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Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa

Titel: Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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Ahnung, was das hier
     sein könnte?«
    Hans-Jörg kam gerade mit einem Sack Zwiebeln in die Küche. »Das kann ich von hier aus nicht sehen, da müsste ich mal riechen.«
    »Ja, dann komm!«
    Sehr langsam ging er auf meine Mutter zu und hielt die Nase in die Dose.
    »Majoran.« Dann setzte er sich Pierre gegenüber und fragte: »Hilfst du eigentlich auch mit?«
    Meine Mutter schnupperte noch einmal und sah ihn verblüfft an. »Das ist Majoran? Das riecht aber komisch. Hanna, weißt du,
     wo das überall reinkommt?«
    Pierre wischte sich den Schweiß von der Stirn und schob die Schüsseln zur Seite.
    »Nein, Hans-Jörg, ich habe einen anderen Job, ich sollte nur mal probieren. Übrigens, Charlotte, die mittlere, ohne das rote
     Zeug, die ist am besten.«
    Ich ließ das Fenster offen und folgte Pierre hinaus. Dabei verkniff ich mir die Frage, was für ein rotes Zeug meine Mutter
     in eine Hühnersuppe streute.
     
    Auf dem Hof atmete ich tief durch. Pierre war stehen geblieben und drehte sich zu mir um.
    »Du, Charlotte und Hanna sind wirklich ausgesprochen reizende Personen.«
    »Was?« Ich hatte mit allen möglichen Kommentaren gerechnet, nur mit diesem nicht. »Ich dachte, ich müsste dich retten.«
    Erstaunt sah er mich an. »Nein, nein. Deine Mutter hat gesagt, ich solle doch hier ruhig Mittag essen. Ich habe ihr erzählt,
     dass ich das bei Marleen immer mache. Aber solangeAdelheid   … also, das geht jetzt nicht. Und da hat Charlotte gesagt, das wäre wohl das Mindeste. Und ich könnte auch gleich alle neuen
     Rezepte probieren. Die beiden sind richtig kreativ, was?«
    »Kreativ?«
    Das konnte auch nur ein schwuler Barkeeper so schönreden. In diesem Moment bog Toms Mutter mit zwei schweren Tüten um die
     Ecke. Ich verschluckte alle weiteren Sätze und legte dem neuen Busenfreund meiner Mutter nur schnell die Hand auf den Arm.
    »Bestimmt. Ich muss noch etwas erledigen, wir sehen uns nach dem Essen in der Bar, oder? Also, bis später.«
    Ich ließ ihn stehen und lief auf Frau Hansen zu, in der sicheren Erwartung einer sehr sentimentalen Begrüßung.
    »Hallo, Frau Hansen, jetzt treffen wir uns endlich.«
    Toms Mutter ließ ihre Tüten sinken und sah mich fragend an.
    »Guten Tag, ich weiß jetzt nicht   …?«
    Ich streckte ihr meine Hand entgegen. »Christine. Ich bin Christine Schmidt. Sie haben doch meiner Schwester schon gesagt,
     dass Sie mich kennen. Ich war früher mal kurz die Freundin Ihres Sohnes.«
    »Ach so, ja.« Ihre Stirn krauste sich, dann blickte sie mich erleichtert an. »Natürlich. Stimmt. Christiane. Genau.«
    »Christine«, verbesserte ich sie sanft.
    »Ja. Habe ich doch gesagt. Ich bin nicht blöde.« Energisch griff sie wieder zu ihren Tüten. »Ich war einkaufen. Haben Sie
     sich meinen Sohn mal genau angesehen? Der trägt diesen Pullover seit ungefähr zehn Jahren. Diesen dunkelblauen Sack, ich kann
     den nicht mehr sehen. Ich habe ihm zwei neue gekauft. Seit Beate ihn verlassen hat, hat er den dauernd an. Vielleicht hat
     sie ihn auch genau deswegen verlassen. Wegen so eines alten Pullovers. Glauben Sie das?«
    »Ähm   …«
    »Sehen Sie.« Triumphierend strahlte sie mich an. »Jetzt hat er zwei neue. Aber lassen Sie bloß die Finger von ihm. Er lebt
     schon zu lange allein, langsam wird er komisch.«
    »Ich hatte auch gar nicht vor   …«
    »Ich weiß. Das sagen sie alle.« Frau Hansen nickte und ging an mir vorbei. »Sie sollten es nur wissen. Bis später.«
    Verwirrt sah ich ihr nach. Da hatte ich doch mehr Informationen bekommen, als ich eigentlich haben wollte: Beate hatte ihn
     verlassen, er wurde komisch und Mutti kaufte ihm Pullover. Frau Hansen hatte denselben Gesichtsausdruck wie mein Vater, wenn
     er meinte, recht zu haben. Der arme Tom.

Am Ende der Strandstraße blieb ich stehen und überlegte, ob ich an der Promenade entlang direkt zur Pension zurückgehen oder
     kurz in die Boutique schauen sollte, vor der ich mich gerade befand. Hier hatte ich mir letztes Jahr für mein erstes Treffen
     mit Johann ein sündhaft teures Kleid gekauft. Zum einen war Johann aber nicht hier, und zum zweiten hatte ich überhaupt kein
     Geld übrig, schon gar nicht für Läden dieser Preisklasse. Bedauernd blickte ich ins Schaufenster und sah Eleonore Stehler,
     die sich in einem kurzen bunten Kleid vor dem Spiegel drehte. Ich trat einen Schritt näher an die Scheibe. Die gute Eleonore
     war eindeutig zu alt für dieses Kleid, Größe 36 hin oder her. Trotzdem war ich mir sicher, dass

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