Kein zurueck mehr
liegen, zerbrochen.
Ich bin schon halb die Treppe runter, als ich Mirriams Stimme höre.
»Jace?« Sie kommt die Treppen heruntergerannt. »Wo willst du hin?«
Ich zeige ihr den Ausdruck, als ich höre, wie sich oben eine andere Tür schließt. Unsere Tür. Christians Tür.
»Was ist das?«, fragt sie.
»Der einzige Ort, der mir noch einfällt.«
»Komm rein. Komm zu mir. Lass uns diese Sache klären.«
»Mirriam, ich bin fertig mit ihm. Ich bin fertig mit dieser Stadt und allem.«
»Bist du auch fertig mit mir?«
Ich seufze. »Nein.«
Ich schultere meinen Rucksack, sie nimmt den Müllsack und wir gehen zusammen in ihre Wohnung.
Ich stelle den Rucksack in ihrem Flur ab, aber ich mache die Tür nicht zu. »Ich sollte nicht hier sein. Er würde mich nicht hier haben wollen.«
»Das ist nicht seine Entscheidung.«
Sie nimmt meine Hand und zieht mich in ihre Wohnung. Es duftet nach Eiern und grüner Paprika. Ich möchte so tun, als wäre es irgendein normaler Tag, eine weitere Kochstunde. Vielleicht mexikanisch.
»Hat er dir alles erzählt?«
Ja, er hat ihr von Lauren erzählt. Ob da noch irgendwas ist? Ich erzähle ihr, dass ich meinen Vater geschlagen habe.
»Na ja, das ist ein bisschen was anderes, meinst du nicht? Setz dich doch erst mal hin«, sagt sie.
Als ich auf ihrer Couch sitze, mustert sie mich und sagt: »Du hast eine lange Fahrt hinter dir.«
Ich zucke die Achseln. »Und sie ist noch nicht zu Ende.«
»Jace, versuch doch zu verstehen. Er ist durcheinander.«
Ich stehe auf und nehme meinen Rucksack. Prima. Das ist genau das, was ich brauche: jemanden, der ihn verteidigt.
»Okay, tut mir leid. Es geht hier nicht um ihn. Bitte setz dich und sag mir, was ich für dich tun kann.«
»Du willst mir wirklich helfen? Ich brauche ein Dach über dem Kopf. Vielleicht kann ich in der Nähe der Uni ein Zimmer bekommen.«
»Du willst also in Albuquerque bleiben?«
»Ja. Ich will immer noch meinen Highschool-Abschluss machen, wenn ich es irgendwie packe. Vielleicht mache ich meinen GED -Test, damit ich studieren kann.«
Sie lächelt. »Du gibst wohl nie auf.«
Ach ja? Ich hab gerade meine Mutter zurückgelassen. Zum zweiten Mal.
Lektion Nr. 10 : Am Tag darauf tut es noch mehr weh.
»Jace«, sagt Mirriam. »Warum bleibst du nicht hier? Ich meine, so ein Obdachlosenheim … das ist nicht gerade ein schöner Ort für einen Jungen und du siehst nicht so aus, als ob du dem heute gewachsen bist.«
»Aber … Christian?«
»Du musst ihm nicht begegnen, das verspreche ich dir. Bleib wenigstens so lange, bis wir eine eigene Bleibe für dich gefunden haben.«
Ich sollte wahrscheinlich Nein sagen, aber ich habe es nicht nur satt, Christian zu sehen, sondern auch satt, ihn immer zu schonen. Ich will gerade Ja sagen, doch dann mustere ich sie noch mal skeptisch: »Warum solltest du mir überhaupt helfen? Jetzt, wo du doch von allem weißt.«
»Meine Antwort wird dir nicht gefallen.«
Ich verschränke die Arme vor der Brust.
»Okay«, sagt sie. »Weil du tatsächlich einen Knacks hast, aber kein hoffnungsloser Fall bist. Noch nicht. Und weil ich glaube, dass Christian es bereuen wird, wenn du aus seinem Leben verschwindest.« Ich öffne den Mund, um zu widersprechen, aber sie redet weiter. »Und weil ich glaube, dass du eine Chance verdient hast. Christian hat mir erzählt, dass du deine Mom losgelassen hast. Und das ist ein Schritt in die richtige Richtung.«
»Ist es? Für wen?«
»Für dich, Jace. Für dich.« Sie seufzt. »Ich denke, du solltest bleiben, dich erst mal wieder fangen und deine eigenen Entscheidungen treffen. Und ich bin in der Lage, dir zu helfen, also warum sollte ich es dann nicht tun?«
»Weil es dich zu viel kosten könnte«, sage ich mit einem Blick auf die Wand, die ihre Wohnung von der Christians trennt.
»Ich werde nichts verlieren.«
»Du hoffst , dass du nichts verlieren wirst«, sage ich.
»Wenn Christian deshalb Schluss machen würde, kann er mir gestohlen bleiben. Ich werde nichts verlieren.« Sie sagt das, ohne mit der Wimper zu zucken.
Wer hätte gedacht, dass ich mal zwischen den beiden stehen würde?
»Danke. Ich versuch auch, dich nicht zu behelligen.«
»In Ordnung. Ich gehe jetzt mal rüber, aber ich möchte, dass du hierbleibst. Kannst du mir versprechen, dass du hierbleibst?«
»Ja«, sage ich und stelle meinen Rucksack auf den Boden.
»In meinem Schlafzimmer steht ein Fernseher.«
Da lebe ich hier monatelang und die ganze Zeit steht nebenan ein
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