Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa
allein und würdest deinen Artikel schreiben.«
»Apropos.« Ines musterte Tom neugierig. »Bist du hier wirklich hinter einer Geschichte her?«
»Nein.« Verlegen schob er seine Hände in die Jeanstaschen. »Aber das klingt doch besser, wenn man seinen Chef trifft. Der
soll ruhig denken, ich wäre immer im Dienst. Na ja, dann will ich nicht länger stören. Also, bis dann.«
Meine Schwester und ich waren endlich mal wieder nur zu zweit. Wir sahen uns an, dann fing sie an zu lachen.
»Tom Hansen. Na ja, du warst ja noch sehr jung. Aber ich habe gesehen, wie du David Bruhn angeguckt hast. Das fand ich sehr
offensichtlich. Und ab morgen springt dann auch noch der Schwedenhappen hier herum. Viel Spaß, aber nimm es als Crashkurs,
um zu lernen, wie man Entscheidungen trifft.«
»Danke.« Ich ließ mich auf die Sessellehne sinken und griff nach der Rotweinflasche. »Du bist eine wahre Hilfe. Was soll ich
denn tun? Als ob das ganze Theater mit der Pension nicht reichte.«
»Wir gucken uns jetzt etwas auf YouTube an.« Meine Schwester lächelte. »Damit schon einmal ein Geheimnis gelöst ist.«
Sie klappte ihren Laptop auf. »Und wenn du das gesehen hast, reden wir über den Rest.«
Die Muscheln knirschten und knackten unter meinen Turnschuhen, während ich am Flutsaum entlangmarschierte. Ich hatte mein
Tempo angezogen, auf der Höhe der »Oase« musste ich vor Seitenstechen stehen bleiben. Mit Blick auf die Brandung atmete ich
durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus, bis sich mein Puls normalisiert hatte. Trotz des Nieselregens war mir warm,
ich zog den Reißverschluss der Regenjacke auf und ging langsam weiter.
Es hatte keinen Zweck, ich würde auf dieser Insel nicht weglaufen können, irgendwann war sie zu Ende und fing wieder von vorn
an. Es machte auch keinen Sinn, so lange um sie herum zu laufen, bis sich alle Probleme erledigt hätten. So lange könnte ich
gar nicht ohne Nahrung und Wasser durchhalten.
Ines hatte mich beobachtet, als ich mir am Abend zuvor die Aufzeichnung von Adelheids großem Fernsehauftritt angesehen hatte.
Zunächst wusste ich überhaupt nicht, was diese Quizshow mit den Geheimnissen, die um uns herum waren, zu tun hatte, aber dann
kam es:
Adelheid hatte sich souverän und ohne Joker durch alle Fragen bis zu 125 000 Euro geschlagen. Sie hatte ganz erstaunliche Sachen gewusst, ich war schwer beeindruckt. Ob es um die Salzgewinnung aus Meerwasser
oder um die Leitfähigkeit von Kupfer ging, sie kannte die richtigen Antworten. Und dann kam die 500 00 0-Euro -Frage. Sie lautete: »Scarlett O’Hara sieht sich plötzlich einer Katastrophe gegenüber. Was ist passiert? A. Terra brennt, B. Torres brennt, C. Tara brennt, D. Torax brennt.«
Adelheid sah den Quizmaster gelassen an und sagte, dass sie sich nicht sicher sei, aber sie hätte einen sehr guten Freund,
der ›Vom Winde verweht‹ in- und auswendig kenne, ihr Telefonjoker, ihr Freund Pierre.
Der Quizmaster ließ die Nummer wählen, Pierre meldete sich, und Adelheid las ihm, immer noch entspannt, die vier Möglichkeiten
vor. Sie war sich so sicher, dass er es wissen würde. Ich war fast gerührt. Pierre hatte zwar einen Moment überlegt, dann
aber seine Antwort gegeben, die in ungefähr sechs Millionen Haushalte übertragen wurde. Ohne zu zögern wiederholte Adelheid
sie. Laut und deutlich sagte sie: »Ich wusste doch, dass er es weiß: Antwort A.« Der Quizmaster fragte sie, ob sie sicher
sei. Vermutlich machte er das, um die Spannung zu erhöhen, sie nickte nachdrücklich, und er loggte ein.
Die Antwort war falsch. »Terra« hat nie gebrannt, es brannte nur »Tara«. Pierre hatte es vergeigt. Adelheids Miene war gefroren.
Und dann drehte sie ihren Kopf mit der frisch ondulierten Frisur in die Kamera.
»Du Klugscheißer. Von wegen, du hast das Buch mindestens zehn Mal gelesen. Du Rhett Butler für Arme. Peter, ich bin fertig
mir dir.«
Der Gesichtsausdruck des Quizmasters im Abspann war sensationell.
Ines hatte das Programm beendet und ihr Laptop zugeklappt.
»Das war’s«, hatte sie gesagt. »Das ist der Grund, warum Adelheid ihn nicht leiden kann. Sie findet, dass er sie um den ganz
großen Gewinn gebracht hat.«
»Aber sie wusste es doch selbst nicht.«
»Sie war auch nicht der Telefonjoker. Und er ist sauer, weil sie ihm nichts vom Gewinn abgegeben hat, obwohl es so vereinbart
gewesen war, weil er vorher mit ihr geübt hatte. Das war der Beginn eines
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