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Kein zurueck mehr

Kein zurueck mehr

Titel: Kein zurueck mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swati Avasthi
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riskant, weißt du das? Mirriam hat mir erzählt, dass das ein typisches Muster ist. Wenn sie versucht zu gehen – das ist die gefährlichste Zeit«, sagt er.
    »Und das musste Mirriam dir erklären?«, sage ich.
    Er schweigt und mir wird bewusst, dass ich zu sarkastisch war, aber jetzt weiß ich nicht mehr, wie ich der Bemerkung die Spitze nehmen soll.
    »Jace«, sagt er leise.
    »Ja?«
    »Sie hat doch versprochen, dass sie kommt? Das hat sie wirklich gesagt, oder?«
    »Sie hat gesagt: ›Ich komme nach.‹«
    »Oh. Kann ich dich was fragen?«, sagt er und bricht endlich die Regeln, die ich schon die ganze Zeit mit Füßen getreten habe.
    »Ausnahmsweise«, sage ich grinsend, aber er grinst nicht zurück.
    »Hat sie jemals wieder versucht ihn zu verlassen, seit diesem einen Mal?«
    Ich schüttele den Kopf. »Ich hab sie damals angefleht, ihn nicht zu verlassen. Wusstest du das?«
    »Du warst ja auch erst … wie alt? Sechs?«
    »Fünf«, sage ich. »Diesmal wird sie schlauer sein, stimmt’s? Ich meine vorsichtiger, stimmt’s?«
    »Nur noch sechs Tage.«
    Für den Rest der Fahrt nach Hause schweigen wir. Ich drehe die Musik auf, um es zu überspielen, als würden wir nicht beide an den Tag denken, an dem sie versucht hat, uns Hals über Kopf in ein Frauenhaus zu bringen, den Tag, an dem sie beschloss, dass das Unterschicht-Leben, in dem sie aufgewachsen war, besser war als der Missbrauch, den sie jetzt ertrug.
    An diesem Abend versuche ich vergeblich einzuschlafen. Immer wieder höre ich die Stimme meines Vaters, wie sie von wütend zu eiskalt wechselt. Immer wieder sehe ich den elfjährigen Christian vor mir, wie er zwischen meinen Dad und meine Mom tritt.
    Sie hatte ihn gewarnt, wenn er uns jemals ein Haar krümme, wäre sie auf und davon. Ich weiß nicht; vielleicht hat Christian es deshalb getan, um sie zu zwingen, uns da rauszuholen. Aber ich glaube, Christian liebte sie einfach zu sehr, um weiter schweigend zuzusehen.
    Christian und ich saßen in seinem Zimmer, während Dad sie unten anbrüllte. Ich weiß gar nicht mehr, worum es ging. Wir versuchten, Quartett zu spielen, aber unsere Stimmen wurden immer leiser, während wir gleichzeitig zuhörten, wie unser Vater unten Gift und Galle spuckte. Dann hörten wir ein Klatschen auf ihrer Haut: ein Schlag mit der offenen Hand. Wohin? In ihr Gesicht? Auf ihren Arm? Christian stand auf und drehte die Musik lauter.
    »Macht den Scheiß leiser!«, hörten wir.
    Er lehnte sich hinüber und drehte die Musik leiser. Ich versuchte mich auf das Gejaule der Sängerin in dem Lied zu konzentrieren; ich versuchte nur das Kreischen der Gitarre zu hören. Wir starrten beide auf die Karten in unseren Händen, als wir einen lauten Rums hörten. Wir sahen einander über unsere Karten hinweg an und er ließ langsam seine Hand sinken, mit offener Handfläche, sodass ich den Fächer von Pik und Karo, Herz und Kreuz auf dem Teppich sehen konnte.
    In seinen Augen lag ein unergründlicher Blick, vielleicht zum ersten Mal. Ich wusste immer, was ich tun sollte, wenn ich Christian ansah; er verlagerte sein Gewicht von einem Bein aufs andere und ich wusste, dass ich mich zurückziehen sollte; er zuckte mit den Lippen und ich wusste, dass ich lachen sollte. Aber dieser Blick war rätselhaft. Es war das einzige Anzeichen dafür, dass wir uns von jetzt an in verschiedenen Welten bewegen würden: er die Schläge einsteckend, ich weiterhin geschützt und beobachtend.
    Er stand auf und ging zur Tür. Ich beobachtete, wie er zögerte, bevor er den Türknauf drehte. Ich war nicht sicher, ob er auf mich wartete. Ich stand auf und ging mit ihm nach unten, jeder Schritt auf der Treppe ein kleines bisschen langsamer als der letzte. Und schließlich: rechter Fuß, Pause, linker Fuß, Pause.
    Als wir unten ankamen, machte er eine abwehrende Handbewegung hinter seinem Rücken und bedeutete mir stehen zu bleiben. Aber als er verschwand, rannte ich durch den Flur und spähte durch den Türbogen.
    Mein Vater hatte meine Mom am Blusenkragen gepackt und drückte sie gegen den Geschirrschrank, den Kopf an das Glas gepresst. Christian trat geradewegs zwischen sie und stieß Dads Hand zur Seite.
    »Du Mistkerl«, sagte Christian.
    »Christian, Liebling –«
    »So redest du nicht mit mir«, sagte Dad.
    »Von dir lasse ich mir gar nichts sagen«, sagte Christian und mir fiel auf, dass er unserem Vater nur bis zur Schulter reichte.
    Ich machte einen vorsichtigen Schritt durch den Türbogen, aber Christian straffte

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