungen im Geiste zusammengefasst und sich die nächsten Schritte zurechtgelegt. Dann war er beimTagesabschluss mit Marie angelangt, und seitdem fand kein verwertbarer Gedanke mehr Zugang zu seinem Bewusstsein.
    Kurz nach Mitternacht vermeldete sein Handy den Eingang einer Nachricht. Es dauerte eine ganze Minute, bis er reagierte, und es schien ihm, als ob er damit die ganze Statik seines labilen gedanklichen Gerüstes so entscheidend schwächte, dass es schon in sich zusammengefallen war, als er die SMS schließlich öffnete. Doch als er die Tragweite der kurzen Meldung schließlich verstanden hatte, fokussierte sich sein Denken sofort wieder auf den Mordfall. Er wählte die Nummer der Absenderin.
    Hannah Sobothy nahm das Gespräch an, als ob sie darauf gewartet hatte. »Hallo, Sie haben noch Fragen?«
    Buhle war etwas perplex, doch dann antwortete er genauso direkt: »Damit haben Sie doch jetzt gerechnet, oder? Frau Sobothy, was haben Sie herausgefunden?«
    »Ich wollte Ihnen nur den Tipp geben, bei einem Institut für Virologie in der luxemburgischen Gesundheitsbehörde nachzuhören. Vielleicht kommen Sie dort dahinter, was Alexander in dem Bereich Virusepidemien und Biowaffen umgetrieben hat.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Das möchte ich Ihnen nicht sagen; vielleicht später.«
    »Können wir uns treffen, Frau Sobothy? Am besten jetzt gleich.«
    »Ich bin nicht in Trier. Vielleicht morgen Abend.«
    Die Radioreporterin sprach in einem ruhigen, freundlichen, fast freundschaftlichen Ton. Doch Buhle spürte, dass da auch eine große Anspannung mitschwang. »Wo sind Sie denn jetzt?«, fragte er, doch Hannah Sobothy antwortete nicht. »Haben Sie die Sicherungsdateien von Altmüller gefunden?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Weil wir in den vorliegenden Unterlagen keinen Hinweis auf ein Institut gefunden haben.«
    »Herr Buhle, seien Sie mir nicht böse, aber es war ein langer, anstrengender Tag für mich. Ich melde mich morgen wieder bei Ihnen. Dann kann ich Ihnen vielleicht mehr sagen, und vielleicht … können Sie mir dann auch sagen, wie brauchbar mein Tipp war. Gute Nacht.«
    »Halt, warten Sie …«, doch die Journalistin hatte das Gespräch schon unterbrochen.
    Buhle versuchte die Wahlwiederholung, aber die Empfängerin war nicht mehr

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